Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung des ehelichen Prozesskostenvorschusses im Rahmen der Prozesskostenhilfe. Ausschluss des Prozesskostenvorschusses bei Entgelt- und Zeugnisklagen des Ehegatten

 

Leitsatz (amtlich)

Klagen, die auf die Zahlung von Entgelt oder die Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses gerichtet sind, sind keine persönlichen Angelegenheiten im Sinne von § 1360a BGB. Der Ehegatte ist daher nicht zur Zahlung eines Prozesskostenvorschusses verpflichtet, der im Prozesskostenhilfeverfahren zu berücksichtigen wäre.

 

Normenkette

BGB § 1360a; ZPO § 115 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Bayreuth (Entscheidung vom 02.05.2018; Aktenzeichen 4 Ca 988/17)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin vom 02.04.2018 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bayreuth vom 02.05.2018 in Ziffer 2 wie folgt abgeändert:

"Zu zahlende Monatsraten werden nicht festgesetzt."

 

Gründe

I.

Mit ihrer Klage vom 29.12.2017 verfolgt die Klägerin Zahlungsansprüche und Ansprüche auf Arbeitspapiere.

Für die Klage hat sie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt V...

beantragt.

Mit Beschluss vom 12.03.2018 hat das Arbeitsgericht Bayreuth den Antrag der Klägerin zurückgewiesen. Zur Begründung hat es auf das Einkommen des Ehemanns der Klägerin abgestellt, bei dessen Berücksichtigung eine monatliche Ratenzahlung von 819,00 € anzusetzen gewesen sei, die, unter Berücksichtigung der Prozesskosten, in 4 Monatsraten hätten aufgebracht werden können, sodass Prozesskostenhilfe zu versagen war.

Gegen den dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 16.03.2018 zugestellten Beschluss hat die Klägerin sofortige Beschwerde eingelegt durch Übergabe einer neuen Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 02.04.2018, die am 03.04.2018 beim Arbeitsgericht Bayreuth eingegangen ist.

Das Arbeitsgericht Bayreuth hat die Übersendung der Unterlagen nach Anhörung der Klägerin als sofortige Beschwerde behandelt und im Rahmen eines Teilabhilfebeschlusses vom 02.05.2018 der Klägerin Prozesskostenhilfe bewilligt und Ratenzahlung von 154,00 € angeordnet. Zur Begründung hat es auf die sich aus der neuen Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ergebenden wirtschaftlichen Verhältnisse verwiesen, nach denen die Klägerin gegenüber ihrem Ehemann einen Prozesskostenvorschussanspruch habe, welcher zu einer Prozesskostenhilferate von 154,00 € führe.

Im Übrigen hat das Arbeitsgericht Bayreuth die sofortige Beschwerde zur weiteren Entscheidung dem LAG Nürnberg vorgelegt.

Bezüglich näherer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beschwerdeakte Bezug genommen.

II.

1. Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist gemäß § 127 Absatz 2 Satz 2 ZPO statthaft und innerhalb der Frist von einem Monat eingelegt worden, § 127 Absatz 2 Satz 3 ZPO.

Auch das Beschwerdegericht geht davon aus, dass die Klägerin mit der Neuvorlage einer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eine sofortige Beschwerde eingelegt hat.

2. Die Beschwerde ist begründet. Der Bewilligungsbeschluss vom 02.05.2018, der insoweit Bezug nimmt auf den ursprünglichen Beschluss vom 12.03.2018, geht zunächst zu Recht davon aus, dass zu prüfen ist, ob die Klägerin einen Anspruch gegenüber ihrem Ehemann auf Prozesskostenvorschuss hat, den sie sich anrechnen lassen muss.

Ist ein Ehegatte nicht in der Lage, die Kosten eines Rechtsstreits zu tragen, der eine persönliche Angelegenheit betrifft, so ist der andere Ehegatte verpflichtet, ihm diese Kosten vorzuschießen, soweit dies der Billigkeit entspricht. Bei Ehegatten muss der Prozess mit den aus der Ehe erwachsenen persönlichen oder wirtschaftlichen Bedingungen und Beziehungen zusammenhängen. "Persönliche Angelegenheiten" sind insbesondere Ansprüche auf vermögenswerte Leistungen, die entweder ihre Wurzel in der Lebensgemeinschaft der Ehegatten haben oder wenn der Rechtsfall eine genügend enge Verbindung zur Person des betreffenden Ehegatten hat. Dabei ist die richtige Einordnung jeweils nur für bestimmte engere Fallgruppen möglich (BAG, Beschluss vom 05.04.2006 - 3 AZB 461/04 -; juris).

Das BAG hat für Bestandsstreitigkeiten wegen der Bedeutung des Arbeitsverhältnisses für die Würde des Arbeitnehmers und seiner Persönlichkeitsentfaltung bejaht, dass es sich um persönliche Angelegenheiten handelt, die über den Streit im Rahmen eines bloßen schuldrechtlichen Austauschverhältnisses hinausweisen

(vgl. BAG a.a.O.).

Demgegenüber geht die erkennende Kammer mit der 7. Kammer des LAG Nürnberg (Beschluss vom 13.03.2014 - 7 Ta 181/13 -; juris) davon aus, dass es sich bei Entgeltansprüchen lediglich um Ansprüche handelt, die zwar im Arbeitsverhältnis ihre Grundlage hatten, aber lediglich das Austauschverhältnis betreffen. Auf diese treffen die Überlegungen zur Bestandsstreitigkeit nicht zu. Insbesondere berührt die Frage, ob der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche auf Entgeltdifferenz und Urlaubsabgeltung zustanden, nicht das Persönlichkeitsrecht der Klägerin (LAG Nürnberg a.a.O.). Dasselbe gilt für die Ansprüche auf Arbeitspapiere...

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