Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Geltung eines Haustarifvertrags nach Betriebsübergang. Voraussetzungen der Weitergeltung der im Haustarifvertrag geregelten Vergütung bei Neueinstellungen
Leitsatz (amtlich)
1) Unterlässt der Arbeitgeber die Eingruppierung eines einzustellenden Arbeitnehmers und entsteht dadurch ein betriebsverfassungswidriger Zustand nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, kann der Betriebsrat entsprechend § 101 BetrVG verlangen, dass der Arbeitgeber den betreffenden Arbeitnehmer nach Maßgabe der anzuwendenden Vergütungsordnung eingruppiert, die Zustimmung dazu beantragt und ein Verweigerungsfall das arbeitsgerichtliche Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG durchführt.
2) Ein betriebsverfassungswidriger Zustand setzt in einem solchen Fall eine im Betrieb anzuwendende Vergütungsordnung voraus. Die in einem Haustarifvertrag geregelte Vergütungsordnung entfaltet für Arbeitnehmer, die nach dem Übergang des Betriebes eingestellt werden, keine unmittelbare rechtliche Wirkung mehr, sofern der Tarifvertrag nicht arbeitsvertraglich in Bezug genommen wird (BAG 20.06.2001 – 4 AZR 295/00.
3) Entscheidet sich der Arbeitgeber dafür, zukünftig individuelle Vergütungsabreden zu treffen, ohne auf ein bestimmtes Entlohnungssystem zurückzugreifen, fällt die in dem Haustarifvertrag geregelte Vergütungsnordung.
Normenkette
BGB § 613a; BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10, § 99 Abs. 1, 4, § 101
Verfahrensgang
ArbG Hannover (Beschluss vom 19.06.2002; Aktenzeichen 8 BV 10/01) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hannover vom 19. 06. 2002 – 8 BV 10/01 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob die nach Übernahme des Betriebes durch die Antragsgegnerin eingestellten Arbeitnehmer nach Maßgabe eines bei der Rechtsvorgängerin geltenden Gehaltstarifvertrages einzugruppieren sind.
Bei dem Betrieb der Antragsgegnerin in L. handelte es sich ursprünglich um einen Betrieb der G. (im Folgenden: G.).
Die G. verständigte sich am 06.03.2000 mit der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen sowie mit der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft auf einen Gehaltstarifvertrag, der die Tätigkeits- und Anforderungsbeschreibungen für die einzelnen Tarifgruppen rückwirkend ab dem 01.01.2000 regelte. Die im Betrieb L. beschäftigten Arbeitnehmer der G. wurden ebenso wie die in den Betrieben H. und O. Beschäftigten entsprechend diesem Tarifvertrag in die einzelnen Tarifgruppen eingruppiert und entsprechend vergütet.
Zum 01.07.2001 pachtete die Antragsgegnerin die Betriebe in L., H. und O.. Nach übereinstimmender Auffassung der Beteiligten liegen die Voraussetzungen eines Betriebsübergangs nach § 613 a BGB vor.
Die Antragsgegnerin nahm Umgruppierungen von Arbeitnehmern, die bereits vor dem 30.06.2001 im Betrieb L. beschäftigt waren, auch nach dem 01.07.2001 in Anwendung des Gehaltstarifvertrages vom 06.03.2000 vor. Die Eingruppierung von nach dem 01.07.2001 eingestellten Arbeitnehmern lehnte sie hingegen mit der Begründung ab, die Gehälter seien jeweils individuell vereinbart.
So unterrichtete die Antragsgegnerin den Antragsteller mit Schreiben vom 06.06.2001 über die beabsichtigte Einstellung des Arbeitnehmers K. als Software-Entwickler mit Wirkung zum 16.07.2001 zu einem monatlichen Gehalt von 5.800,00 DM brutto und bat insoweit um Zustimmung zur Einstellung. Mit Schreiben vom 13.06.2001 stimmte der Antragsteller der Einstellung von Herrn K. zu, verweigerte gleichzeitig aber die Zustimmung zur Eingruppierung, da diese nicht nach dem Gehaltstarifvertrag erfolge.
Mit Schreiben vom 20.06.2001 unterrichtete die Antragsgegnerin den Antragsteller über die beabsichtigte Einstellung der Arbeitnehmerin Bö. für die Personalabteilung mit Wirkung zum 01.09.2001, befristet bis zum 31.08.2002, zu einem monatlichen Gehalt von 6.270,00 DM brutto. Mit Schreiben vom 06.07. 2001 stimmte der Antragsteller der beantragten Einstellung von Frau Bö. zu und verweigerte gleichzeitig die Zustimmung zur Eingruppierung aus den vorgenannten Gründen.
Ebenso informierte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 06.07.2001 über die beabsichtigte Einstellung der Software-Entwickler B. zum 01.02.2002 zu einem Gehalt von 6.500,00 DM brutto, R. zum 01.09.2001 zu einem Gehalt von 6.150,00 DM brutto sowie erneut K. zum 01.10.2001 zu einem Gehalt von 5.800,00 DM brutto. Mit Schreiben vom 12.07.2001 stimmte der Antragsteller den beantragten Einstellungen dieser drei Arbeitnehmer zu und verweigerte wiederum die Zustimmung zur Eingruppierung aus den gleichen Gründen.
Zugleich forderte der Antragsteller die Antragsgegenerin mit Schreiben vom selben Tag auf, bis zum 02.08.2001 das Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG beim Arbeitsgericht einzuleiten. Für den Fall des ergebnislosen Fristablaufs kündigte der Antragsteller an, beim Arbeitsgericht einen Antrag nach § 101 BetrVG einzureichen. Mit Schreiben vom 17.07.2001 lehnte die Antragsgegnerin einen Antrag auf Einlei...