Entscheidungsstichwort (Thema)
Wählbarkeit von Arbeitnehmern zum Aufsichtsrat. Altersteilzeit. Behandlung der Wahlvorschläge. einstweiliger Verfügung/Arrest
Leitsatz (amtlich)
1. Arbeitnehmer in der Freistellungsphase der Altersteilzeit sind nicht mehr wählbar zum Aufsichtsrat.
2. Maßgeblich für die Frage der Wählbarkeit ist der Beginn der Amtszeit.
3. Die Pflicht des Wahlvorstands zur Prüfung eines eingereichten Wahlvorschlags beginnt mit der Einreichung des schriftlichen Wahlvorschlags; erforderliche Aufklärungsmaßnahmen stellen keine pflichtwidrige Verzögerung der Prüfung dar.
4. Der Wahlvorstand ist – abgesehen von einer Mehrfachbewerbung im Sinn des § 27 Abs. 8 WO – zu einer Änderung des eingereichten Wahlvorschlags, insbesondere zu einer Streichung einzelner Bewerber, nicht befugt.
5. Erkennt der Wahlvorstand, dass er irrtümlich einen eingereichten Wahlvorschlag zunächst als gültig behandelt hat, darf er den als ungültig erkannten Wahlvorschlag nicht weiterhin als gültig behandeln.
Normenkette
MitbestG §§ 7, 24; 2. WO zum MitbestG § 27; 2. WO zum MitbestG § 34; 2. WO zum MitbestG § 35
Tenor
Die Beschwerde der Antragsteller wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die Antragsteller wenden sich im Weg der einstweiligen Verfügung gegen eine Entscheidung des Unternehmenswahlvorstands für die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer, die am 31.03.2006 stattfindet.
Die Antragstellerin zu 1) reichte am 07.12.2005 als Vorschlagsvertreterin den Wahlvorschlag mit der Listenbezeichnung „Kompetenz und Sachverstand” ein. Die Annahmefrist für die Wahlvorschläge endete am 07.12.2005 um 16.00 Uhr. Der Wahlvorschlag der Antragstellerin zu 1) ging beim Wahlvorstand ca. eine halbe Stunde vor Ende der Annahmefrist und somit am 07.12.2005 gegen 15.30 Uhr ein. Auf dem Wahlvorschlag sind vier Bewerber aufgeführt und zwar die Antragsteller zu 1) und 2) als Bewerber für den Aufsichtsrat und als Ersatzmitglied für die Antragstellerin zu 1) die Arbeitnehmerin D… und als Ersatzmitglied für den Antragsteller zu 2) der Arbeitnehmer E….
Die Antragsteller zu 1) und 2) und das für ihn benannte Ersatzmitglied E… befinden sich in einem Altersteilzeitverhältnis. Die konstituierende Sitzung des neu zu wählenden Aufsichtsrats findet am 30.06.2006 statt. Die Freistellungsphase des Antragstellers zu 2) und des für ihn benannten Ersatzmitglieds E… beginnt vor dieser Sitzung (01.06.2006 bzw. 01.05.2006). Die Freistellungsphase der Antragstellerin zu 1) beginnt am 01.07.2006.
Unter dem 08.12.2005 erfolgte eine schriftliche Einladung an die Antragstellerin zu 1) in ihrer Eigenschaft als Vorschlagsvertreterin zur Verlosung der Reihenfolge der Ordnungsnummern der Wahlvorschläge für die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer für den 16.12.2005. Mit Schreiben vom 29.12.2005 erklärte der Antragsgegner den Wahlvorschlag der Antragstellerin zu 1) als Vorschlagsvertreterin für ungültig. Zur Begründung führte er an, auf dem Wahlvorschlag befänden sich drei von vier Personen, die in keinster Weise die Interessen der Belegschaft vertreten könnten. Zwei Personen befänden sich schon vor der konstituierenden Sitzung des Aufsichtsrats in der Freistellungsphase der Altersteilzeit. Eine Person könne nur an der konstituierenden Sitzung teilnehmen, bevor sie ebenfalls in die Freistellungsphase der Altersteilzeit eintrete. Der Prozessbevollmächtigte der Antragssteller wandte sich mit Schreiben vom 05.01.2006 an den Antragsgegner und setzte eine Frist bis 07.01.2006 zur Rücknahme der Ungültigkeitserklärung vom 29.12.2005. Mit Schreiben vom 09.01.2006 teilte der Antragsgegner mit, dass er seine Entscheidung nicht revidiert habe und die Auslosung der Reihenfolge der Ordnungsnummern der Wahlvorschläge am 09.01.2006 stattgefunden habe.
Mit Schriftsatz vom 11.01.2006, beim Arbeitsgericht Nürnberg eingegangen am 12.01.2006, beantragten die Antragssteller:
I. Der Beschluss des C… vom 29.12.2005 wird aufgehoben.
II. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Hilfsweise:
I. Der C… wird, zumindest einstweilen, verpflichtet, den Wahlvorschlag der Vorschlagsvertreterin Frau A… für die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer der C… zuzulassen.
II. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Arbeitsgericht hat mit dem am 19.01.2006 verkündeten Beschluss die Anträge der Antragsteller zurückgewiesen. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Beschlusses wird verwiesen.
In der Beschwerde, die mit Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Antragsteller vom 06.02.2006 eingelegt und am 07.02.2006 beim Landesarbeitsgericht Nürnberg einging, stellen die Antragsteller folgende Anträge:
I. Der Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 19.01.2006, Az: 9 BVGa 1/06, wird aufgehoben.
II. Der Beschluss des C… vom 29.12.2005 wird aufgehoben.
Hierzu hilfsweise:
Der C… wird, zumindest einstweilen, verpflichtet, den Wahlvorschlag der Vorschlagsvertreterin Frau A… für die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer der C… zuzulassen.
Insgesa...