Entscheidungsstichwort (Thema)
Wertfestsetzung in arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren. Keine verfahrensübergreifende Betrachtungsweise bei der Wertfestsetzung
Leitsatz (amtlich)
Bei der Festsetzung des Gegenstandswertes findet keine verfahrensübergreifende Betrachtung statt.
Leitsatz (redaktionell)
1. In arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren werden Gerichtskosten nicht erhoben. Die Wertfestsetzung richtet sich nach § 33 RVG.
2. Sind mehrere parallele Beschlussverfahren bei demselben Arbeitsgericht anhängig und dabei teilweise identische Mitbestimmungsfragen zu klären, ist eine verfahrensübergreifende Wertfestsetzung nicht möglich. Denn die Bewertung hat verfahrensbezogen zu erfolgen, zumal das RVG an die "jeweilige Angelegenheit" anknüpft.
Normenkette
RVG §§ 23, 33, 2 Abs. 2 Anl. 1 Nr. 3100 ff., §§ 7, 13, 16, 32; GKG § 2 Abs. 2, § 63
Verfahrensgang
ArbG Bayreuth (Entscheidung vom 01.12.2020; Aktenzeichen 1 BV 7/20) |
Tenor
1. Auf die Beschwerden der Beschwerdeführer wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bayreuth vom 01.12.2020, Az. 1 BV 7/20 abgeändert.
2. Der Gegenstandswert wird für die Beschwerdeführer zu 1 und 2 auf 5.000,- € festgesetzt.
Gründe
A.
Die Beteiligten stritten um die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung einer Chefarztsekretärin. Daneben waren noch zwei weitere Zustimmungsersetzungsverfahren zur Eingruppierung jeweils einer Chefarztsekretärin bei jeweils anderen Chefärzten beim Arbeitsgericht anhängig.
Dieses und die anderen Verfahren endeten durch Abschluss eines Vergleichs.
Das Arbeitsgericht setzte den Gegenstandswert mit Beschluss vom 01.12.2020 im vorliegenden Verfahren auf 1.250,- € (1/4 des Hilfswertes des § 23 Abs. 3 RVG) fest. Der Beschluss enthielt keine Rechtsmittelbelehrung.
Mit Schriftsatz vom 22.12.2020 legten die Antragstellervertreter gegen den Beschluss Beschwerde ein und beantragten, den Gegenstandswert auf 5.000,- € festzusetzen. Es sei zwischen den Beteiligten gerade streitig gewesen, ob auf die Chefarztsekretärinnen dieselben Eingruppierungsmerkmale zuträfen. Der Beteiligte zu 2 habe argumentiert, dass dies davon abhänge, welche Aufgaben der jeweilige Chefarzt jeweils übertrage.
Das Arbeitsgericht half der Beschwerde mit Beschluss vom 29.12.2020 nicht ab und legte das Verfahren dem Landesarbeitsgericht Nürnberg zur Entscheidung vor. Die Verfahren behandelten jeweils die Eingruppierung von Chefarztsekretärinnen. Sowohl in den Ausführungen zum Antrag als auch im Schreiben an den Betriebsrat werde ausgeführt, dass es sich um inhaltlich übereinstimmende oder zumindest ähnliche Tätigkeitsbeschreibungen der Chefarzt-Sekretariate handele. Die ausgetauschten Argumente seien in allen drei Beschlussverfahren nahezu identisch.
Das Landesarbeitsgericht gab den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme bis 27.01.2021.
Mit Schriftsatz vom 12.01.2021 hielten die Antragstellervertreter ihre Beschwerde aufrecht. Die Antragstellerin sei der Auffassung, dass die Tätigkeiten der Chefsekretärinnen an sich inhaltsgleich seien. Deshalb habe sie in den verschiedenen Verfahren gleichlautende Formulierungen verwendet und gleichlautende Anträge gestellt. Der Antragsgegner habe dies aber gerade anders gesehen.
Mit Schriftsatz vom 27.01.2021 unterstützten die Antragsgegnervertreter die Beschwerde. Man habe sich im Vorfeld hinsichtlich zahlreicher Eingruppierungen auf Musterverfahren geeinigt. Dies sei hinsichtlich der Chefsekretärinnen nicht möglich gewesen, da gerade Streit über die jeweils zugewiesenen Aufgaben bestanden habe und sich die Tätigkeit daher in eingruppierungsrelevanten Rahmen unterschieden habe. Da die Beklagte auf einer einheitlichen Eingruppierung bestanden habe, habe man sich letztlich auf eine einheitliche Eingruppierung in Entgeltgruppe 7 mit Zulage geeinigt, ohne dass es zu einer Anhörung oder Antragserwiderung gekommen sei.
Wegen des weiteren Vorbringens wird auf den Inhalt der Beschwerdeakte verwiesen.
B.
Die Beschwerden sind zulässig und begründet.
I. Die Beschwerden sind zulässig.
1. Im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren werden Gerichtskosten nicht erhoben (§ 2 Abs. 2 GKG). Die Wertfestsetzung richtet sich daher nicht nach § 32 RVG iVm § 63 GKG, sondern nach § 33 RVG.
2. Die erkennende Kammer sieht auch im Schriftsatz der Antragsgegnervertreter vom 27.01.2021 eine eigenständige Beschwerde, da auch sie sich gegen den Beschluss vom 01.12.2020 wendet und die Heraufsetzung des Gegenstandswerts befürwortet.
3. Gegen einen Beschluss, durch den der Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit gemäß § 33 Abs. 1 RVG festgesetzt worden ist, findet gemäß § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG eine Beschwerde dann statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,- € übersteigt. Dies ist hier der Fall, denn bereits die einfache Gebührendifferenz nach Anlage 2 zum RVG in der bis 31.12.2020 geltenden Fassung beläuft sich auf 188,- €. Im vorliegenden Fall sind mehrere Gebührentatbestände erfüllt.
Die Beschwerden sind auch rechtzeitig erhoben. Die zweiwöchige Beschwerdefrist des § 33 Abs. 3 ...