Entscheidungsstichwort (Thema)
Auflösung des Arbeitsverhältnisses
Leitsatz (amtlich)
Die auf wirtschaftlichen Überlegungen basierende Organisationsentscheidung eines Krankenhausträgers, ab einen bestimmten Stichtag in einem Klinikbereich (hier nachgeordneter Pflegedienst) kein zusätzlich einges Personal mehr einzusetzen sondern sich eines Drittunternehmens zu bedienen, vermag die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung eines Mitglieds der Jugend- und Auszubildendenvertretung gemäß § 78 a Abs. 4 Satz 1 BetrVG zu begründen.
Normenkette
BetrVG § 78a
Verfahrensgang
ArbG Bamberg (Beschluss vom 23.05.2006; Aktenzeichen 4 BV 1/06 C) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bamberg – Kammer Coburg – vom 23.05.2006, Az.: 4 BV 1/06 C, abgeändert.
2. Das mit dem Beteiligten zu 2) gemäß § 78a BetrVG begründete Arbeitsverhältnis wird aufgelöst.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Auflösung des Arbeitsverhältnisses des Beteiligten zu 2) gemäß § 78a Abs. 4 S. 1 Ziff. 2 BetrVG.
Der am 13.09.1981 geborene Beteiligte zu 2) wurde bei der Antragstellerin auf der Grundlage des schriftlichen Ausbildungsvertrages vom 14.11.2002 (Kopie Bl. 13 -15 d.A.) seit dem 01.04.2003 zum Krankenpfleger ausgebildet. Das Ausbildungsverhältnis endete mit Bestehen der Abschlussprüfung am 27.03.2006.
Seit dem 24.01.2005 ist der Beteiligte zu 2) gewähltes Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung am A..
Mit Schreiben vom 14.02.2006 (Kopie Bl. 17 d.A.) begehrte der Beteiligte zu 2) die Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis als Krankenpfleger unter Berufung auf § 78a Abs. 2 BetrVG. Die Beteiligte zu 1) teilte ihm mit Schreiben vom 15.02.2006 (Kopie Bl. 18 d.A.) mit, dass aufgrund einer Entscheidung der Geschäftsführung seit dem 01.02.2005 frei werdende Stellen für Gesundheits- und Krankenpfleger ausschließlich über ein Gestellungsverhältnis mit der Schwesternschaft C. e.V. besetzt würden und er deshalb nicht in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit der Beteiligten zu 1) übernommen werden könne.
Mit ihrem zum Arbeitsgericht Bamberg – Kammer Coburg – erhobenen Antrag begehrt die Antragstellerin die gerichtliche Auflösung des mit dem Beteiligten zu 2) gemäß § 78a BetrVG begründeten Arbeitsverhältnisses.
Wegen der Anträge der Beteiligten und ihres näheren Vorbringens im erstinstanzlichen Verfahren wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht Bamberg – Kammer Coburg – hat mit Beschluss vom 23.05.2006 den Antrag zurückgewiesen.
Es hat dies im Wesentlichen damit begründet, dass die Antragstellerin aus wirtschaftlichen Gründen bereits seit dem Jahr 2001 Umstrukturierungen im Dienstleistungsbereich durchführe. In der Entscheidung der Geschäftsführung, ab dem Jahr 2005 keine eigenen Pflegekräfte mehr einzustellen, liege keine Umgehung des § 78a BetrVG, denn die Umstrukturierungsmaßnahmen der Antragstellerin seien wirtschaftlich begründet und langfristig angelegt.
Gleichwohl sei es der Beteiligten zu 1) nicht unzumutbar, den Beteiligten zu 2) im Rahmen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses zu beschäftigen. Im Zeitpunkt des Abschlusses seiner Prüfung habe ein Bedarf an Pflegekräften bestanden. Aufgrund der großen Anzahl der eigenen Beschäftigten sei die wirtschaftliche Mehrbelastung vernachlässigbar, die der Antragstellerin dadurch entstünde, dass sie den Beteiligten zu 2) als eigenen Arbeitnehmer zu beschäftigen habe und er ihr nicht über die Schwesternschaft C. als Pflegekraft zur Verfügung gestellte werde.
Der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin hat gegen die ihm am 07.07.2006 zugestellte Entscheidung des Erstgerichts mit Telefax vom 01.08.2006 Beschwerde eingelegt und sie mit weiterem Telefax vom 06.09.2006 begründet.
Die Antragstellerin behauptet, bei Abschluss des Ausbildungsverhältnisses habe keine für eine dauerhafte Weiterbeschäftigung des Beteiligten zu 2) geeignete freie Stelle existiert. Zwar habe durchaus ein Beschäftigungsbedarf bestanden. Dieser werde jedoch aufgrund des Gestellungsvertrages mit der Schwesternschaft C. e.V. alleine durch das von dieser Einrichtung zur Verfügung gestellte Pflegepersonal abgedeckt. Die getroffene unternehmerische Entscheidung beruhe alleine auf wirtschaftlichen Überlegungen und diene nicht einer Umgehung des § 78a BetrVG. Aufgrund der von den Gerichten hinzunehmenden Organisationsentscheidung sei ein freier Arbeitsplatz für die Beschäftigung eines eigenen Mitarbeiters nicht vorhanden. Das Fehlen einer freien Stelle genüge, um die Unzumutbarkeit einer Weiterbeschäftigung i.R.d. § 78a Abs. 4 S. 1 BetrVG zu begründen. Auf die geringen wirtschaftlichen Auswirkungen der Schaffung einer zusätzlichen Stelle könne im Rahmen der Unzumutbarkeitserwägungen nicht abgestellt werden.
Ein weiterer Einsatz des Beteiligten zu 2) am A. sei ohne weiteres möglich, wenn dieser bereit wäre, ein Anstellungsverhältnis mit der Schwesternschaft C. zu begründen.
Die Antragstellerin und Besc...