Entscheidungsstichwort (Thema)
sonstiges
Verfahrensgang
ArbG Nürnberg (Beschluss vom 28.01.2000; Aktenzeichen 10 BV 138/99) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 28.01.2000 – Gz.: 10 BV 138/99 – wird zurückgewiesen.
2. Die weitere Beschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Mit Unterlassungsantrag im Beschlussverfahren macht die antragstellende Gewerkschaft die von ihr behauptete Verpflichtung gegenüber den Antragsgegnern geltend, bestimmte bezeichnete Betriebsvereinbarungen bzw. Gesamtbetriebsvereinbarungen wegen Tarifwidrigkeit nicht durchzuführen.
Die Antragsgegner haben erstinstanzlich die Auffassung vertreten, das Beschlussverfahren sei nicht die zutreffende Verfahrensart. Ein auf der Grundlage des Art. 9 Abs. 3 GG entwickelter Unterlassungsanspruch weise keinen betriebsverfassungsrechtlichen Charakter auf. Die vom Bundesarbeitsgericht herausgestellte Anspruchsgrundlage (§ 823 BGB i.V.m. Art. 9 1 Abs. 3 GG) weise auf eine arbeitsgerichtliche Zuständigkeit im Beschlussverfahren nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 ArbGG. Die vom Bundesarbeitsgericht im Beschluss vom 20.04.1999 angedeutete Meinung, dass das Beschluss verfahren die zutreffende Verfahrensart sei, sei nicht haltbar. Demgegenüber hat die Antragstellerin die Auffassung vertreten, es handle sich um eine betriebsverfassungsrechtliche Streitigkeit. Nach § 23 Abs. 3 BetrVG könne eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft bei groben Verstößen des Arbeitgebers gegen seine Verpflichtungen aus dem BetrVG beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, eine Handlung zu unterlassen.
Das Arbeitsgericht Nürnberg hat mit Beschluss vom 28.01.2000 entschieden, dass der Rechtsstreit im Beschlussverfahren zu entscheiden sei. Zur Begründung hat es ausgeführt, auch ein Anspruch aus den §§ 1004, 823 BGB i.V.m. mit Art. 9 Abs. 3 GG könne eine betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheit betreffen. Dies liege besonders dann nahe, wenn sich der Antrag gegen die Durchführung von Betriebsvereinbarungen richte. Verfahrensgegenstand sind normative Regelungen, für die das Betriebsverfassungsgesetz die rechtliche Grundlage biete.
Gegen den den Antragsgegnerinnen zu 1.–3. am 14.02.2000, den Antragsgegnern zu 4.–5 am 11.02.2000 zugestellten Beschluss legten die Antragsgegnerinnen zu 1.–3. am 25.02.2000, die Antragsgegner zu 4. und 5. am 22.02.2000 sofortige Beschwerde ein. Zur Begründung haben die Antragsgegnerinnen zu 1.–3. im Wesentlichen übereinstimmend ausgeführt, ein Beschlussverfahren setze schon nach dem Wortlaut des § 23 Abs. 3 BetrVG voraus, dass allein grobe Verstöße des Arbeitgebers Antragsvoraussetzung seien. Beim Abschluss eventuell tarifwidriger Vereinbarungen gehe es jedoch nicht um einseitige Verstöße, des Arbeitgebers, sondern, wenn überhaupt, um ein Zusammenwirken von Betriebsrat und Arbeitgeber. Zudem sei § 77 Abs. 3 BetrVG keine Grundnorm der betriebsverfassungsrechtlichen Ordnung. Vielmehr betreffe die Regelung die Sicherung der ausgeübten und aktualisierten Tarifautonomie. Wenn durch § 77 Abs. 3 BetrVG die Betriebsautonomie zugunsten der Tarifautonomie eingeschränkt sei, könne ein Verstoß gegen § 77 Abs. 3 BetrVG nicht als ein grober Verstoß im Sinne des § 23 Abs. 3 BetrVG aufzufassen sein. Zweck des § 23 BetrVG sei es, das ordnungsgemäße Funktionieren der Betriebsverfassung im Zusammenspiel von Arbeitgeber und Betriebsrat zu sichern. Die Vorschrift diene nicht dem Schutz der Tarifautonomie. Die Antragstellerin könne sich nicht auf betriebsverfassungsrechtliche Anspruchsgrundlage stützen. Als Anspruchsgrundlagen sollten §§ 823, 1004 BGB i.V.m. Art. 9 Abs. 3 GG dienen.
Die Antragsgegner zu 4 und 5 weisen in ihrer Beschwerde darauf hin, dass der vom Bundesarbeitsgericht im Beschluss vom 20.04.1999 entschiedene Fall eine Regelungsabsprache betreffe. Im vorliegenden Fall komme eine grobe Verletzung betriebsverfassungsrechtlicher Vorschriften nach § 23 Abs. 3 BetrVG nicht in Betracht. Ein auf §§ 1004, 823 BGB i.V.m. Art. 9 Abs. 3 GG gestützter Unterlassungsantrag habe jedenfalls keinen unmittelbaren Bezug zum Betriebsverfassungsrecht. Der Schwerpunkt liege nicht im Betriebsverfassungsgesetz, sondern im Bereich der Vereinigungsfreiheit.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerden sind zulässig. Gemäß § 48 Abs. 1 ArbGG finden für die Zulässigkeit der Verfahrensart die §§ 17 bis 17 b des Gerichtsverfassungsgesetzes Anwendung. Da die Antragsgegner die Zulässigkeit der Verfahrensart gerügt haben, entscheidet das Arbeitsgericht gemäß § 17 a Abs. 3 Satz 1 GVG über die Zulässigkeit der Verfahrensart vorab durch Beschluss. Gegen den Beschluss ist nach § 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG die sofortige Beschwerde, nach den Vorschriften der jeweils anzuwendenden Verfahrensordnung gegeben. Über die Beschwerde entscheidet nach § 83 Abs. 5 ArbGG i.V.m. § 78 Abs. 1 ArbGG das Landesarbeitsgericht. Die Beschwerden sind form- und fristgerecht eingelegt (§§ 55 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 569 Abs. ...