Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütungshöhe bei außertariflich geführten Angestellten. Umrechnung der Arbeitszeiten als Vergleichsgröße für das Abstandsgebot der Vergütungshöhe bei AT-Angestellten
Leitsatz (amtlich)
Für die Einhaltung des Abstandgebotes von einer außertariflichen Vergütung zur tariflichen Vergütung ist eine Umrechnung der beiden Vergleichsgrößen zugrundeliegenden Arbeitszeiten vorzunehmen, wenn die tariflich vorgesehene Arbeitszeit von der mit AT-Angestellten vereinbarten Arbeitszeit abweicht.
Leitsatz (redaktionell)
Die Vergütungshöhe eines AT-Angestellten unterfällt nicht mehr dem persönlichen Geltungsbereich des einschlägigen Tarifvertrages. Außertarifliche Mitarbeiter sind regelmäßig Arbeitnehmer, deren Vergütung gerade nicht durch Tarifvertrag geregelt wird, weil ihre Tätigkeit höher zu bewerten ist als die Tätigkeit in der obersten Tarifgruppe. Sinn und Zweck eines AT-Vertrages besteht darin, das Arbeitsverhältnis auf eine vom Tarifvertrag losgelöste Grundlage zu stellen.
Normenkette
BGB § 611; MTV für die Beschäftigten in der M+E-Industrie Emsland v. 12.12.2005 § 1 Nr. 1.3 c Fassung: 2006-12-04; ETV für die Beschäftigten in der M+E-Industrie Emsland § 2 Nr. 2.3 Fassung: 2018-02-16
Verfahrensgang
ArbG Osnabrück (Entscheidung vom 24.01.2019; Aktenzeichen 5 Ca 172/18) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufungen des Klägers und der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 24.01.2019, 5 Ca 172/18, teilweise abgeändert und die Beklagte - unter Zurückweisung der Berufungen im Übrigen -
1. verurteilt, an den Kläger 6.064,- € brutto nebst Zinsen iHv 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB auf jeweils 1.226,- € seit dem 01.04., 01.05., 01.06.2018 und auf jeweils 1.193,- € seit dem 01.07. und 01.08.2018 zu zahlen.
2. an den Kläger ab dem 01.09.2018 ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von 7.706,- € zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 40 %, die Beklagte zu 60 % zu tragen.
Die Revision wird für die Beklagte zugelassen, im Übrigen nicht.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Einhaltung des Abstandsgebotes der außertariflichen Vergütung des Klägers zu der Vergütung der tariflichen Mitarbeiter.
Der Kläger ist seit dem 01.10.1989 bei der Beklagten als Diplomingenieur für IT-Angelegenheiten beschäftigt. Seit 01.04.1997 besteht das Arbeitsverhältnis als außertarifliches Arbeitsverhältnis. Auf den Arbeitsvertrag vom 17.04./24.04.1997 wird Bezug genommen (Bl. 6 u. 7 d. A.). Auf die Arbeitsverhältnisse der Tarifmitarbeiter finden die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie im Bereich B-Stadt/Emsland Anwendung.
Nach § 1 Ziff. 1.3 c des Manteltarifvertrages für die Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie im Bereich B-Stadt/Emsland vom 12.12.2005 in der Fassung vom 04.12.2006 (nachfolgend MTV) sind "Beschäftigte, die durch Einzelarbeitsvertrag aus dem Geltungsbereich des Tarifvertrages herausgenommen sind und deren durchschnittlichen monatlichen Bezüge das jeweils höchste in der Entgelttabelle ausgewiesene Tarifentgelt um mehr als 15 % übersteigen" AT-Mitarbeiter. § 1 Ziff. 1.3 c MTV hat seit 1987 denselben Wortlaut, allerdings zunächst mit 20% statt 15% Abstand der AT-Vergütung zur Tarifvergütung. Mit Einführung des Entgeltrahmenabkommens wurde der Abstand von 20 % auf 15 % bei ansonsten gleichlautenden Wortlaut von § 1 Ziff. 1.3. c MTV herabgesetzt.
Am 18.12.2003 hatte die Schiedsstelle gem. § 22 MTV folgenden Beschluss zu § 1 Ziff. 1.3 c MTV gefasst: "Die für das tarifliche Mindestabstandsgebot in § 1 Nr. 3 c MTV genannten "durchschnittlichen monatlichen Bezüge" ergeben sich aus der Summe aller im Jahr zu zahlenden nicht variablen Verdienstbestandteile, auf die der Angestellte einen unwiderruflichen vertraglichen Anspruch hat." (Bl. 33 d. A.).
§ 2 Ziff. 2.2 des MTV lautet:
"...
Soll für einzelne Beschäftigte die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit auf bis zu 40 Stunden verlängert werden, bedarf dies der Zustimmung des/der Beschäftigten. Lehnen Beschäftigte die Verlängerung ihrer individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ab, so darf ihnen daraus kein Nachteil entstehen. Bei der Vereinbarung einer solchen Arbeitszeit bis zu 40 Stunden erhöht sich die Bezahlung entsprechend der verlängerten Arbeitszeit.
..."
§ 2 Ziff. 2.3 des Entgelttarifvertrages (im Folgenden ETV) vom 16.02.2018 lautet:
"Dem Monatsgrundentgelt liegt die jeweils gültige tarifliche Arbeitszeit gem. § 2 Ziff. 2.1 MTV zu Grunde. Beschäftigte, deren individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von der tariflichen Arbeitszeit abweicht, erhalten ein Tarifentgelt, das nach folgender Formel ermittelt wird:
Monatsgrundentgelt x individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit
----------------------------------------------------------------------
tarifliche wöchentliche Arbeitszeit gem. § 2 Ziff. 2.1 MTV
..."
Das für den streitigen Zeitraum maßgebliche höchste Tarifentgelt EG 12 beträgt...