Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Arbeitsgerichten für die Klage eines GmbH-Geschäftsführers wegen der fristlosen Kündigung des Anstellungsverhältnisses. Begriff des Arbeitnehmers im Sinne von ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a)
Leitsatz (redaktionell)
Der Geschäftsführer einer GmbH ist als Arbeitnehmer im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 3 a) ArbGG anzusehen, wenn ihm Weisungen hinsichtlich der Gestaltung seiner Arbeitszeit und seiner Anwesenheit am Arbeitsplatz und auch hinsichtlich seines sonstigen Aufgabenbereiches erteilt werden und er somit in die Arbeitsorganisation des Arbeitgebers eingegliedert ist.
Normenkette
ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a), § 5 Abs. 1 S. 3; HGB § 84 Abs. 1 S. 2; GmbHG §§ 35, 37; GewO § 106
Verfahrensgang
ArbG Nürnberg (Entscheidung vom 15.01.2016; Aktenzeichen 6 Ca 5250/15) |
Tenor
1. Der Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 15.01.2016 wird abgeändert.
2. Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten ist eröffnet.
Gründe
I.
Die Parteien streiten vorliegend um die Frage, ob der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten eröffnet ist.
Zwischen den Parteien wurde am 13.05.2015 ein Geschäftsführeranstellungsvertrag geschlossen. Der Vertrag lautet auszugsweise:
§ 1 Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis
(1) Der Geschäftsführer ist berechtigt und verpflichtet, die Gesellschaft nach Maßgabe der Gesetze, des Gesellschaftsvertrags und einer etwaigen Geschäftsführungsordnung allein zu vertreten und die Geschäfte der Gesellschaft allein zu führen. Weisungen der Gesellschafterversammlung sind zu befolgen, soweit Vereinbarungen diesem Vertrag nicht entgegenstehen. Die Gesellschaft kann weitere Geschäftsführer bestellen und die Aufgabenbereiche aller Geschäftsführer aufteilen und neu verteilen.
...
§ 2 des Vertrags regelt einzelne Aufgaben, § 3 die zustimmungspflichtigen Geschäfte.
Insoweit wird auf den in Kopie vorgelegten Geschäftsführeranstellungsvertrag Bezug genommen (Bl. 45 ff d.A.).
§ 4 Dienstleistung lautet:
(1) Der Geschäftsführer hat seine volle Schaffenskraft sowie sein ganzes Wissen und Können in die Dienste der Gesellschaft zu stellen. Er ist nicht an die Einhaltung bestimmter Zeiten zur Erbringung seiner Tätigkeit gebunden, hat aber mindestens zu den betrieblichen Arbeitszeiten tätig und im Betrieb anwesend zu sein, soweit er nicht Dienstreisen oder ähnliches unternimmt.
...
Innerhalb des Zeitraums 10.06.2015 bis 02.09.2015 richtete Frau Da... D... verschiedene e-mails an den Kläger. Wegen des Inhalts wird auf die vorgelegten Kopien Bezug genommen (10.06.2015, Bl. 185 d.A.; 18.06.2015, Bl. 188 d.A.; 23.06.2015, Bl. 190 d.A.; 11.08.2015, Bl. 201 d.A.; 13.08.2015, Bl. 202 d.A.; 20.08.2015, Bl. 197 d.A.; 02.09.2015, Bl. 198 d.A.).
Der Kläger erhielt darüber hinaus von Herrn W... D... verschiedene e-mails. Insoweit wird auf die vorgelegten Kopien der e-mails vom 23.05.2015 (Bl. 217 d.A.), 25.05.2015 (Bl. 209 d.A.), 30.05.2015 (Bl. 216 d.A.), 16.07.2015 (Bl. 207 d.A.), 23.07.2015 (Bl. 206 d.A.), 28.08.2015 (Bl. 205 d.A.) und 03.09.2015 (Bl. 218 d.A.) Bezug genommen.
Die Beklagte kündigte den Geschäftsführervertrag mit Schreiben vom 10.09.2015 außerordentlich fristlos.
Mit Gesellschafterbeschluss vom 15.09.2015 berief die Beklagte den Kläger als Geschäftsführer ab. Am selben Tag kündigte die Beklagte erneut außerordentlich und fristlos.
Mit Schreiben vom 18.09.2015 an die Prozessvertreter des Klägers teilte die Beklagte die Kündigungsgründe mit. Wegen des Inhalts des Schreibens wird auf die vorgelegte Kopie Bezug genommen (Bl. 59 ff d.A.).
Der Kläger erhob am 01.10.2015 die vorliegende Klage zum Arbeitsgericht Nürnberg.
Mit Beschluss vom 15.01.2016 erklärte das Arbeitsgericht den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen als nicht gegeben und verwies den Rechtsstreit an das Landgericht Nürnberg - Fürth.
Der Beschluss wurde dem Kläger am 22.01.2016 zugestellt.
Der Kläger legte gegen den Beschluss am 04.02.2016 sofortige Beschwerde ein.
Der Kläger macht geltend, sei Arbeitnehmer. Er habe einem umfassenden Direktionsrecht der Gesellschafter der Beklagten im Hinblick auf Zeit, Inhalt und Ort unterlegen. Er habe sich am Betriebssitz aufhalten und dort seine Tätigkeit erbringen müssen. Während der regulären Dienstzeit habe er beispielsweise nicht vom home-office aus arbeiten können. Er habe von ca. 9:00 Uhr bis 17:00 Uhr am Betriebssitz tätig sein müssen und sei tätig gewesen.
Dass er den Weisungen der Beklagten habe Folge leisten müssen, ergebe sich auch aus dem Schreiben der Beklagten vom 18.09.2015, insbesondere aus den Ziffern 8, 20 und 22. Er habe an den zahlreichen von der Beklagten angeordneten Besprechungen teilnehmen müssen.
Der Kläger macht geltend, er sei zumindest arbeitnehmerähnlich gewesen.
Die Beklagte führt aus, die Regelung, wonach der Kläger den Weisungen der Gesellschafterversammlung folgen müsse, ergebe sich aus § 37 GmbHG. Auch die übrigen Bestimmungen des Geschäftsführervertrags seien üblich und sprächen keineswegs für eine Arbeitnehmereigenschaft.
II.
Die sofortige Beschwerde is...