Entscheidungsstichwort (Thema)
Festsetzung des Werts für die Gerichtsgebühr ohne Festsetzung eines Vergleichsmehrwerts
Leitsatz (redaktionell)
Der Umstand, dass durch jede Aufnahme bestimmter Rechte und Pflichten in den Vergleich für die Parteien eine diesbezügliche Gewissheit geschaffen wird, rechtfertigt nicht den Schluss, dies genüge für die Beseitigung einer Ungewissheit im Sinne der Ziffer I Nr. 25.1, 25.1.3 des Streitwertkatalogs. Für eine Werterhöhung ist vielmehr eine auf konkreten Tatsachen beruhende Ungewissheit einer Partei erforderlich - hier des Arbeitnehmers über den Inhalt der zu erteilenden qualifizierten Arbeitszeugnisse. Daran fehlt es indes, wenn keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorgelegen haben, dass der Arbeitnehmer hätte befürchten müssen, ein nur durchschnittliches Arbeitszeugnis ohne die üblichen Schlussformulierungen zu erhalten.
Normenkette
GKG § 63 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Würzburg (Entscheidung vom 27.02.2024; Aktenzeichen 2 Ca 1178/23) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägervertreters gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Würzburg - Kammer Aschaffenburg - vom 27.02.2024, Az. 2 Ca 1178/23, wird zurückgewiesen.
Gründe
A.
Die Parteien stritten über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf Grund einer Kündigung vom 11.12.2023 und den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über den 31.03.2024 hinaus (Klageanträge zu 1 und 2). Das monatliche Einkommen der Klägerin betrug zuletzt 1.714,00 Euro. Das Verfahren endete durch am 12.02.2024 gerichtlich festgestellten Vergleich. Darin einigten sich die Parteien u.a. auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.03.2024, auf die Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses mit guter Leistungs- und Führungsbeurteilung und einer Schlussformel (Dank, Bedauern, gute Wünsche) zum Beendigungszeitpunkt sowie auf die Erteilung eines Zwischenzeugnisses, sollte die Klägerin ein solches wünschen.
Mit Beschluss vom 27.02.2024 setzte das Arbeitsgericht den Streitwert für das Verfahren und den Vergleich auf 5.142,00 Euro für den Klageantrag zu 1 (Kündigungsschutzantrag) fest. Der Beschluss vom 27.02.2024 wurde dem Klägervertreter am 27.02.2024 über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) zugestellt.
Mit seiner am 07.03.2024 bei Gericht eingegangenen Beschwerde macht der Klägervertreter geltend, für die Einigung über die Erteilung des Zeugnisses in Ziffer 6 des Vergleichs vom 12.02.2024 sei ein Mehrwert iHv. 1.714,00 Euro, d.h. ein Wert in Höhe eines Bruttomonatsgehalts, festzusetzen. Das Arbeitszeugnis wirke sich streitwerterhöhend aus, sodass dies im Vergleichswert mit einem Bruttomonatsgehalt anzusetzen sei. Der Streitwert für den Vergleich belaufe sich daher auf 6.856,00 Euro, berechnet aus dem vierfachen Bruttomonatsgehalt von 1.714,00 Euro.
Das Arbeitsgericht half nach ausführlichem Hinweis der Beschwerde mit ausführlich begründetem Beschluss vom 26.03.2024 nicht ab und legte das Verfahren dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vor. Es seien keinerlei Tatsachen ersichtlich, die die Ungewissheit der Durchsetzung der Verpflichtung zur Erteilung eines Zwischenzeugnisses und eines Endzeugnisses begründeten und die Festsetzung eines Vergleichsmehrwerts rechtfertigen würden.
Das Landesarbeitsgericht gab den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme bis 29.04.2024. Der Klägervertreter wies in seiner Stellungnahme vom 16.04.2024 darauf hin, dass im Vergleich auch Angaben zum Inhalt des Zeugnisses vereinbart wurden mit einer Gesamtbewertung gut.
B.
I. Die Beschwerde ist statthaft, § 68 Abs. 1 GKG, denn sie richtet sich gegen einen Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühr gemäß § 63 Abs. 2 GKG festgesetzt worden ist. Dies gilt auch bei der Beendigung des Verfahrens durch Vergleich und auch für die Festsetzung eines Vergleichsmehrwerts (LAG Nürnberg 28.05.2020 - 2 Ta 76/20 juris; 24.02.2016 - 4 Ta 16/16 juris mwN). Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 200,- €. Die Beschwerde ist innerhalb der in § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG bestimmten Frist eingelegt worden, § 68 Abs. 1 Satz 3 GKG. Der Klägerinvertreter kann aus eigenem Recht Beschwerde einlegen, § 32 Abs. 2 RVG.
II. Die Beschwerde ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat ausführlich und völlig zutreffend begründet, dass im vorliegenden Fall ein Vergleichsmehrwert für die Vereinbarung über die Erteilung eines Zeugnisses mit der Gesamtbewertung "gut" nicht festzusetzen ist. Das Landesarbeitsgericht schließt sich den Ausführungen in den Gründen des Nichtabhilfebeschlusses ausdrücklich an. Auch das Beschwerdevorbringen führt nicht zu einer anderen Entscheidung.
1. Die seit 01.01.2020 für Streitwertbeschwerden allein zuständige Kammer 2 des Landesarbeitsgerichts Nürnberg folgt grundsätzlich den Vorschlägen der auf Ebene der Landesarbeitsgerichte eingerichteten Streitwertkommission. Diese sind im jeweils aktuellen Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsbarkeit niedergelegt (derzeitige Fassung vom 01.02.2024, NZA 2024, 308). Der Streitwertkatalog entfaltet zwar keine Bindungswirkung. Er stellt abe...