Entscheidungsstichwort (Thema)
Einführung von Dienstkleidung im Einzelhandelsbetrieb. Initiativrecht des Betriebsrats. Kostentragungspflicht des Arbeitgebers. Anfechtung des Spruchs der Einigungsstelle. Sonstiges
Leitsatz (amtlich)
1. Der Betriebsrat hat auch in Fragen betrieblicher Ordnung im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG das Initiativrecht
2. Ein Spruch der auf Initiative des Gesamtbetriebsrats eingerichteten Einigungsstelle, der die Verpflichtung zum Tragen von Dienstkleidung festlegt, aber auch die Kostentragungspflicht des Arbeitgebers hierzu, ist zumindest dann nicht wegen Kompetenzüberschreitung der Einigungsstelle unwirksam, wenn der Arbeitgeber zuvor gegenüber den Mitarbeitern sein Interesse am Tragen einheitlicher Dienstkleidung zum Ausdruck gebracht hat.
3. In diesem Zusammenhang ist es auch nicht ermessensfehlerhaft, wenn diese verpflichtende Dienstkleidung dazu führt, dass der Arbeitgeber die Kosten hierfür tragen muss und im Anschaffungsjahr etwa 35 Euro, in den Folgejahren etwa 18 Euro Kosten pro Mitarbeiter anfallen.
Normenkette
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 1, § 76 Abs. 5 S. 4
Verfahrensgang
ArbG Weiden (Beschluss vom 10.10.2001; Aktenzeichen 5 BV 16/01 S) |
Tenor
I. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Weiden, Kammer Schwandorf, vom 10.10.2001 – Az. 5 BV 16/01 S – wird zurückgewiesen.
II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit eines Einigungsstellenspruches zur Einführung und Kostentragungspflicht von Berufskleidung.
Die Antragstellerin betreibt eine Kette von Discount-Märkten. Sie hat unter dem 01.10.1998 mit dem Gesamtbetriebsrat eine „Betriebsordnung” vereinbart, in deren Ziff. 3.1 folgendes ausgeführt ist:
„Einteilung, Beginn und Ende der regelmäßigen Arbeitszeit und der Pausen werden im Einvernehmen mit dem Betriebsrat im Rahmen der gesetzlichen und tariflichen Bestimmungen festgesetzt.
Die genaue Arbeitszeit ist in der jeweiligen Filiale angegeben. Es gilt überall rechtzeitiges Erscheinen, d. h. beispielsweise, bei Landenöffnung den Kunden bereits in Berufskleidung und mit betriebsbereiter Kasse zu empfangen. …”
In Ziff. 9.1 der Betriebsordnung ist festgehalten, dass für die Arbeitnehmer eine saubere, ordentliche Kleidung und eine gepflegte Erscheinung unbedingt Voraussetzung sei.
Die Antragstellerin stellt ihren Mitarbeitern seit einiger Zeit verbilligte weiße Kittel als Berufskleidung zur Verfügung. Dieses Angebot wird von einer Vielzahl von Mitarbeitern angenommen. In von der Antragstellerin im Juli/August und September 2000 herausgegebenen Betriebszeitungen teilte diese den Arbeitnehmern unter anderem folgendes mit:
„In den letzten Wochen wurde auf Anregung vieler Mitarbeiter die Palette der Berufskleidung erweitert. Hierbei haben wir uns natürlich zur Aufgabe gemacht, gegenüber den bis jetzt vorhandenen Arbeitskitteln die Qualität noch zu verbessern. … Die vorgestellten Artikel sind als Kaufangebot zu vergünstigten Preisen zu sehen. Ein Zwang zum Kauf dieser Artikel besteht nicht. Jedoch sollte die Möglichkeit genutzt werden, sich mit dem Unternehmen zu identifizieren und sich bei der Neuanschaffung aus der Modellpalette zu bedienen.”
Die Änderung der Produktpalette hatte, obwohl die Antragstellerin die weißen Kittel noch immer unter ihrem Einkaufspreis an die Mitarbeiter abgab, eine Verteuerung des von den Beschäftigten zu zahlenden Kaufpreises zur Folge.
In der Folge verlangte der Antragsgegner, der bei der Antragstellerin auf Unternehmensebene gebildete Gesamtbetriebsrat, den Abschluss einer Gesamtbetriebsvereinbarung über das Tragen und die Kosten der Berufskleidung von der Antragstellerin. Eine Einigung kam zwischen den Beteiligten nicht zustande. In einem vom Antragsgegner beim Arbeitsgericht durchgeführten Verfahren auf Bestellung eines Einigungsstellenvorsitzenden kam es am 21.02.2001 vor den Arbeitsgericht Weiden – Kammer Schwandorf – zu einem gerichtlichen Vergleich, in dem sich die Beteiligten auf die Bestellung des Richters am Arbeitsgericht H. zum Vorsitzenden einer entsprechenden Einigungsstelle einigten.
Die Einigungsstelle fasste am 29.05.2001 gegen die Stimmen der von der jetzigen Antragstellerin bestellten Beisitzer folgenden Spruch (Anlage zur Antragsschrift, Bl. 12 ff. d.A.):
„Gesamtbetriebsvereinbarung Berufskleidung
Präambel
Diese Gesamtbetriebsvereinbarung ergeht in Ausgestaltung der Gesamtbetriebsvereinbarung „Betriebsordnung” vom 1.10.1998 zum Thema Berufskleidung. Die Firma stellt ihren Mitarbeitern in den Filialen Berufskleidung zur Verfügung. Durch eine Berufskleidung der Mitarbeiter soll ein sauberes und einheitliches Erscheinungsbild gegenüber den Kunden abgegeben werden.
2. Vorgeschriebene Berufskleidung
2.1. Die Arbeitnehmer sind verpflichtet bei ihrer Tätigkeit als Berufskleidung einen weißen Kittel zu tragen.
2.2 An diesem Kittel sind ein Anstecker oder Aufnäher mit dem Firmenlogo des Arbeitgebers und ein Namensschild zu befestigen. Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmern...