Entscheidungsstichwort (Thema)
Außerordentliche betriebsbedingte Kündigung
Leitsatz (amtlich)
- Zur Rechtsfähigkeit einer nds. Anstalt des öffentlichen Rechts und ihrem liquidationslosen Erlöschen wegen der Gesamtsrechtsnachfolge des Landes
- Zur außerordentlichen betriebsbedingte Beendigungskündigung eines tariflich aus betrieblichen Gründen ordentlich und außerordentlich unkündbaren Angestellten
Normenkette
VNV Art. 29 Abs. 1, Art. 43 Abs. 2; IfE-Auflösungsgesetz §§ 1, 4; BGB § 46; BAT § 53 Abs. 3, § 55 Abs. 2; BGB § 626 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Braunschweig (Urteil vom 22.02.2002; Aktenzeichen 3 Ca 438/01) |
Nachgehend
Tenor
Unter Zurückweisung im übrigen wird auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 22.02.2002 – 3 Ca 438/01 – teilweise abgeändert und folgendermaßen neugefasst:
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Beklagten zu 1) durch deren außerordentliche Kündigungen vom 27.06.2001 und 26.09.2001 nicht aufgelöst worden ist.
Es wird festgestellt, dass zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 2) ab dem 01.01.2002 ein Arbeitsverhältnis zu den bisherigen Arbeitsbedingungen des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu 1) besteht.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 1/7 und der Beklagte zu 2) zu 6/7 zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über den Bestand des Arbeitsverhältnisses des Klägers.
Der am geborene, verheiratete Kläger war seit dem 01.11.1981 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut (IfE) als Leiter der Abteilung E. tätig (Tätigkeitsbeschreibung Bl. 262 d.A.). Er erhielt Vergütung nach Vergütungsgruppe I a BAT. Grundlage seines Arbeitsverhältnisses war der am 02.11.1981 mit der Beklagten zu 1) geschlossene Arbeitsvertrag, der den BundesangestelltenTarifvertrag (BAT) und die ihn ergänzenden und ändernden Tarifverträge in Bezug nahm (Bl. 13 d.A.).
Das Institut war ursprünglich im Jahr 1926 an der Technischen Universität H. mit Unterstützung der Privatindustrie gegründet worden. Der auf Grund Führererlasses vom 09.04.1942 als Anstalt des öffentlichen Rechts errichtete Reichsforschungsrat (RGBl. I, Seite 389) verfügte am 19.02.1943 durch seinen Vorsitzenden die Errichtung als Reichsforschungsinstitut für Erdölforschung (Anlage B 1 zum Schriftsatz vom 27.09.2001). Nach dem Untergang des Deutschen Reiches wurde das IfE von dem neugegründeten Land Niedersachsen, dem Beklagten zu 2), verwaltet. Im Mai 1951 wurde es im Rahmen des im März 1949 geschlossenen Königssteiner Staatsabkommens in die Gesamtländerfinanzierung übernommen.
Am 02.08.1956 beschloss das Niedersächsische Landesministerium, also das Landeskabinett, dem IfE die Rechte einer rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts zu verleihen und gab ihm eine Satzung (NdsMinBl. 1956, 688). Die vorliegend zu 1) verklagte Anstalt trat seitdem im Rechtsverkehr als eigene Rechtspersönlichkeit auf, ernannte Beamte, schloss mit ihren Arbeitnehmern im eigenen Namen Arbeitsverträge und erwarb in C. Grundeigentum, wohin sie im Jahr 1983 ihren Sitz verlegte. Nach der Satzung in der Fassung der Bekanntmachung vom 11.03.1994 (NdsMinBl. 1994, 428) hatte sie als Organe das Kuratorium und den Direktor, wobei dem Kuratorium unter anderem die Einstellung und Entlassung der Angestellten der Vergütungsgruppe I a BAT und höher auf Vorschlag des Direktors (§ 5 lit. d IfE-Satzung) und dem Direktor unter anderem die Einstellung und Entlassung der Angestellten der Vergütungsgruppe I b BAT und niedriger (§ 6 Abs. 2 lit. c IfE-Satzung) sowie die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung (§ 6 Abs. 2 lit. d IfE-Satzung) oblagen.
Im Jahr 1977 wurde das IfE in die „Blaue Liste” der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (Rahmenvereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern über die gemeinsame Förderung der Forschung nach Art. 91 b GG, RV-Fo) aufgenommen. Zuwendungsgeber waren seitdem der Bund und die Länder je zur Hälfte, wobei das Land Niedersachsen auf Grund der Sitzlandquote ca. 39 % des Zuschussbedarfs trug. Am 14.07.1997 beschloss die Bund-Länder-Kommission gemäß § 7 Abs. 1 der Ausführungsvereinbarung zur RV-Fo (AV-FE) das Ausscheiden des IfE aus der gemeinsamen Förderung zum 31.12.1998. Unter dem 10.07.1998 teilte das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur (NMWK) der Bund-Länder-Kommission mit, dass seitens der Landesregierung entschieden worden sei, das IfE vollständig aufzulösen, da eine Fortführung mit zu hohen Restrisiken für den Landeshaushalt verbunden wäre. Am 02.09.1998 beschloss die Bund-Länder-Kommission auf Grund § 7 Abs. 4 AV-FE einen Abwicklungsplan für das IfE (Finanzmittel für die Jahre 1999 bis 2001 und Restabwicklungsfinanzierung).
Am 18.05.2001 beschloss der Niedersächsische Landtag das Gesetz über die Auflösung des Instituts (IfE-Auflösungsgesetz, NdsGVBl., Seite 300), nach dem das IfE mit Ablauf des 31.12.2...