Entscheidungsstichwort (Thema)
Unbegründeter Eilantrag auf vorläufige Amtsenthebung eines Betriebsratsmitglieds
Leitsatz (amtlich)
Ein Betriebsratsmitglied ist erst aus dem Amt ausgeschlossen, wenn seine Amtsenthebung aufgrund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung feststeht. Die vorläufige Amtsenthebung eines Betriebsratsmitglieds im Wege einer einstweiligen Verfügung ist daher grundsätzlich ausgeschlossen. Sie kann nicht allein darauf gestützt werden, dass ein grober Verstoß gegen betriebsverfassungsrechtliche Pflichten vorliege, sondern kommt erst in Betracht, wenn Umstände vorliegen, die ein Belassen im Amt als unzumutbar für das Betriebsratsgremium, den Arbeitgeber und/oder die Belegschaft erscheinen lassen.
Normenkette
BetrVG § 23 Abs. 1; ArbGG § 85 Abs. 2; ZPO §§ 935, 940; ArbGG § 85 Abs. 2 Sätze 1-2
Verfahrensgang
ArbG Würzburg (Entscheidung vom 21.10.2015; Aktenzeichen 9 BVGa 5/15) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Würzburg vom 21.10.2015 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes um die vorläufige Amtsenthebung eines Betriebsratsmitglieds.
Der Antragsteller ist der 15köpfige Betriebsrat der Beteiligten zu 3. Der Antragsgegner ist in der Betriebsratswahl am 26.03.2014 (erstmals) in den Betriebsrat gewählt worden. In der konstituierenden Sitzung des Betriebsrats am 01.04.2014 wurde Herr E... zum Betriebsratsvorsitzenden gewählt.
Im Betrieb der Beteiligten zu 3 besteht ein Vertrauenskörper der Gewerkschaft IG-Metall.
Der Antragsgegner sowie Herr E... gaben zahlreiche Protokolle über die Betriebsratssitzungen an den Vertrauenskörper der IG-Metall weiter. Die Protokolle enthielten persönliche Daten von Mitarbeitern der Beteiligten zu 3.
Die Geschäftsführung der Beteiligten zu 3 informierte den Antragsteller in einer außerordentlichen Betriebsratssitzung über die Weitergabe personenbezogener Daten an Dritte durch den Antragsgegner und Herrn E....
In der Sitzung vom 10.09.2015 beschloss der Antragsteller, gegen den Antragsgegner ein Verfahren auf Amtsenthebung einzuleiten.
Das Amtsenthebungsverfahren wurde am 29.09.2015 beim Arbeitsgericht Würzburg anhängig gemacht. Gleichzeitig wurde der vorliegende Antrag beim Arbeitsgericht Würzburg eingereicht.
Mit Beschluss vom 21.10.2015 wies das Arbeitsgericht sowohl den Antrag auf Amtsenthebung als auch den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ab.
Der Beschluss wurde dem Antragsteller am 23.10.2015 zugestellt.
Der Antragsteller legte gegen den Beschluss am 12.11.2015 Beschwerde ein und begründete sie am 28.12.2015.
Im Hauptsacheverfahren legte der Antragsteller ebenfalls Beschwerde zum Landesarbeitsgericht Nürnberg ein. Das Verfahren ist unter dem Aktenzeichen 3 TaBV 48/15 anhängig. In diesem Beschwerdeverfahren ist noch kein Termin bestimmt.
Der Antragsteller macht geltend, das Verhalten des Antragsgegners stelle einen groben Verstoß gegen betriebsverfassungsrechtliche Pflichten dar. Der Antragsgegner habe auch schuldhaft gehandelt. Er habe an Betriebsratsschulungen teilgenommen und dort zweifelsohne Kenntnis davon erworben, dass die Weitergabe personenbedingter Daten unzulässig sei.
Auch der Verfügungsgrund sei gegeben. Die Verhaltensweise des Antragsgegners habe in der Belegschaft zu erheblichen Irritationen geführt. Das zeige sich auch daran, dass seitens der Belegschaft Strafanzeigen gegen den Antragsgegner gestellt worden seien. Es fänden regelmäßig Betriebsratssitzungen statt, bei denen immer wieder Themen, insbesondere auch zu personellen Einzelmaßnahmen nach § 99 BetrVG, besprochen würden. Mangels der Einsichtigkeit des Antragsgegners sei zu befürchten, dass weiterhin sensible Daten an Unbefugte weitergegeben würden. Dieses Risiko könne er, der Antragsteller, nicht eingehen. Das ungestörte Arbeiten im Betriebsrat sei auch nicht mehr gewährleistet, da die Protokolle über die Betriebsratssitzungen nicht mehr an die Betriebsratsmitglieder verteilt würden. Aufgrund der laufenden Sitzungen könne nicht abgewartet werden, bis in der Hauptsache entschieden werde.
Der Antragsteller beantragt:
1. Der Beschluss des Arbeitsgerichts Würzburg vom 21.10.2015 (Az. 9 BVGa 5/15) wird abgeändert und dem Antragsgegner die weitere Amtsausübung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag auf Ausschluss aus dem Betriebsrat untersagt.
2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Der Beteiligte zu 2) und Beschwerdegegner beantragt:
1. die Beschwerde zurückzuweisen.
2. den Gegenstandswert festzusetzen.
Der Antragsgegner rügt, bei der Einleitung des Verfahrens habe es keinen wirksamen Betriebsratsbeschluss gegeben.
Es liege zudem ein grober Pflichtverstoß nicht vor. Der ehemalige Betriebsratsvorsitzende E... habe ihm gesagt, er könne die Unterlagen weitergeben. Auf dessen 30jährige Erfahrung als Betriebsrat habe er sich verlassen. Eine Schulung im Datenschutz habe er nicht erhalten.
Der Antragsgegner trägt vor, er habe sich bereits am 27.08.2015 sowie am 03.09.2015 ...