Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsentgelt
Leitsatz (amtlich)
Die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen ergibt sich aus § 3 ArbGG auch in den Fällen, in denen ein Insolvenzverwalter für einen von ihm begründeten arbeitsrechtlichen Anspruch gem. § 60 InsO persönlich haftet.
Normenkette
GVG § 17a Abs. 2-3; ArbGG § 3; InsO § 60
Verfahrensgang
ArbG Bayreuth (Beschluss vom 24.07.2003; Aktenzeichen 2 Ca 548/03 H) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bayreuth/Kammer Hof vom 24.07.2003, Aktenzeichen: 2 Ca 548/03 H, in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 20.08.2003 abgeändert.
2. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen wird für gegeben erklärt.
3. Der Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
5. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf EUR 883,47 festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Der Beklagte führt den Rechtsstreit als Rechtsnachfolger der Gemeinschuldnerin im Sinne des § 3 ArbGG.
- Nach der inzwischen – nach der Entscheidung des Arbeitsgerichts – ergangenen neuesten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (insbes: Beschluss vom 09.07.2003, Az. 5 AZB 34/03, EzA § 3 ArbGG 1979 Nr. 5) ist der Begriff der „Rechtsnachfolge” weit auszulegen. Nach dem Zweck der Zuständigkeitsregelung des § 3 ArbGG kommt es nicht entscheidend darauf an, ob der Schuldner einer Verbindlichkeit aus dem Arbeitsverhältnis wechselt. Deshalb hat die Rechtsprechung auch solche Fallgestaltungen als Rechtsnachfolge im Sinne des § 3 ArbGG beurteilt, bei denen ein Wechsel auf Seiten des Gläubigers oder Schuldners nicht stattfindet, sondern ein Dritter als Schuldner derselben Verbindlichkeit neben den Arbeitgeber tritt. Zu nennen sind etwa der Schuldbeitritt, die Pfändung oder Verpfändung von Ansprüchen sowie die Verfolgung von Ansprüchen aus Verträgen zu Gunsten Dritter oder mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter. § 3 ArbGG erweitert den Zuständigkeitskatalog ebenso für den Fall der gesellschaftsrechtlichen Durchgriffshaftung. Ein im Wege des Durchgriffs erhobener Anspruch behält seine arbeitsrechtliche Natur. Gerade für solche Fälle, in denen Dritte in die Parteirolle des ursprünglichen Arbeitsverhältnisses geraten, will § 3 ArbGG gewährleisten, dass nicht Gerichte verschiedener Gerichtsbarkeiten über denselben Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis entscheiden müssen (BAG vom 09.07.2003, a.a.O.)
- Diese Gesichtspunkte treffen auch für die persönliche Haftung des Insolvenzverwalters nach § 60 InsO zu. Haftet ein Insolvenzverwalter für einen von ihm begründeten arbeitsrechtlichen Anspruch persönlich, kommt ihm gleichsam die Stellung eines Ersatzarbeitgebers zu. Dies muss auch gelten für Fallgestaltungen der vorliegenden Art, wenn ein Arbeitnehmer sich darauf beruft, es sei vom Insolvenzverwalter über die für die Abfindungshöhe maßgebenden Umstände nicht richtig informiert worden (vgl. BAG a.a.O.). Die zwischen dem Kläger und dem Beklagten als Insolvenzverwalter entstandene Rechtsbeziehung knüpft allein daran an, dass der Insolvenzverwalter anstelle des eigentlichen Arbeitgebers über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger verhandelte. Der Streit geht im Kern nicht um die Höhe der Quote, sondern um die Höhe der zwischen dem Kläger und dem Insolvenzverwalter wegen der Teilbetriebsstilllegung sozialplanähnlich zu vereinbarenden Abfindung. Die Höhe der zu erwartenden Quote war dabei nur Motiv für die Höhe des letztlich vereinbarten Abfindungsbetrages. Damit ist der Insolvenzverwalter überwiegend in seiner Stellung als „Vertreter” des Arbeitgebers, weniger in seinen Pflichten bei der Verteilung der Masse betroffen. Damit sind die Gerichte für Arbeitssachen für den zwischen den Parteien geführten Streit zuständig.
- Über die örtliche Zuständigkeit war vorliegend nicht zu befinden, da die diesbezügliche Entscheidung des Arbeitsgerichts nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 ArbGG nicht angreifbar ist. Ob die Außenkammer Hof des Arbeitsgerichts Bayreuth oder das Hauptgericht in Bayreuth zuständig ist, ist eine Frage der Bestimmungen des Geschäftsverteilungsplanes des Arbeitsgerichts Bayreuth.
- Der Beklagte hat als im Beschwerdeverfahren Unterlegener die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach § 91 ZPO zu tragen. § 17 b Abs. 2 GVG gilt für das Beschwerdeverfahren nicht (vgl. hierzu BGH vom 17.06.1993, NJW 1993, 2541, 2542; LAG Nürnberg vom 21.05.2001, NZA-RR 2002, 327, 328; LAG Nürnberg vom 20.08.2002, 6 Ta 63/02, AR-Blattei ES „Arbeitnehmerähnliche Personen” Nr. 17; BAG vom 07.04.2003, Az. 5 AZB 2/03).
- Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf § 25 Abs. 2 GKG. Im Verfahren auf Bestimmung des Rechtsweges erscheint regelmäßig ein Betrag in Höhe von 1/3 des Hauptsachestreitwertes als angemessen (LAG Nürnberg vom 20.08.2002, a.a.O.; BAG vom 09.07.2003, a.a.O.).
- Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht kein gesetzlich begründeter Anlass.
Unterschriften
Der Vorsitzende: Malkmus Vorsitzender Richter ...