Entscheidungsstichwort (Thema)

Freistellungsanspruch. Anwaltskosten. Aussichtslosigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Die Frage, auf welchen Zeitpunkt abzustellen ist, wenn es um die Wählbarkeit eines Arbeitnehmervertreters in den Aufsichtsrat geht, den der Wahl oder den des Amtsantritts, ist nicht höchstrichterlich entschieden. Ein Beschlussverfahren, das von Arbeitnehmern eingeleitet wird, die nach der Wahl in die Freistellungsphase der Altersteilzeit gehen werden, ist deshalb nicht aussichtslos.

 

Normenkette

MitbestG § 20 Abs. 3, § 7

 

Verfahrensgang

ArbG Nürnberg (Beschluss vom 17.08.2007; Aktenzeichen 10 BV 180/07)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 17.08.2007 aufgehoben.

2. Die Antragsgegnerin wird verurteilt, die Antragsteller von den anwaltlichen Gebühren gemäß Kostennote des Rechtsanwalts Dr. C… vom 20.04.2006 in Höhe von EUR 4.741,39 freizustellen.

3. Der Zinsanspruch wird abgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Anwaltskosten.

Bei der Antragsgegnerin fanden am 31.03.2006 Wahlen zum Aufsichtsrat statt.

Bei der Antragsgegnerin besteht eine Satzung. Deren § 21 lautet auszugsweise:

  1. Die Amtsdauer derjenigen Aufsichtsratsmitglieder, die aus dem Kreis der Mitglieder gewählt werden, beginnt mit Ablauf der Vertreterversammlung, die die Wahl vorgenommen hat ….
  2. Die regelmäßige Amtsdauer der Arbeitnehmervertreter entspricht der Amtsdauer der nach Absatz 1 gewählten Aufsichtsratsmitglieder.

Die Antragstellerin zu 1 trat am 01.07.2006, der Antragsteller zu 2 am 01.06.2006 in die Freistellungsphase der Altersteilzeit.

Die konstituierende Sitzung des Aufsichtsrats fand am 30.06.2006 statt.

Die Antragsteller legten dem Wahlvorstand einen Wahlvorschlag vor, in dem sie als Wahlbewerber aufgeführt waren. Der Wahlvorstand erachtete den Wahlvorschlag als ungültig. Dagegen gingen die Antragsteller im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gerichtlich vor. Das Verfahren wurde unter dem Aktenzeichen 9 BVGa 1/06 bzw. 2 TaBV 9/06 geführt. Mit Beschluss vom 19.01.2006 lehnte das Arbeitsgericht Nürnberg den Antrag ab. Die gegen diese Entscheidung gerichtete Beschwerde wies das Landesarbeitsgericht Nürnberg am 16.02.2006 zurück.

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren machten die Antragsteller u.a. geltend, für die Wählbarkeit sei der Wahltag und nicht der Zeitpunkt des Amtseintritts des Aufsichtsratsmitglieds maßgebend.

Der Prozessbevollmächtigte der Antragsteller in den vorgenannten Verfahren, Herr Rechtsanwalt Dr. C., rechnete mit Kostennote vom 20.04.2006 insgesamt 4.741,39 EUR ab. Die Antragsteller legten der Antragsgegnerin die Kostennote mit der Bitte um Ausgleich vor. Dies lehnte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 17.05.2007 ab.

Die Antragsteller leiteten nach der Aufsichtsratswahl ein Wahlanfechtungsverfahren ein. Der Antrag wurde sowohl in erster als auch in zweiter Instanz abgewiesen. Die eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom Bundesarbeitsgericht am 20.02.2008 mit der Begründung zurückgewiesen, eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liege nicht vor. Auch die Anhörungsrüge der Antragsteller blieb erfolglos.

Die Antragsteller begehren von der Antragsgegnerin die Freistellung von der Kostenpflicht gegenüber ihrem Prozessbevollmächtigten.

Das Arbeitsgericht Nürnberg hat den Antrag mit Beschluss vom 17.08.2007 abgewiesen. Die Entscheidung wurde den Antragstellern am 24.09.2007 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 22.09.2007, der am 23.10.2007 beim Landesarbeitsgericht Nürnberg einging, legten die Antragsteller Beschwerde ein und begründeten sie innerhalb der bis 10.12.2007 verlängerten Begründungsfrist.

Die Antragsteller machen geltend, der Antrag auf einstweilige Verfügung sei nicht aussichtslos gewesen. Eine Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur streitgegenständlichen Frage habe weder zum Zeitpunkt der Einleitung des einstweiligen Verfügungsverfahrens vorgelegen noch liege sie jetzt vor. Auch eine diesbezügliche Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Nürnberg habe es vorher nicht gegeben. In der Literatur sei die Frage, ob Arbeitnehmer, die sich in der Freistellungsphase befänden, wählbar seien, zum Zeitpunkt der Einleitung des einstweiligen Verfügungsverfahrens strittig gewesen.

Die Antragsteller beantragen:

  1. Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 17.08.2007, Az. 10 BV 180/07, aufgehoben.
  2. Die Antragsgegnerin ist verpflichtet, die Antragsteller von den anwaltlichen Gebühren gemäß Honorarnote des Rechtsanwalts Dr. C. vom 20.04.2006 über EUR 4.741,39 freizustellen und an die Antragsteller Zinsen in Höhe von 5 PP über dem Basiszinssatz aus EUR 4.741,39 seit dem 18.05.2006 zu zahlen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde der Antragsteller zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin macht geltend, die Frage, ob ein Arbeitnehmer, der sich in der Freistellungsphase der Altersteilzeit befinde, dem Betrieb noch angehöre und damit wählbar oder ausgeschieden und damit nich...

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