Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe. Nachreichung von Unterlagen nach Verfahrensabschluss und nach Ablauf gesetzter Fristen
Leitsatz (amtlich)
1.
Das Arbeitsgericht hat über Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung alsbald zu entscheiden; eine Entscheidung in der alsbald nach Klageeingang stattfindenden Güteverhandlung ist als rechtzeitig anzusehen.
2.
Dem Antrag ist zu entsprechen, wenn der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Entscheidung einkommens- und vermögenslos ist. Ist noch kein Bescheid über Arbeitslosengeld ergangen, darf das Arbeitsgericht eine Frist zur Vorlage eines solchen Bescheides dann setzen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein solcher Bescheid alsbald ergehen und Arbeitslosengeld rückwirkend bewilligt werden wird. Ist die Frist zu Recht gesetzt, kommt es für die Bewilligung auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Nachreichung der Unterlagen an.
3.
Hat der Antragsteller die gesetzte Frist versäumt, ist der Antrag abzuweisen (§ 118 Abs. 2 S. 4 ZPO). Die nach Fristablauf erfolgte Einreichung der geforderten Angaben und Belege ändert hieran zumindest dann nichts, wenn der Prozess zum Zeitpunkt der Einreichung bereits abgeschlossen war.
4.
Die Einreichung kann trotz der grundsätzlich eröffneten Möglichkeit, mit der Beschwerde neue Tatsachen vorzubringen (§ 571 Abs. 2 S. 1 ZPO), auch im Beschwerdeverfahren in diesem Fall nicht mehr berücksichtigt werden, weil § 118 Abs. 2 S. 4 ZPO der Vorschrift des § 571 Abs. 2 S. 1 ZPO als speziellere Vorschrift vorgeht.
Normenkette
ZPO § 118 Abs. 1 Sätze 1, 4, §§ 115, 571 Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Nürnberg (Beschluss vom 17.07.2002; Aktenzeichen 6 Ca 2357/02) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 17.07.2002 – Az.: 6 Ca 2357/02 – wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Der Kläger hat unter dem 08.03.2002 durch seine anwaltlichen Vertreter Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht Nürnberg erhoben mit dem Antrag, dass das Arbeitsverhältnis durch die fristlose Kündigung vom 18.02.2002 nicht aufgelöst sei, sondern bis 15.03.2002 fortbestanden habe, und gleichzeitig Prozesskostenhilfe und Beiordnung seiner anwaltlichen Vertreter begehrt. Er hat laut dem Eingangsstempel des Arbeitsgerichts am 11.03.2002 eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingereicht, in der angegeben ist, dass er derzeit einkommenslos sei. Als Erwerbstätigkeit hat er „arbeitslos” angeführt. Durch Schriftsatz vom 16.04.2002 hat er die Klage auf Zahlung von Euro 466,26 brutto abzüglich eines schon gezahlten Betrages erweitert und für diesen Antrag ebenfalls Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung begehrt. Er hat hierbei ausgeführt, er sei nach wie vor ohne Einkommen.
In der mündlichen Verhandlung vom 22.04.2002 hat das Arbeitsgericht dem Kläger durch Beschluss nachgelassen, bis spätestens 17.05.2002 den Arbeitslosengeldbescheid in Kopie vorzulegen. In dieser Verhandlung wurde ein rechtskräftiger Vergleich mit dem Inhalt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 07.03.2002 und Nachzahlung von 306,78 Euro geschlossen.
Am 17.05.2002 wurde von den Klägervertretern mitgeteilt, dass noch kein Arbeitslosengeldbescheid vorliege, weil offenbar eine Sperrfrist verhängt worden sei. Es solle angeblich aber ein neuer Bescheid mit Arbeitslosengeldbewilligung erstellt werden. Es werde um Verlängerung der Vorlagefrist bis 07.06.2002 gebeten. Das Arbeitsgericht verlängerte die Frist durch Beschluss vom 17.05.2002 antragsgemäß bis 07.06.2002.
Unter dem 14.06.2002 teilte der Kläger mit, dass nach wie vor kein Bescheid des Arbeitsamtes vorliege, weil hierfür Unterlagen benötigt würden, die von der Ex-Freundin nicht herausgegeben würden. Er erklärte, er wäre dankbar, wenn die Vorlagefrist für den Bescheid nochmals um einen Monat verlängert werden würde. Das Arbeitsgericht kam dem nach und verlängerte die Vorlagefrist durch Beschluss vom 17.06.2002 bis 15.07.2002.
Nachdem bis zu diesem Zeitpunkt kein Eingang mehr zu verzeichnen war, lehnte das Arbeitsgericht die beantragte Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung durch Beschluss vom 17.07.2002 mit der Begründung ab, der Kläger habe die gerichtlich angeforderten Nachweise nicht rechtzeitig vorgelegt, so dass die Bedürftigkeit nicht nachgewiesen sei. Der mit Rechtsmittelbelehrung versehene Beschluss wurde den Klägervertretern ausweislich deren Empfangsbekenntnisses am 22.07.2002 zugestellt.
In seiner am 14.08.2002 beim Arbeitsgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde hat der Kläger Aufhebung des Beschlusses vom 17.07.2002 und Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Gleichzeitig hat er den Bewilligungsbescheid des Arbeitsamtes vom 12.07.2002 in Ablichtung vorgelegt mit der Erklärung, er habe nur für den Zeitraum 13.06. bis 23.06.2002 Arbeitslosengeld bezogen, stehe aber seit 03.07.2002 wieder in einem Beschäftigungsverhältnis mit einem Bruttostundenlohn von 7,– Euro. Bei einer Wochenarbeitszeit von 38 Stunden sei er weiterhin „arm” im Sinne des Gesetzes.
Das Arbeitsgericht hat der Bes...