Entscheidungsstichwort (Thema)
Bindung der Gerichte an den von einer bundesweiten Kommission erarbeiteten Streitwertkatalog
Leitsatz (amtlich)
Der von einer bundesweiten Kommission erarbeitete Streitwertkatalog ist zwar für die Gerichte nicht bindend, sollte aber im Interesse einer möglichst einheitlichen Streitwertgestaltung regelmäßig angewendet werden.
Normenkette
RVG § 33
Verfahrensgang
ArbG Nürnberg (Entscheidung vom 26.02.2012; Aktenzeichen 9 Ca 3961/11) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Prozessvertreters des Beklagten wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 26.02.2012 geändert.
2. Der Streitwert für das Verfahren wird auf 4.716,43 €, für den Teilvergleich vom 16.08.2012 auf 971,75 € und für den Vergleich vom 26.02.2013 auf 3.744,68 € festgesetzt.
3. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
4. Gebühren werden nicht erhoben.
Gründe
I.
Die Klägerin begehrte mit ihrer Klage die Herausgabe einer Kopie des Arbeitsvertrags, die Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses, Gehaltsabrechnungen für den Zeitraum Mai 2008 bis Mai 2011 (= 37 Monate) sowie einbehaltene Vergütung in Höhe von 2.819,68 € brutto.
Am 16.08.2012 schlossen die Parteien einen Teilvergleich bezüglich der Herausgabe des Arbeitsvertrags und der Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses. Am 26.02.2013 kam hinsichtlich der übrigen Ansprüche ein Vergleich zustande.
Das Arbeitsgericht setzte mit Beschluss vom 26.02.2013, abgeändert am 07.03.2013, den Streitwert fest. Dabei bewertete es die Ansprüche wie folgt:
- Arbeitsvertrag: 250,00 €
- Arbeitszeugnis: 500,00 €
- Gehaltsabrechnungen: 300,00 €
- Forderung: 2.819,68 €.
Der Prozessvertreter des Beklagten legte am 28.02.2013 Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung ein.
Er trägt vor, nach den vorgelegten Lohnabrechnungen sei von einem durchschnittlichen Gehalt von 915,00 € auszugehen. Für den Arbeitsvertrag und das Zeugnis sei je ein Monatsgehalt anzusetzen, für die Herausgabe der Gehaltsabrechnungen 250,00 €. Insgesamt seien daher 4.899,68 € festzusetzen.
Der Prozessvertreter der Klägerin hat in seiner Stellungnahme ausgeführt, pro Abrechnung sei ein Wert von 100,00 € anzunehmen. Außerdem sei von einem Gehalt der Klägerin in Höhe von 1.242,75 € brutto auszugehen.
II.
Das Beschwerdeverfahren richtet sich nach § 33 Absatz 3 RVG. Insbesondere liegt eine Streitwertfestsetzung nach § 33 Absatz 1 RVG vor. Es fehlt vorliegend an einem Wert im Sinne des § 63 Absatz 2 Satz 1 GKG. Der Rechtsstreit ist durch einen Vergleich erledigt worden. Gerichtsgebühren sind unter keinem Gesichtspunkt zu erheben. Ein Gegenstandswert ist deshalb nicht nach § 63 Absatz 2 Satz 1 GKG festzusetzen. Demgemäß stellt der Antrag des Beschwerdeführers auf Festsetzung des Streitwerts keinen nach § 63 Absatz 2 Satz 2 GKG, sondern einen gemäß § 33 Absatz 1 RVG dar.
Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist statthaft, § 33 Absatz 3 Satz 1 RVG. Insbesondere ist der Beschwerdewert erreicht.
Die Beschwerde ist nur teilweise begründet.
Für den Klageantrag 1 (Herausgabe einer Kopie des Arbeitsvertrags) ist ein Wert von 88,34 € anzusetzen. Dies entspricht der Festsetzung im Streitwertkatalog, den eine bundesweite Kommission für die Arbeitsgerichtsbarkeit entwickelt hat. Danach ist für den Nachweis nach dem Nachweisgesetz ein Wert von 10% eines Gehalts festzusetzen. Das Gleiche gilt nach Auffassung des erkennenden Gerichts für die von der Klägerin verlangte Kopie des Arbeitsvertrags. Der Streitwertkatalog ist zwar für die Gerichte nicht bindend, im Interesse einer möglichst einheitlichen Handhabung bei der Streitwertfestsetzung ist er indes ein Leitfaden, an dem sich die Streitwertfestsetzung regelmäßig orientieren kann und sollte.
Es ist von einem Gehalt der Klägerin in Höhe von 883,41 € brutto auszugehen. Der Beschwerdeführer macht zwar geltend, nach den Gehaltsabrechnungen habe das monatliche Gehalt 915,00 € brutto betragen. Dies widerspricht allerdings den vorgelegten Gehaltsabrechnungen. Dem Gericht liegen Gehaltsabrechnungen für den Zeitraum Juli 2009 bis Mai 2011 vor. Danach ergibt sich ein Gesamtverdienst in Höhe von 20.318,52 € bzw. pro Monat ein Betrag von 883,41 € (20.318,52 € / 23 Monate).
Soweit der Prozessvertreter der Klägerin eingewandt hat, das Gehalt habe bei 1.242,75 € gelegen, ist dies nicht belegt.
Für das Arbeitszeugnis wurde ein Monatsgehalt festgesetzt. Es ist zwar zutreffend, dass die Rechtsprechung bei der Streitwertfestsetzung bisher nach dem Inhalt des beantragten Arbeitszeugnisses differenziert hat und insbesondere bei einem bloßen Titulierungsinteresse einen geringeren Gegenstandswert angenommen hat. Der Streitwertkatalog unterscheidet nur noch nach der Art des Arbeitszeugnisses. So geht er bei einem einfachen Zeugnis von 10% einer Monatsvergütung aus, bei einem qualifizierten Arbeitszeugnis von einem Monatsgehalt und bei einem Zwischenzeugnis von einer halben Monatsvergütung.
Da die Klägerin vorliegend ein qualifiziertes Arbeitszeugnis verlangt hat, ist ein Monatsgehalt = 883,41 € zugrunde zu legen.
Nach Auffassung de...