Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachträgliche Klagezulassung bei falsch verstandenem Kündigungsdatum. Wirksamkeit der Zustellung eines nicht verkündeten Beschlusses bei Unterbrechung des Verfahrens zwischen Beschlussfassung und Zustellung. Arbeitsentgelt. Rechtswegzuständigkeit
Leitsatz (amtlich)
Für Vergütungsklagen des Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber wegen eines betrieblichen Verbesserungsvorschlages ergibt sich die Zulässigkeit des Rechtsweges zu den Gerichten für Arbeitssachen aus § 2 Abs. 1 Ziff. 3a ArbGG, in Bezug auf einfache technische Verbesserungsvorschläge i.S.d. § 20 Abs. 2 ArbNErfG und sonstige (nicht-technische) Verbesserungsvorschläge, und aus § 2 Abs. 2a ArbGG, soweit es sich um einen qualifizierten technischen Verbesserungsvorschlag i.S.d. § 20 Abs. 1 ArbNErfG handelt.
Normenkette
ArbGG § 2 Abs. 1 Ziff. 3a, Abs. 2; ArbnErfG §§ 2-3, 20, 39
Verfahrensgang
ArbG Nürnberg (Beschluss vom 11.11.2003; Aktenzeichen 9 Ca 8366/03) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 11.11.2003 – Az.: 9 Ca 8366/03 – abgeändert.
Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen wird für zulässig erklärt.
Tatbestand
I.
Der bei der Beklagten von 1970 bis 2003 beschäftigte Kläger begehrt mit seiner am 16.09.2002 zum Arbeitsgericht Nürnberg erhobenen Klage Vergütung für zehn von ihm eingereichte Verbesserungsvorschläge. Er stützt seinen Anspruch auf das bei der Beklagten geltende „3i-Programm”.
Das Arbeitsgericht Nürnberg hat im Kammertermin vom 14.10.2003 auf Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges hingewiesen. Der Kläger hat hierzu erklärt, es handle sich sämtlich um keine technischen Verbesserungsvorschläge und er mache keinerlei Ansprüche unter urheberrechtlichen Gesichtspunkten geltend.
Mit Beschluss vom 11.11.2003 hat das Arbeitsgericht Nürnberg festgestellt, dass der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten nicht eröffnet ist, und hat den Rechtsstreit an das Landgericht Nürnberg-Fürth verwiesen.
Gegen den ihnen am 18.11.2003 zugestellten Beschluss haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Telefax vom 24.11.2003 sofortige Beschwerde beim Arbeitsgericht Nürnberg eingelegt und sie innerhalb er ihnen gewährten Fristverlängerung mit weiterem Telefax vom 22.12.2003 begründet.
Das Arbeitsgericht Nürnberg hat mit Beschluss vom 02.03.2004 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht Nürnberg zur Entscheidung vorgelegt.
Auf gerichtlichen Hinweis hat der Kläger mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 27.05.2004 klargestellt, dass er nicht geltend macht, bei den streitgegenständlichen Verbesserungsvorschlägen handle es sich um Arbeitnehmererfindungen im Sinne des § 2 ArbNErfG oder sogenannte qualifizierte technische Verbesserungsvorschläge i.S.d. § 20 Abs. 1 ArbNErfG. Er mache in diesem Verfahren auch keine urheberrechtlichen Ansprüche geltend. Er begehre alleine für sogenannte nicht-technische Verbesserungsvorschläge die Vergütung, die im Rahmen der geltenden Regelungen des betrieblichen Vorschlagswesens von der Beklagten geschuldet sei.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beschwerdeakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
1.
Die gegen den Verweisungsbeschluss eingelegte sofortige Beschwerde ist statthaft, §§ 48 Abs. 1 ArbGG, 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG, und form- und fristgerecht eingelegt worden, §§ 78 Satz 1 ArbGG, 569 ZPO.
2.
Die Beschwerde ist sachlich begründet.
Sie führt zur Abänderung des angegriffenen Beschlusses und der Feststellung der Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges, denn dieser ist gemäß § 2 Abs. 1 Ziff. 3 a ArbGG eröffnet.
Der Kläger, der bei der Beklagten unstreitig als Arbeitnehmer im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG beschäftigt war, macht Vergütungsansprüche aus dem bestandenen Arbeitsverhältnis geltend. Seine Zahlungsansprüche stützt er auf die bei der Beklagten geltenden Regelungen über das betriebliche Vorschlagswesen (sogenanntes 3i-Programm).
Für solche Ansprüche sind gemäß § 2 Abs. 1 Ziff. 3 a ArbGG die Gerichte für Arbeitssachen zuständig, soweit nicht aufgrund der Spezialregelungen in §§ 39 Abs. 1 ArbNErfG bzw. 104 Satz 1 UrhG der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet wird und nicht die besondere Zuständigkeitsregelung des § 2 Abs. 2 ArbGG greift (vgl. hierzu BAG vom 30.04.1965 – 3 AZR 291/63 – AP Nr. 1 zu § 20 ArbNErfG).
Dies ist hier nicht der Fall, denn der Kläger hat im Beschwerdeverfahren ausdrücklich klargestellt, dass seine Verbesserungsvorschläge keine patent- oder gebrauchsmusterfähigen Erfindungen i.S.d. § 2 ArbNErfG sind, es sich bei ihnen auch um keine sogenannten qualifizierten technischen Verbesserungsvorschläge i.S.d. § 20 Abs. 1 ArbNErfG handelt und er für sich keinerlei Ansprüche aus dem Urheberrechtsgesetz ableitet. Damit scheidet eine Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte nach § 39 ArbNErfG und § 104 Satz 1 UrhG ebenso aus wie die Sonderregelungen des ArbNErfG für qualifizierte technische Verbesserungsvorschläge i.S.d. § 2...