Entscheidungsstichwort (Thema)
Vornahme einer Handlung
Leitsatz (amtlich)
1. Sind die nach § 38 Abs. 1 BetrVG Freizustellenden in Verhältniswahl gewählt worden, so findet im Falle des Ausscheidens eines Betriebsratsmitglieds aus der Freistellungsfunktion § 25 Abs. 1, 2 BetrVG keine entsprechende Anwendung.
2. Bei einer Aufteilung einer Vollfreistellung auf mehrere teilweise Freistellungen werden diese Freistellungen nach dem d'Hondtschen Höchstzahlverfahren der Liste entnommen, welcher die Vollfreistellung zufallen würde.
Verfahrensgang
ArbG Nürnberg (Beschluss vom 03.04.1996; Aktenzeichen 15 BV 18/96) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1. bis 3. gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 03.04.1996, Aktenzeichen 15 BV 18/96, wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist der Antrag der Beteiligten zu 1. bis 3. festzustellen, daß der Beschluß des Beteiligten zu 5. vom 07.02.1996, wonach der stellvertretende Vorsitzende W. zu 1/2 für Zwecke der Betriebsratsarbeit freigestellt wurde, unwirksam ist.
Die Beteiligten zu 1. bis 3. vertreten die Auffassung, daß in den Fällen, in denen eine Freistellung nach § 38 Abs. 1 BetrVG auf mehrere Betriebsratsmitglieder aufgeteilt wird, für das Wahlverfahren die tatsächliche Zahl sämtlicher – auch nur teilweise – freigestellter Betriebsratsmitglieder maßgebend sei und nicht die Zahl der sich aus § 38 Abs. 1 BetrVG ergebenden Vollfreistellungen. Bei dem vorliegenden Wahlergebnis würde dies dazu führen, daß der Liste 2 eine der beiden halben Freistellungen hätte zufallen müssen.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag der Beteiligten zu 1. bis 3. mit der Begründung zurückgewiesen, die Aufteilung einer Vollfreistellung in zwei halbe Freistellungen sei zulässig, diese teilweisen Freistellungen würden der Liste zufallen, welche nach dem d'Hondtschen Höchstzahlverfahren für die Vollfreistellung den Platz erhalten würde, ein Nachrücken entsprechend § 25 Abs. 1 BetrVG finde bei einer vakanten Freistellung nicht statt.
Die dagegen gerichtete, am 26.05.1996 beim Landesarbeitsgericht eingegangene und am 17.06.1996 begründete Beschwerde der Beteiligten zu 1. bis 3. gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 03.04.1996 – den Beschwerdeführerin zugestellt am 29.04.1996 – bleibt ohne Erfolg.
Auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses, denen sich das Beschwerdegericht anschließt, wird Bezug genommen. Das Beschwerdevorbringen, das den erstinstanzlichen Vortrag im wesentlichen wiederholt, ist nicht geeignet, zu einer abweichenden Entscheidung zu führen. Auch das Beschwerdegericht ist davon ausgegangen, daß eine Aufteilung der Freistellung auf mehrere Betriebsratsmitglieder grundsätzlich möglich ist (vgl. BAG, NZA 1997, 58 ff.). Die Verteilung der nach § 38 Abs. 1 BetrVG gebotenen Freistellungen richtet sich nach dem d'Hondtschen Höchstzahlverfahren (BAG, AP Nr. 11 zu § 38 BetrVG 1972). Endet die Freistellung eines einzelnen Betriebsratsmitglieds, so erfolgt die erforderliche Freistellungsnachwahl mit einfacher Stimmenmehrheit (BAG, AP Nr. 16 zu § 38 BetrVG 1972). Ein Nachrücken von Ersatzmitgliedern entsprechend § 25 Abs. 1 BetrVG findet nicht statt (LAG Berlin, LAGE Nr. 7 zu § 38 BetrVG; Fabricius/Kraft/Wiese/Kreutz, GK-BetrVG, Bd. I, 5. Aufl., § 38 Rdnr. 69; a.A. Fitting/Kaiser/Heither/Engels, BetrVG, 18. Aufl., § 38 Rdnr. 54). Bei einer Aufteilung einer Vollfreistellung auf mehrere teilweise Freistellungen stehen diese Freistellungen nach dem d'Hondtschen Höchstzahlverfahren der Liste zu, welcher die Vollfreistellung zufallen würde.
Gegen diesen Beschluß können die Beschwerdeführer Rechtsbeschwerde gemäß nachstehender Rechtsmittelbelehrung einlegen.
Unterschriften
Malkmus Vorsitzender Richter am Landesarbeitsgericht, Frischholz Ehrenamtlicher Richter, Pflaum Ehrenamtlicher Richter, Ochsenkühn Reg. Sekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen