Entscheidungsstichwort (Thema)
Mietkosten als besondere Belastung im Sinne des § 115 ZPO. Forderung
Leitsatz (amtlich)
Mietkosten, die 18 % des Einkommens übersteigen, sind grundsätzlich als besondere Belastungen i. S. des § 115 ZPO anzuerkennen (insoweit Aufgabe von LAGE § 115 ZPO Nr. 17). Dabei ist nicht vom Netto-, sondern vom bereinigten Einkommen auszugehen. Bei Ehegatten, die beide Einkommen haben, ist für die Berechnung jedenfalls dann nur das Einkommen des antragstellenden Ehegatten zugrundezulegen, wenn das Einkommen des Partners deutlich unter dem Tabellensteigerungsbetrag für einen Unterhaltsberechtigten von 450,– DM monatlich liegt. Ob dies auch sonst gilt, bleibt unentschieden.
Verfahrensgang
ArbG Bamberg (Beschluss vom 06.12.1990; Aktenzeichen 1 Ca 399/90 C) |
Tenor
Die Beschwerde des Bezirksrevisors beim Landesarbeitsgericht Nürnberg vom 17. Januar 1991 gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Bamberg – Kammer Coburg – vom 06. Dezember 1990 – 1 Ca 399/90 C – wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Das Arbeitsgericht Bamberg hat der Klägerin mit Beschluß vom 06.12.1990 ab 19.10.1990 Prozeßkostenhilfe bewilligt und ihr Rechtsanwalt R. W. als Prozeßbevollmächtigten beigeordnet. Ratenzahlungen wurden nicht angeordnet. Gegen diesen dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin am 06.12.1990 formlos übersandten Beschluß hat der Bezirksrevisor beim Landesarbeitsgericht Nürnberg mit Schriftsatz vom 17.01.1991, gerichtet an das Arbeitsgericht Bamberg und dort eingegangen am 21.01.1991, Beschwerde eingelegt, soweit Prozeßkostenhilfe ohne Anordnung von Ratenzahlungen bewilligt wurde. Das Arbeitsgericht hat der Klägerin dazu rechtliches Gehör gewährt. Sie hat mit Schriftsatz vom 24.01.1991 auf eine Stellungnahme verzichtet. Daraufhin hat das Arbeitsgericht Bamberg der Beschwerde mit Beschluß vom 14.02.1991 nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht Nürnberg zur Entscheidung vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II.
Die auf die Ratenfreiheit der bewilligten Prozeßkostenhilfe beschränkte, fristgerecht eingelegte und somit nach § 127 Abs. 3 ZPO zulässige Beschwerde des Bezirksrevisors hat in der Sache keinen Erfolg. Denn das Arbeitsgericht hat jedenfalls im Ergebnis zu Recht keine Ratenzahlungen angeordnet. Im einzelnen gilt dazu folgendes:
Im Hinblick auf das eingeschränkte Beschwerderecht der Staatskasse sind die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe und die Beiordnung des Rechtsanwalts R. W. als solche unanfechtbar und damit der Nachprüfung durch das Beschwerdegericht entzogen. Da der Beschwerdeführer seine Beschwerde zudem auf die Berechnung der als besondere Belastung berücksichtigten Mietkosten der Klägerin beschränkt hat, bedarf es auch keines Eingehens mehr auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin im übrigen, wie sie das Erstgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat.
Daß Mietkosten besondere Belastungen im Sinne des § 115 ZPO darstellen können, wird auch vom Beschwerdeführer anerkannt. Dies entspricht der herrschenden Meinung in Literatur und Rechtsprechung (vgl. Thomas-Putzo, ZPO, 14. Aufl., § 115 Anm. 2 d; Zöller, ZPO, 16. Aufl., § 115 Rdnr. 76 m.w.N.), der die erkennende Kammer folgt. Unterschiedliche Auffassungen bestehen jedoch hinsichtlich der Berechnung des zu berücksichtigenden Betrages. Die erkennende Kammer hat dazu in ihrem Beschluß vom 14.06.1985 (LAGE Nr. 17 zu § 115 ZPO), allerdings in anderem Zusammenhang und nicht wie bei Zöller, a.a.O., § 115 Rdnr. 76 zitiert 10 %, sondern bereits 10 % des Einkommens übersteigende Mietkosten als besondere Belastungen anerkannt. Daran hält die Kammer nach erneuter Überprüfung nicht fest. Denn in die Tabellenbeträge der Anlage 1 zu § 114 ZPO ist für Mietkosten ein einheitlicher Festbetrag von 156,– DM eingearbeitet (vgl. BT-Drucks. 8/3068, Seite 19/20). Dieser Betrag entspricht in etwa 18 % des Tabellengrenzbetrages von 850,– DM, Nach Ansicht der Kammer ist es deshalb angebracht, diese 18 % grundsätzlich in allen Fällen als zumutbare Mietbelastung und nur den diesen Satz übersteigenden Betrag als besondere Belastung im Sinne des § 115 ZPO anzuerkennen. Denn anders als bei der regelmäßigen Berücksichtigung des 156,– DM übersteigenden Betrages führt diese Berechnungsweise zu einem gerechteren Ergebnis, weil der prozentuale Anteil der zumutbaren Mietbelastung ohne Rücksicht auf die Höhe des Einkommens stets gleich bleibt. Für die Berechnung ist dabei nicht vom Netto-, sondern vom bereinigten Einkommen auszugehen. Denn die 850,– DM, aus denen der genannte 18 %ige Satz errechnet ist, sind, wie im übrigen alle Tabellenbeträge, ebenfalls das bereinigte Einkommen. Soweit demgegenüber vertreten wird (vgl. z. B. LAG Hamm in EZA § 115 ZPO Nr. 10 und insbesondere Schneider in der Anmerkung dazu), die Berücksichtigung des 156,– DM übersteigenden Mietanteils sei einfacher, klarer und für die Parteien berechenbarer, der Hilfsbedürftige könne seine voraussichtliche Kostenbelastung zuverlässiger abschätzen und sei nicht der Ungewißheit ausgesetzt, wie das angerufen...