Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitverkündung. Zwischenstreit
Leitsatz (amtlich)
1. Verkündet eine Prozesspartei einem Dritten den Streit, so kann die gegnerische Prozesspartei die Zulassung oder Wirksamkeit dieser Verkündung dann nicht nach § 71 ZPO mit Hilfe eines Zwischenurteils überprüfen lassen, wenn und solange der Streitverkündete dem Prozess nicht beitritt.
2. Tritt der Streitverkündete dem Prozess auf Seiten des Streitverkünders bei, dann ist dieser Beitritt im Ausgangsprozess nach § 71 ZPO nur dann auf Antrag für unzulässig zu erklären, wenn auch aus subjektiver Sicht des Streitverkündenden keine berechtigte Annahme dafür bestehen kann, dass ein Rückgriff beim Streitverkündeten möglich ist; es genügt für die Zulassung der Streitverkündung, dass die behauptete Rückgriffsmöglichkeit nicht von vornherein mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann.
Normenkette
ZPO §§ 71, 74
Verfahrensgang
ArbG Würzburg (Zwischenurteil vom 16.09.2008; Aktenzeichen 10 Ca 1843/07 A) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten hin wird das Zwischenurteil des Arbeitsgerichts Würzburg, Kammer Aschaffenburg, vom 16.09.2008, Az. 10 Ca 1843/07 A, abgeändert.
2. Der Streitbeitritt des Streitverkündeten zu 1.) wird zugelassen.
3. Die Anträge der Klägerin auf Zurückweisung der Streitverkündung gegenüber den Streitverkündeten zu 1.) und 2.) werden als unzulässig zurückgewiesen.
4. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens über die Zulässigkeit von Streitverkündung und Streitbeitritt zu tragen.
5. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
6. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.594,– EUR festgesetzt.
Gründe
Die zulässige, insbesondere fristgerecht beim Arbeitsgericht eingereichte sofortige Beschwerde ist auch begründet. Der Streitbeitritt des Streitverkündeten zu 1.) ist zulässig und zuzulassen, so dass dieser am Verfahren zu beteiligen ist.
1. Abzuändern ist die Entscheidung des Arbeitsgerichts insoweit, als es die Streitverkündung gegenüber den Streitverkündeten zu 1.) und 2.) zurückgewiesen hat. Für eine solche Zurückweisung ist vorliegend kein Raum. § 71 ZPO sieht die gesetzliche Möglichkeit vor, in einem Zwischenstreit schon im Ausgangsprozess zu klären, ob ein Dritter sich an diesem Ausgangsprozess beteiligen kann. Diese Beteiligung kann durch die Unterstützung einer der Prozessparteien Auswirkungen auf den Verlauf und das Ergebnis des Prozesses haben und Kosten verursachen. Dies rechtfertigt es, bei entsprechendem Antrag die Zulässigkeit des Beitritts von vornherein gerichtlich klären zu lassen.
Die Sach- und Rechtslage ist jedoch anders zu beurteilen, wenn es lediglich um die Zulassung der Streitverkündung als solches geht. Eine solche Streitverkündung alleine hat auf den – weiter nur zwischen den Hauptparteien des Prozesses geführten – Ausgangsprozess keinerlei Auswirkungen. Sie hat, wenn die Streitverkündung berechtigt war, allenfalls Auswirkungen auf einen möglichen zwischen der Hauptpartei, die den Streit verkündet hat, und dem Streitverkündeten geführten eventuellen Folgeprozess; in einem solchen Folgeprozess können dann bestimmte Feststellungen des Hauptprozesses nicht mehr in Frage gestellt werden (§§ 74 Abs. 3, 68 ZPO). Das Institut der Streitverkündung hat also, wenn und soweit der Streitverkündete nicht beitritt, allenfalls für diesen selbst nachteilige Wirkungen. Für diejenige Partei, die keine Streitverkündung ausgesprochen hat, entstehen alleine aus der Streitverkündung keinerlei Folgewirkungen – unabhängig davon, ob die Streitverkündung zulässig war oder nicht (allg. Auffassung, umfangreiche Nachweise vgl. z.B. bei Vollkommer in Zöller, ZPO, 27. Aufl. 2009, § 74 Rn. 7; Schultes in MK-ZPO, 3. Aufl. 2008, § 74 Rn. 7 f.).
Legt man diese Überlegungen zugrunde, wird deutlich, dass der Klägerin das Rechtsschutzinteresse an einer Entscheidung über die Zulassung der Streitverkündung – anders als für die Frage der Zulässigkeit des Beitritts – fehlt (im Ergebnis ebenso Weth in Musielak, ZPO, 6. Aufl. 2008, § 74 Rn. 2). Ob der Beklagte sich auf eventuelle Feststellungen des Arbeitsgerichts, die dieses im vorliegenden Prozess möglicherweise noch zu treffen hat, in einem eventuellen Rückgriffsprozess gegen die Streitverkündeten zu 1.) und 2.) berufen kann oder nicht, ist für die Durchsetzung der Ansprüche der Klägerin, die allein gegen den Beklagten gerichtet sind, in jeder Hinsicht unerheblich. Zudem genügt es, wenn diese Frage im Folgeprozess dann geprüft wird, wenn es um die Feststellungswirkungen solcher Tatsachen im Verhältnis zwischen derjenigen Partei, die den Streit verkündet hat, und dem im Folgeprozess verklagten Streitverkündeten geht (allgemeine Auffassung, vgl. zuletzt BGH vom 06.12.2007, IX ZR 143/06; so schon OLG Frankfurt vom 13.02.1969, 1 W 37/68; OLG Köln vom 03.06.2002, 11 W 20/02; anders möglicherweise OLG Naumburg vom 15.06.2005, 12 W 35/05, allerdings im Ergebnis mit Zulassung der Streitverkündung aus anderen Gründen). Ob ausnahmsweise ein Rechtsschutzbedürfnis für die Prüfung der Zuläs...