Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermessensfehlerfreie Entscheidung des Erstgerichts, wenn in einem Zustimmungserzwingungsverfahren, die Eingruppierung von vier Arbeitnehmern betreffend, nur einmal der volle Hilfswert des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG in Ansatz gebracht wird und für jeden weiteren Einzelfall nur ein Bruchteil davon. Zustimmungsersetzung. Gegenstandswertfestsetzung
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei einem Beschlussverfahren, das mehrere personelle Einzelmaßnahmen betrifft, die wiederum auf einer einheitlichen unternehmerischen Vorgehensweise beruhen und im Rahmen eines gemeinsam durchgeführten Mitbestimmungsverfahrens vom Betriebsrat behandelt worden sind, kann eine angemessene Herabsetzung des Gegenstandswertes für jede einzelne personelle Maßnahme geboten sein.
2. Das Gericht kann den Hilfswert des § 23 Abs. 3 S. 2 RVG pro betroffener Einzelmaßnahme auf einen Bruchteil reduzieren. Im Rahmen des dem Arbeitsgericht eingeräumten Ermessens kann bei einer Mehrzahl von Einzelmaßnahmen auch nur für einen Fall der volle Hilfswert und für jeden weiteren Fall ein erheblich geringerer Bruchteil in Ansatz gebracht werden.
Normenkette
RVG §§ 23, 33; BetrVG § 101
Verfahrensgang
ArbG Nürnberg (Beschluss vom 07.03.2006; Aktenzeichen 2 BV 169/04) |
Tenor
Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 07.03.2006, Az.: 2 BV 169/04, wird zurückgewiesen
Tatbestand
I.
Der Antragsteller hat mit Schriftsatz vom 30.11.2004 beantragt, die Antragsgegnerin zur Durchführung eines Zustimmungsersetzungsverfahrens zu verpflichten, das die Eingruppierung von vier Mitarbeitern betreffen sollte.
Nach Durchführung eines Gütetermins ist wegen der Einigung über die richtige Eingruppierung in drei Fällen und Einleitung eines Zustimmungsersetzungsverfahrens im vierten Fall der Antrag wieder zurückgenommen worden.
Das Arbeitsgericht hat den Gegenstandswert zum Zwecke der anwaltlichen Gebührenberechnung durch Beschluss vom 07.03.2006 auf EUR 8.000,– festgesetzt.
Gegen den ihnen am 08.03.2006 zugestellten Beschluss haben die Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers mit dem noch am selben Tag beim Arbeitsgericht Nürnberg eingegangenen Schriftsatz vom 20.03.2006 Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdeführer halten angesichts der streitigen Vergütungsgruppen einen Gegenstandswert von EUR 20.000,– für sachgerecht und angemessen.
Das Erstgericht hat mit Beschluss vom 24.05.2006 der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht Nürnberg zur Entscheidung vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
Sie ist statthaft, § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG, denn sie richtet sich gegen einen Beschluss, durch den der Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit gemäß § 33 Abs. 1 RVG festgesetzt worden ist.
Die Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers sind beschwerdeberechtigt gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt EUR 200,–, denn bereits die einfache Gebührendifferenz zwischen dem festgesetzten und dem begehrten Gebührenstreitwert beträgt nach der Anlage 2 zum RVG EUR 234,–.
Die Frist von zwei Wochen für die Einlegung der Beschwerde nach § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG wurde gewahrt.
2. Die Beschwerde ist sachlich nicht begründet.
Die vom Erstgericht bei der Gegenstandswertfestsetzung nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG zu treffende Ermessensentscheidung erfolgte fehlerfrei. Das Erstgericht hat die bei der gebührenrechtlichen Bewertung eines i.R.d. § 101 Satz 1 BetrVG geführten Beschlussverfahrens zu berücksichtigenden Umstände ausreichend gewürdigt.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Beschwerdegerichts kann die Ermessensentscheidung des Erstgerichts nur auf Ermessensfehler überprüft werden, wohingegen das Beschwerdegericht keine eigene hiervon unabhängige Ermessensentscheidung zu treffen hat (so LAG Nürnberg vom 05.05.1986 – 1 Ta 3/85 – LAGE Nr. 53 zu § 12 ArbGG 1979 Streitwert, vom 07.04.1999 – 6 Ta 61/99 – NZA 1999,840; vom 27.11.2003 – 9 Ta 154/03 – AR-Blattei ES 160.13, Nr. 256; vom 02.12.2003 – 9 Ta 190/03 – AR-Blattei ES 160.13, Nr. 255; vom 21.05.2005 – 9 Ta 137/05 – LAGE Nr. 1 zu § 23 RVG).
b) Bei einem Beschlussverfahren im Rahmen des § 101 BetrVG handelt es sich um eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten i.S.d. § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG und ist die gebührenrechtliche Bewertung nach dieser Vorschrift vorzunehmen. Insoweit kann auch auf die zur Vorgängerregelung (§ 8 Abs. 2 Satz 2 BRAGO) ergangene Rechtsprechung zurückgegriffen werden (so LAG Nürnberg vom 30.05.2006 – 4 Ta 73/06 – zur Veröffentlichung vorgesehen; Sächsisches LAG vom 31.03.2004 – 4 Ta 34/04 (1) – LAGE Nr. 1 zu § 101 BetrVG 2001; vgl. hierzu auch: LAG Nürnberg vom 21.07.2005 – 9 Ta 137/05 – LAGE Nr. 1 zu § 23 RVG; LAG Bremen vom 19.07.2001 – 4 Ta 33/01 – LAGE Nr. 51 zu § 8 BRAGO; LAG Berlin vom 21.10.2002 – 17 Ta (Kost) 6085/02 – NZA-RR 2003, 383; LAG Berlin vom 18.03.2003 – 17 Ta (Kost) 6009/03 – NZA 2004, 342).
In Streit stehen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates und die v...