Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütungsabrede im Chefarztvertrag. Vertragsauslegung bei Verweisung auf BAT
Leitsatz (amtlich)
1. Bestimmt der Arbeitsvertrag eines Chefarztes, dass das arbeitsvertraglich vereinbarte Entgelt entsprechend der Gehaltsentwicklung nach Vergütungsgruppe I BAT angepasst wird, ist mit Außerkrafttreten des BAT zum 30.09.2005 eine Vertragslücke entstanden.
2. Die Vertragslücke ist zu schließen im Zeitpunkt ihrer Entstehung, an die Stelle der Vergütungsgruppe I BAT tritt die Entgeltgruppe 15 TVöD/VKA. Bestimmungen des erst im August 2006 abgeschlossenen TV-Ärzte/VKA können zur Vertragsergänzung nich mehr herangezogen werden.
Normenkette
BGB §§ 133, 157
Verfahrensgang
ArbG Hannover (Urteil vom 18.06.2008; Aktenzeichen 8 Ca 141/08) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 18.06.2008, 8 Ca 141/08, wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 63.889,20 EUR festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass er gemäß § 8 Abs. 1 des Dienstvertrages Anspruch hat auf Vergütung nach der jeweiligen Entgeltgruppe IV des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TV-Ärzte/VKA) zuzüglich eines Aufschlags von 15 %. Der Zahlungsanspruch über 19.521,70 EUR beinhaltet für die Monate August 2006 bis Juni 2007 Vergütung nach Entgeltgruppe IV TV-Ärzte/VKA zuzüglich des Aufschlags von 15 % abzüglich der von der Beklagten nach § 8 Abs. 1 des Dienstvertrages gezahlten Vergütung. Im Berufungsverfahren hat der Kläger für den Zeitraum August 2006 bis Juni 2007 zusätzlich einen Hilfsantrag gestellt und den Zahlungsbetrag von 16.070,78 EUR berechnet aus der Entgeltsteigerung Vergütungsgruppe I a BAT zu Entgeltgruppe IV TV-Ärzte/VKA.
Der Kläger ist der Auffassung, dass er Anspruch auf Vergütung nach der höchsten Entgeltgruppe TV-Ärzte/VKA zuzüglich eines Aufschlags von 15 % habe. Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass das Entgelt einzelvertraglich geregelt sei und nicht auf tariflicher Eingruppierung beruhe.
Gemäß Dienstvertrag vom 31.12.1994 (Bl. 11 bis 18 d.A.) ist der Kläger seit dem 00.00.1995 als Chefarzt der U. Klinik im Krankenhaus der Beklagten beschäftigt. Nach § 1 Abs. 2 des Dienstvertrages findet der BAT in der jeweils gültigen Fassung auf das Arbeitsverhältnis Anwendung mit Ausnahme einer Vielzahl von in § 1 Abs. 3 des Dienstvertrages aufgeführten Regelungen. Keine Anwendung finden u.a. die Eingruppierungsregelungen der §§ 22 bis 25 BAT.
Zum Arbeitsentgelt regelt § 8 Abs. 1 des Dienstvertrages:
§ 8
Bezüge im dienstlichen Aufgabenbereich und Einräumung des Liquidationsrechts
(1) Der Chefarzt erhält für seine Tätigkeit im dienstlichen Aufgabenbereich (§§ 3 und 4) zugleich als Abgeltung evtl. Mehrarbeit – auch von Samstags-, Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit jeder Art sowie von Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft – folgende monatliche Vergütung:
Grundvergütung |
8.239,12 DM |
Ortszuschlag |
1.013,82 DM |
Zusammen |
9.252,94 DM. |
Dieser Betrag verringert sich um die gesetzlichen Abzüge.
Die Grundvergütung ändert sich im gleichen prozentualen Verhältnis und vom gleichen Zeitpunkt an wie die Endgrundvergütung der Vergütungsgruppe I BAT für den kommunalen Bereich.
Nach § 8 Abs. 5 des Dienstvertrages hat der Kläger ein Liquidationsrecht bei Arztwahlleistungen. § 19 des Dienstvertrages gestattet Privatsprechstunden im Krankenhaus als Nebentätigkeit.
Bei den in § 8 Abs. 1 des Dienstvertrages aufgeführten Beträgen handelt es sich um die tarifliche Grundvergütung nach Vergütungsgruppe I, Stand 31.12.1994. Der Ortszuschlag entspricht dem tariflichen Anspruch nach Stufe 1,5. Die Beklagte hat während der Geltung des BAT Grundvergütung und Ortszuschlag entsprechend den tariflichen Entgelterhöhungen gewährt und auch familiäre Veränderungen im Ortszuschlag umgesetzt – zuletzt Stufe 2 statt ursprünglich 1,5. Der Kläger ist im Ergebnis bezahlt worden wie ein verheirateter Angestellter nach Vergütungsgruppe I BAT.
Die Beklagte vereinbart derzeit bei Einstellung von Ärzten die Anwendung des TV-Ärzte/ VKA.
Der Kläger hat vorgetragen, durch Wegfall des BAT sei in seinem Arbeitsvertrag eine Regelungslücke entstanden. Maßgebender Nachfolgetarifvertrag sei der TV-Ärzte/VKA. Aus § 8 Abs. 1 Satz 2 des Dienstvertrages folge, dass die Vertragsparteien nicht eine statische, sondern eine dynamisierte Entgeltregelung vereinbart hätten. Dem sei Rechnung zu tragen, sodass anstelle der Vergütungsgruppe I BAT die höchste Entgeltstufe nach TV-Ärzte/VKA getreten sei. Nach den Eingruppierungsregelungen des BAT seien Oberärzte nach Vergütungsgruppe I a eingruppiert gewesen. Die Vereinbarung der Vergütungsgruppe I BAT in § 8 Abs. 1 des Dienstvertrages beinhalte im Vergleich zum Gehalt der unterstellten Oberärzte eine um 15 % höhere Vergütung. Diese Vergütungs...