Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsfähigkeit. Erloschene Anstalt des öffentlichen Rechts. Betriebsbedingte Kündigung
Leitsatz (redaktionell)
1. Fehlerhaft errichtete Anstalten, die als rechtsfähig im Rechtsverkehr tatsächlich aufgetreten sind, müssen ebenso wie fehlerhaft errichtete Gesellschaften des privaten Rechts im Rechtsverkehr als rechtsfähig behandelt werden.
2. Eine betriebsbedingte Kündigung eines ordentlich unkündbaren Arbeitnehmers im öffentlichen Dienst ist nur dann zulässig, wenn ansonsten ein sinnloses Arbeitsverhältnis gegebenenfalls bis zur Pensionierung des Arbeitnehmers allein durch Vergütungszahlungen aufrechterhalten würde.
Normenkette
ZPO § 50; BAT § 55; BGB § 626
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Unter Zurückweisung im übrigen wird auf die Berufung der Klägerin das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 12.03.2002 – 3 Ca 451/01 – teilweise abgeändert und folgendermaßen neugefasst:
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit der Beklagten zu 1) durch deren Kündigungen vom 28.06.2001 und 13.11.2001 nicht beendet worden ist.
Es wird festgestellt, dass zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 2) ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis besteht.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin zu 1/4 und der Beklagte zu 2) zu 3/4 zu tragen. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 1/7 und der Beklagte zu 2) zu 6/7 zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über den Bestand des Arbeitsverhältnisses der Klägerin.
Die Klägerin, geboren am …, verheiratet, auf Grund Beschlusses vom 03.07.2001 seit dem 15.02.2001 einer Schwerbehinderten gleichgestellt, war seit dem 01.10.1979 zunächst befristet, ab dem 01.10.1983 unbefristet als Chemielaborantin am (IfE) tätig. Sie erhielt zuletzt Vergütung nach Vergütungsgruppe V b BAT. Grundlage ihres unbefristeten Arbeitsverhältnisses war der am 04.10.1983 mit der Beklagten zu 1) geschlossene Arbeitsvertrag, in der Folgezeit in einzelnen Punkten geändert, der den Bundesangestellten-Tarifvertrag (BAT) und die ihn ergänzenden und ändernden Tarifverträge in Bezug nahm (Bl. 12 d.A.).
Das Institut war ursprünglich im Jahr 1926 an der Technischen Universität H. mit Unterstützung der Privatindustrie gegründet worden. Der auf Grund Führererlasses vom 09.04.1942 als Anstalt des öffentlichen Rechts errichtete Reichsforschungsrat (RGBl. I, Seite 389) verfügte am 19.02.1943 durch seinen Vorsitzenden die Errichtung als Reichsforschungsinstitut für Erdölforschung (Anlage B 1 zum Schriftsatz vom 27.09.2001). Nach dem Untergang des Deutschen Reiches wurde das IfE von dem neugegründeten Land Niedersachsen, dem Beklagten zu 2), verwaltet. Im Mai 1951 wurde es im Rahmen des im März 1949 geschlossenen Königssteiner Staatsabkommens in die Gesamtländerfinanzierung übernommen.
Am 02.08.1956 beschloss das Niedersächsische Landesministerium, also das Landeskabinett, dem IfE die Rechte einer rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts zu verleihen und gab ihm eine Satzung (NdsMinBl. 1956, 688, geänderte Satzung NdsMinBl. 1994, 428). Die vorliegend zu 1) verklagte Anstalt trat seitdem im Rechtsverkehr als eigene Rechtspersönlichkeit auf, ernannte Beamte, schloss mit ihren Arbeitnehmern im eigenen Namen Arbeitsverträge und erwarb in C. Grundeigentum, wohin sie im Jahr 1983 ihren Sitz verlegte.
Im Jahr 1977 wurde das IfE in die „Blaue Liste” der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (Rahmenvereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern über die gemeinsame Förderung der Forschung nach Art. 91 b GG, RV-Fo) aufgenommen. Zuwendungsgeber waren seitdem der Bund und die Länder je zur Hälfte, wobei das Land Niedersachsen auf Grund der Sitzlandquote ca. 39 % des Zuschussbedarfs trug. Am 14.07.1997 beschloss die Bund-Länder-Kommission gemäß § 7 Abs. 1 der Ausführungsvereinbarung zur RV-Fo (AV-FE) das Ausscheiden des IfE aus der gemeinsamen Förderung zum 31.12.1998. Unter dem 10.07.1998 teilte das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur (NMWK) der Bund-Länder-Kommission mit, dass seitens der Landesregierung entschieden worden sei, das IfE vollständig aufzulösen, da eine Fortführung mit zu hohen Restrisiken für den Landeshaushalt verbunden wäre. Am 02.09.1998 beschloss die Bund-Länder-Kommission auf Grund § 7 Abs. 4 AV-FE einen Abwicklungsplan für das IfE (Finanzmittel für die Jahre 1999 bis 2001 und Restabwicklungsfinanzierung).
Am 18.05.2001 beschloss der Niedersächsische Landtag das Gesetz über die Auflösung des (IfE-Auflösungsgesetz, NdsGVBl., Seite 300), nach dem das IfE mit Ablauf des 31.12.2001 aufgelöst wurde (§ 1). § 2 Abs. 1 IfE-Auflösungsgesetz bestimmte, dass die bis zum Zeitpunkt der Auflösung anfallenden Aufgaben der Abwicklung vom IfE wahrzunehmen waren und die nach diesem Zeitpunkt noch verbleibenden Aufgaben vom L...