Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozeßkostenhilfe. Berücksichtigung der Einkünfte einer Haushaltsgemeinschaft. Aufforderung zur sofortigen Erstattung aller Kosten gem. § 120 Abs. 4 ZPO. Feststellung
Leitsatz (amtlich)
1. Wirtschaftliche Vorteile, die der Antragsteller aus einer Haushaltsgemeinschaft zieht, sind bei der Feststellung des einzusetzenden Einkommens im Sinn von § 115 Abs. 1 Satz 2 ZPO zu berücksichtigen. Im Regelfall ist dem Antragsteller dafür die Hälfte des Betrages zuzurechnen, um den die Nettoeinkünfte des Partners die Nettoeinkünfte des Antragstellers übersteigen.
2. Gemäß § 120 Abs. 4 ZPO kann bei entsprechender Verbesserung der Einkommens- oder Vermögenslage die sofortige Erstattung aller von der Staatskasse verauslagten Rechtsanwaltskosten und der Gerichtskosten verlangt werden. Die gegen eine solche Entscheidung gerichtete Beschwerde ist schon dann zurückzuweisen, wenn die ab dem Zugang des Änderungsbeschlusses bis zur Beschwerdeentscheidung angefallenen Raten den geforderten Erstattungsbetrag übersteigen.
Verfahrensgang
ArbG Weiden (Beschluss vom 12.01.1989; Aktenzeichen 4 Ca 357/88) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin vom 16.01.1989 gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Weiden vom 12.01.1989 wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die Klägerin hatte mit Schriftsatz vom 18.07.1988, eingegangen beim Arbeitsgericht Meiden am 19.07.1988, Prozeßkostenhilfebewilligung und Anwaltsbeiordnung beantragt. In der Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hatte sie angegeben, sie habe bis 01.06.1988 monatliche Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von ca. 700,– DM erzielt; ihr Ehegatte habe monatliche Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 1.800,– DM; an Grundvermögen sei ein 1963 bezugsfertig gewordenes Familienheim mit einem Verkehrswert von 80.000,– DM vorhanden.
Mit Beschluß des Arbeitsgerichts Weiden vom 19.07.1988 wurde der Klägerin Prozeßkostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt Dr. M. zur Vertretung beigeordnet; Monatsraten wurden nicht festgesetzt.
Mit Schreiben des Rechtspflegers vom 01.12.1988 wurde die Klägerin aufgefordert, zum Zweck der Prüfung einer wesentlichen Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erneut eine entsprechende Erklärung abzugeben. Dem kam die Klägerin am 09.01.1989 nach. Sie gab nunmehr an, sie beziehe ein monatliches Arbeitslosengeld in Höhe von 482,40 DM, ihr Ehegatte habe Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 16,70 DM brutto pro Stunde und aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von monatlich 220,– DM. Aus der Erklärung ist ferner ersichtlich, daß als Vermögen neben einem Zweifamilienwohnhaus Kapitalvermögen in Höhe von 15.000,– DM vorhanden ist.
Am 12.01.1989 hat das Arbeitsgericht Weiden durch Beschluß des Rechtspflegers wie folgt erkannt:
1. Der Beschluß des Arbeitsgerichts Weiden i.d.OPf. vom 19.07.1988 wird abgeändert.
2. Die Klägerin hat die von der Staatskasse verauslagten Rechtsanwaltskosten und die Gerichtskosten, die in diesem Verfahren angefallen sind, auf einmal an die Staatskasse zu erstatten.
Gegen diesen Beschluß hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 16.01.1989, eingegangen beim Arbeitsgericht Weiden am 17.01.1989, „Beschwerde” erhoben.
Sie meint, § 120 Abs. 4 ZPO sei als Rechtsgrundlage für den Beschluß vom 12.01.1989 nicht einschlägig. Eine Aufhebung des Beschlusses vom 19.07.1988 komme allenfalls gemäß § 124 ZPO in Betracht, dessen Voraussetzungen jedoch nicht vorlägen. Im übrigen komme es auf die Einkommensverhältnisse ihres Ehegatten nicht an.
Der Rechtspfleger hat die Beschwerde der Klägerin als Erinnerung gewertet, er hat der Erinnerung jedoch nicht abgeholfen und in seiner diesbezüglichen Entscheidung vom 18.01.1989 die Ansicht vertreten, die Einkünfte der Klägerin betrügen monatlich 1.288,07 DM. Es müsse nämlich davon ausgegangen werden, daß nach allgemeiner Lebenserfahrung zusammenlebende Eheleute ihre jeweiligen Einkünfte zusammenlegen und die Kosten ihrer Lebensführung aus dem „gemeinsamen Topf” bestreiten. Diese Sicht entspreche auch dem im Sozialhilferecht geltenden Einkommensbegriff und sei deshalb geboten, weil es sich bei der Prozeßkostenhilfe um eine Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege handle.
Nach Einführung des § 120 Abs. 4 ZPO sei eine Änderung der Entscheidung über zu leistende Zahlungen möglich, wenn sich die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse seit der Bewilligung verbessert oder verschlechtert haben. Dabei könne auch die sofortige Zahlung aller bereits fälligen Kosten angeordnet werden. Vorliegend sei dies aufgrund der genannten Einkommensverhältnisse der Klägerin und unter Berücksichtigung des vorhandenen Vermögens geboten.
Auch wenn man von einem Anspruch der Klägerin auf Prozeßkostenvorschuß gemäß § 1360 a Abs. 4 BGB oder § 138 Abs. 1 AFG ausgehe, ändere dies an dem Ergebnis nichts.
Am 08.03.1989 erließ das Arbeitsgericht Weiden durch den Vorsitzenden der 4. Kammer folgenden Beschluß:
1. Der Erinnerung der Klägerin vom 16.1.1989 gegen den Beschluß des ...