Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe für Übersetzungskosten im Rahmen des Bewilligungsverfahrens bei grenzüberschreitendem Rechtsstreit
Leitsatz (amtlich)
1. Für das Prozesskostenhilfeverfahren selbst kann grundsätzlich Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden.
2. In einem grenzüberschreitenden Rechtsstreit ist die Richtlinie 2003/8/EG anzuwenden. Danach ist Prozesskostenhilfe auch für Übersetzungskosten zu bewilligen, die anfallen, wenn im Verfahren um die Bewilligung von Prozesskostenhilfe dem Gericht Schriftstücke oder Anlagen in übersetzter Form vorgelegt werden müssen.
3. Auch in diesen Fällen ist zu prüfen, ob die Vorlage der Schriftstücke und somit ihre Übersetzung erforderlich waren.
Normenkette
ZPO § 114; RL 2003/8/EG Art. 7-8, 12; RVG § 46; ZPO § 114 Abs. 1 S. 1; RVG § 46 Abs. 2 S. 3
Verfahrensgang
ArbG Weiden (Entscheidung vom 19.04.2017; Aktenzeichen 1 Ca 1442/16) |
Tenor
1. Der Beschluss des Arbeitsgerichts Weiden vom 19.04.2017 wird teilweise abgeändert.
2. Dem Kläger wird für die im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens angefallenen Übersetzungskosten in Höhe von 40,00 € Prozesskostenhilfe bewilligt.
3. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
4. Für diesen Beschluss werden Gebühren nicht erhoben.
Gründe
I.
Die Parteien stritten vor dem Arbeitsgericht Weiden in der Hauptsache um die Wirksamkeit einer Kündigung.
Mit Schriftsatz vom 06.01.2017 beantragte der Kläger u.a., den Prozesskostenhilfebewilligungsbeschluss auch auf die im Verfahren für die Übersetzung der Anlagen zum Prozesskostenhilfeantrag anfallenden Übersetzungskosten zu erstrecken.
Das Verfahren endete am 31.01.2017 mit dem Abschluss eines Vergleichs.
Mit Beschluss vom selben Tag bewilligte das Erstgericht dem Kläger Prozesskostenhilfe und ordnete ihm Frau Rechtsanwältin J... als Prozessvertreterin bei.
Mit Schriftsatz vom 16.03.2017 beantragte die Prozessvertreterin des Klägers, Übersetzungskosten in Höhe von insgesamt 380,00 € festzusetzen. Der Betrag resultierte aus zwei Rechnungen von Frau Z... vom 30.01.2017 (115,00 €) und vom 28.02.2017 (265,00 €), die für Übersetzungstätigkeiten gestellt wurden (s. Kostenheft unter IV).
Unter dem 05.04.2017 führte die Prozessvertreterin des Klägers aus, über den Antrag, den Prozesskostenhilfebewilligungsbeschluss auch auf die im Verfahren für die Übersetzung der Anlagen zum Prozesskostenhilfeantrag anfallenden Übersetzungskosten zu erstrecken, sei noch nicht entschieden worden.
Außerdem machte sie als eigene Auslagen gemäß § 46 RVG die Übersetzungskosten aus der Rechnung vom 28.02.2017 geltend und beantragte insoweit, die Erforderlichkeit der geltend gemachten Übersetzungskosten gemäß § 46 Absatz 1 RVG festzustellen.
Das Arbeitsgericht Weiden erließ am 19.04.2017 folgenden Beschluss:
Der Antrag des Klägers, im Rahmen des Verfahrens der Bewilligung von Prozesskostenhilfe die Bewilligung auch auf die im Verfahren für die Übersetzung der Anlagen zum Prozesskostenhilfeantrag anfallenden Übersetzungskosten zu erstrecken, wird zurückgewiesen.
Der Beschluss wurde dem Kläger am 28.04.2017 zugestellt.
Der Kläger legte gegen den Beschluss am 24.05.2017 sofortige Beschwerde ein.
In seinem Schriftsatz vom 02.06.2017 trug der Kläger vor, die Position 3 der Rechnung vom 28.02.2017 sei versehentlich darin aufgenommen worden. Der Kostenfestsetzungsantrag vom 16.03.2017 werde in Höhe von 115,00 € zurückgenommen.
Mit Beschluss vom 08.06.2017 stellte das Arbeitsgericht die Erforderlichkeit von Übersetzungskosten in Höhe von 150,00 € fest.
II.
Es wird zunächst klargestellt, dass Gegenstand der vorliegenden Beschwerde (ausschließlich) der Beschluss des Arbeitsgerichts Weiden vom 19.04.2017 ist, mit dem der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe bezüglich der Übersetzungskosten laut Rechnung vom 30.01.2017 im Prozesskostenhilfeverfahren abgelehnt worden ist.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Sie ist statthaft, § 127 Absatz 2 Satz 2 ZPO, sowie ordnungsgemäß eingelegt worden, §§ 127 Absatz 3, 569 ZPO.
Die sofortige Beschwerde ist nur teilweise begründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Prozesskostenhilfe hinsichtlich der im Prozesskostenhilfeverfahren angefallenen Übersetzungskosten in der geltend gemachten Höhe.
Allerdings steht der Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht bereits entgegen, dass im Rahmen des § 114 ZPO grundsätzlich Prozesskostenhilfe nicht für das Prozesskostenhilfeverfahren selbst gewährt werden kann. Dies folgt aus dem Wortlaut des § 114 ZPO, der die Prozesskostenhilfe (nur) für die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung vorsieht, und entspricht ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung (Bundesgerichtshof - Beschluss vom 29.06.2010 - VI ZA 3/09; juris).
Dies gilt allerdings nicht, wenn es sich um einen Rechtsstreit mit grenzüberschreitendem Charakter handelt. Vielmehr ist in diesen Fällen die Richtlinie 2003/8/EG des Rates vom 27. Januar 2003 zur Verbesserung des Zugangs zum Recht bei Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug durch Festlegung gemeinsamer Mindestvor...