Entscheidungsstichwort (Thema)
Forderung
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Titel über einen Lohnanspruch für einen bestimmten Zeitraum kann gemäß § 727 ZPO auf die Bundesanstalt für Arbeit als Rechtsnachfolgerin des Arbeitnehmers umgeschrieben werden, wenn der Arbeitnehmer für denselben Zeitraum Konkursausfallgeld beantragt hatte und die Bundesanstalt für Arbeit ihm dies bewilligt und an ihn ausgezahlt hat.
2. Der nach § 727 ZPO erforderliche Nachweis der Rechtsnachfolge kann durch den Bewilligungsbescheid, die Kassenanordnung und den Tagesnachweis über Zahlungs- und Buchungsvorgänge des jeweiligen Arbeitsamtes geführt werden. Eines öffentlich beglaubigten Antrags des Arbeitnehmers auf Konkursausfallgeld bedarf es dagegen für diesen Nachweis nicht.
Normenkette
ZPO § 727
Verfahrensgang
ArbG Würzburg (Beschluss vom 23.09.1993; Aktenzeichen 1 Ca 277/93)) |
ArbG Würzburg (Urteil vom 30.03.1993; Aktenzeichen 1 Ca 277/93) |
Tenor
Auf die Beschwerde vom 31.03.199 wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Würzburg vom 23.09.1993 – 1 Ca 277/93 – aufgehoben und das Arbeitsgericht Würzburg angewiesen, der Beschwerdeführerin als Rechtsnachfolgerin des Klägers eine vollstreckbare Ausfertigung des Versäumnisurteils vom 30.03.1993 – 1 Ca 277/93 – in dem beantragten Umfange zu erteilen.
Tatbestand
I.
Der Kläger hat gegen die Beklagte am 30.03.1993 ein Versäumnisurteil auf Zahlung von DM 7.812,– brutto als Lohn für die Zeit vom 07.09. bis 17.12.1992 erwirkt. Mit Schreiben vom 02.08.1993 beantragte die Beschwerdeführerin, ihr als Rechtsnachfolgerin des Klägers im Ausgangsverfahren gemäß § 727 Abs. 1 ZPO eine vollstreckbare Ausfertigung des vom Kläger erwirkten, zwischenzeitlich rechtskräftigen Versäumnisurteils vom 30.03.1993 in Höhe von DM 4.608,65 zu erteilen, weil sie dem Kläger für die Zeit vom 18.09. bis 17.12.1992 Konkursausfallgeld (Kaug) bezahlt habe. Die Rechtspflegerin des Arbeitsgerichts Würzburg hat diesen Antrag mit Beschluß vom 23.09.1993 zurückgewiesen.
Gegen diesen der Beschwerdeführerin am 27.09.1993 formlos übersandten Beschluß legte sie mit Schriftsatz vom 31.03.1994, gerichtet an das Arbeitsgericht Würzburg und dort am selben Tage eingegangen, Erinnerung ein. Der Rechtspfleger mit Verfügung vom 15.04.1994 und der zuständige Kammervorsitzende des Arbeitsgerichts mit Beschluß vom 18.05.1994 haben der Erinnerung nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Dem Beklagten wurde rechtliches Gehör gewährt. Er hat sich nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
II.
Die mit der Vorlage an das Landesarbeitsgericht gemäß § 11 Abs. 2 Satz 5 RPflG als Beschwerde geltende unbefristete Durchgriffserinnerung der Beschwerdeführerin ist zulässig.
Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
Nach den §§ 62 Abs. 2 ArbGG. 727 ZPO darf eine vollstreckbare Ausfertigung des rechtskräftigen Versäumnisurteils vom 30.03.1993 über einen Teilbetrag von DM 4.608,65 der Beschwerdeführerin als Rechtsnachfolgerin des Klägers nur erteilt werden, wenn diese Rechtsnachfolge bei dem Gericht offenkundig oder durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden in jeder Einzelheit nachgewiesen ist. Zu diesen Voraussetzungen für eine Rechtsnachfolge im einzelnen gehören in Fällen der vorliegenden Art. die Beantragung von Konkursausfallgeld sowie dessen Bewilligung und Auszahlung (vgl. LAG Nürnberg, Beschluß vom 18.05.1992 – 3 Ta 61/92 –; LAG München in Rechtspfleger 87, 326; LAG Frankfurt in Rechtspfleger 85, 200; LAG Schleswig-Holstein in LAGE-Nr. 1 zu § 727 ZPO). Zwar geht der Lohnanspruch des Arbeitnehmers gemäß § 141 m AFG bereits mit der Stellung des Antrags auf Konkursausfallgeld auf die Beschwerdeführerin über. Es ist jedoch möglich, daß der Arbeitnehmer diesen Antrag, aus welchen Gründen auch immer, später wieder zurückgenommen hat. In diesem Falle ist aber die Rechtslage ebenso anzusehen, wie wenn ein solcher Antrag überhaupt nicht gestellt worden und damit ein Rechtsübergang gemäß § 141 m AFG auf die Beschwerdeführerin nicht eingetreten wäre (vgl. BAG in AP Nr. 4 zu § 59 KO). Zudem ist erforderlich, daß das Konkursausfallgeld für den Zeitraum bezahlt wurde, für den auch der ausgeurteilte Lohnanspruch besteht (§ 141 m i.V.m. § 141 b AFG). Schließlich ist der Rechtsübergang zunächst nur vorläufig und verfestigt sich erst dann, wenn dem Arbeitnehmer das Konkursausfallgeld bindend oder rechtskräftig zuerkannt ist (vgl. BAG in AP Nr. 1 zu § 141 m AFG). Aus diesen Gründen und wegen des streng formalisierten Verfahrens nach § 727 ZPO ist es daher notwendig, daß die oben genannten Voraussetzungen offenkundig sind oder durch die entsprechenden öffentlichen oder öffentlich beglaubigten Urkunden nachgewiesen werden.
Im vorliegenden Falle hat die Beschwerdeführerin zunächst erstinstanzlich den Antrag des Klägers auf Konkursausfallgeld im Original und Kopie sowie den Bewilligungsbescheid ebenfalls in Kopie vorgelegt. Die Beglaubigung der jeweiligen Kopien entsprach jedoch nicht den Erfordernissen des § 29 Abs. 3 SGB X, weil das Dienstsiegel fehlte...