Leitsatz (amtlich)

1. Wird in einer Klage der Feststellungsantrag nach § 4 KSchG bzw. der Antrag nach § 256 ZPO auf Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses mit dem Antrag auf zukünftige Lohnzahlungen verbunden, findet bei der Festsetzung des Streitwerts ausschließlich § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG Anwendung.

2. Beantragt ein anwaltschaftlicher Prozeßbevollmächtigter nach Beendigung des Rechtsstreits durch Vergleich die Streitwertfestsetzung, hat das Gericht nicht den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit nach § 10 BRAGO, sondern den für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert nach §§ 9 BRAGO, 25 GKG festzusetzen.

 

Verfahrensgang

ArbG Würzburg (Beschluss vom 11.01.1988)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde des Vertreters der Staatskasse vom 29.01.1988 wird der Abhilfebeschluß des Arbeitsgerichts Würzburg – Kammer Aschaffenburg – vom 11.01.1988 aufgehoben.

II. Die Beschwerde des Rechtsanwalts Ebert vom 08.10.1987 gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Würzburg – Kammer Aschaffenburg – vom 30.09.1987 wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Am 13.03.1987 unterzeichnete der bei der Beklagten seit 1977 als Metallarbeiter beschäftigte Kläger eine Erklärung, wonach das Arbeitsverhältnis mit demselben Tage endete. Mit der Klage vom 03.04.1987 hat der durch den Beschwerdeführer zu 1) vertretene Kläger folgende Anträge gestellt:

1) Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis des Klägers bei der Beklagten durch die Erklärung vom 13.03.1987 nicht aufgelöst ist.

2) Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger weiterhin über den 13.03.1987 hinaus den monatlichen Bruttolohn (mindestens einen Stundenzeitlohn von 14,67 DM) weiterhin zu bezahlen.

3) Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Arbeitsgericht Würzburg – Kammer Aschaffenburg – hat dem Kläger durch Beschluß vom 06.08.1987 antragsgemäß Prozeßkostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und ihm den Beschwerdeführer zu 1) zur Vertretung beigeordnet. Der Rechtsstreit endete durch gerichtlichen Vergleich vom 27.08.1987. auf dessen Inhalt Bezug genommen wird.

Mit Schriftsatz vom 28.08.1987 hat der Beschwerdeführer zu 1) als Prozeßbevollmächtigter des Klägers Streitwertfestsetzung beantragt, wobei er das durchschnittliche Bruttomonatsgehalt des Klägers mit „ca. 2.400,– DM” bezifferte. Das Arbeitsgericht Würzburg – Kammer Aschaffenburg – hat mit Beschluß vom 30.09.1987 den Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit „gemäß den §§ 10 BRAGO, 12 Abs. VII ArbGG, 3 ff ZPO” auf 7.200,– DM festgesetzt. Auf die Beschwerde vom 08.10.1987. mit der der Beschwerdeführer zu 1) wegen der Ziffer 2 des Klageantrages Festsetzung des Gegenstandswertes auf 16.220,60 DM begehrt, hat das Arbeitsgericht nach Anhörung des Bezirksrevisors beim Landesarbeitsgericht Nürnberg am 11.01.1988 folgenden Beschluß erlassen:

  1. Auf die Beschwerde des Rechtsanwalts vom 08.10.1987 wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Würzburg – Kammer Aschaffenburg – vom 30.09.1987 dahingehend abgeändert, daß der Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit auf DM 11.420,60 festgesetzt wird.

    Im übrigen wird der Beschwerde nicht abgeholfen.

  2. Vorlage an das Landesarbeitsgericht Nürnberg mit der Bitte um Entscheidung.

Das Arbeitsgericht hat diesen Beschluß dem Bezirksrevisor als Vertreter der Staatskasse (§ 4 a der Verordnung über die gerichtliche Vertretung des Freistaates Bayern vom 08.02.1977 – GVBl 1977 Seite 88 – und Nr. 19 der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung vom 03.08.1987 über das Kostenwesen und den Prüfungsbeamten in der Arbeitsgerichtsbarkeit – AMBl Nr. 17/1987 A 127) am 27.01.1988 formlos mitgeteilt. Dieser hat am 29.01.1988 Beschwerde eingelegt und begehrt die Aufhebung des Abhilfebeschlusses.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerden sind zulässig. Der Beschwerdeführer zu 1) ist als Prozeßbevollmächtigter des Klägers für die Festsetzung des Streitwertes aus eigenem Recht antrags- und beschwerdeberechtigt (§ 9 Abs. 2 Satz 1 BRAGO i.V.m. § 25 GKG). Das gilt auch für den Beschwerdeführer zu 2) als Vertreter der Staatskasse, deren Interesse sich aus der Kostentragungspflicht aufgrund der dem Kläger gewährten Prozeßkostenhilfe ergibt (§ 25 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 GKG; Hartmann Kostengesetze. 22. Auflage 1987, § 25 GKG 4 A b; Hillach/Rohs. Handbuch des Streitwerts in Bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten 6. Auflage 1986. § 97 X. jeweils m.w.N.). Der Beschwerdewert beträgt nach der Differenz der Gebühren aus dem beantragten und dem festgesetzten Streitwert (Zöller-Schneider ZPO. 15. Auflage 1987. Rdnr. 48 zu § 567) für beide Beschwerdeführer mehr als 100,– DM.

Die Beschwerden sind form- und fristgerecht eingelegt (§ 25 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 4. § 5 Abs. 2 Satz 6 GKG, § 569 ZPO). Die entgegen der Regelung des § 569 Abs. 1 Halbsatz 1 ZPO an das Landesarbeitsgericht gerichtete Beschwerde des Vertreters der Staatskasse mußte nicht beim Arbeitsgericht Würzburg als Ausgangsgericht eingelegt werden. Der Zweck dieser Bestimmung liegt darin, dem Arbeitsgericht die Möglichkeit der Abhilfeentscheidung zu...

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