Entscheidungsstichwort (Thema)
Gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen. Betriebsratswahl. Einstweilige Verfügung. einstweiliger Verfügung/Arrest
Leitsatz (amtlich)
1. Für die Annahme eines gemeinsamen Betriebs mehrerer Unternehmen ist entscheidend, dass sich die Unternehmen zumindest stillschweigend zu einer gemeinsamen Führung rechtlich verbunden haben, die sich auf die wesentlichen Arbeitgeberfunktionen in personellen und sozialen Angelegenheiten erstreckt.
2. Für die Frage eines Erlasses einer einstweiligen Verfügung zur Vorbereitung einer Betriebsratswahl ist von dem betrieblichen Rahmen auszugehen, der wahrscheinlich den Vorgaben des § 1 Abs. 1 BetrVG entspricht und damit die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Wahlanfechtung geringer erscheinen lässt als bei Annahme einer anderen für die Betriebsratswahl in Frage kommenden betrieblichen Einheit.
Normenkette
BetrVG § 1 Abs. 1 S. 2, Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Bamberg (Beschluss vom 17.01.2006; Aktenzeichen 2 BVGa 1/06) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bamberg vom 17.01.2006, Aktenzeichen: 2 BVGa 1/06, abgeändert.
2. Der Antragsgegnerin zu 1. wird aufgegeben, eine nach Geschlechtern geordnete Liste aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Firma A… GmbH jeweils mit Familienname, Vorname, Geburtsdatum, Eintrittsdatum und Angabe der Berufsbezeichnung zu erstellen und an den Antragsteller herauszugeben.
3. Der Antragsgegnerin zu 1. wird aufgegeben, eine nach Geschlechtern geordnete Liste aller bei ihr eingesetzten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eines anderen Arbeitgebers jeweils mit Familienname, Vorname, Geburtsdatum, Angabe der Berufsbezeichnung, vorgesehener Überlassungsdauer und Tag des Einsatzbeginns zu erstellen und an den Antragsteller herauszugeben.
4. Der Antragsgegnerin zu 1. wird aufgegeben, eine Liste ihrer Beschäftigten, die sie als leitende Angestellte ansieht, zu erstellen und an den Antragsteller herauszugeben.
5. Der Antragsgegnerin zu 2. wird aufgegeben, eine nach Geschlechtern geordnete Liste aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Firma B… mbH jeweils mit Familienname, Vorname, Geburtsdatum, Eintrittsdatum und Angabe der Berufsbezeichnung zu erstellen und an den Antragsteller herauszugeben.
6. Der Antragsgegnerin zu 2. wird aufgegeben, eine nach Geschlechtern geordnete Liste aller bei ihr eingesetzten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eines anderen Arbeitgebers jeweils mit Familienname, Vorname, Geburtsdatum, Angabe der Berufsbezeichnung, vorgesehener Überlassungsdauer und Tag des Einsatzbeginns zu erstellen und an den Antragsteller herauszugeben.
7. Der Antragsgegnerin zu 2. wird aufgegeben, eine Liste ihrer Beschäftigten, die sie als leitende Angestellte ansieht, zu erstellen und an den Antragsteller herauszugeben.
8. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Der Antragsteller begehrt mit dem vorliegenden Antrag zum Zwecke der Vorbereitung und Durchführung einer die Unternehmen der Antragsgegnerinnen zu 1. und 2. umfassenden Betriebsratswahl den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Antragsgegnerinnen zu 1. und 2. auf Herausgabe von Listen aller bei den Antragsgegnerinnen beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, einschließlich eingesetzter Leiharbeitnehmer und leitender Angestellter.
Der Antragsteller vertritt die Auffassung, die Unternehmen der Antragsgegnerinnen zu 1. und 2. bildeten einen gemeinschaftlichen Betrieb.
Die Antragsgegnerinnen treten dem entgegen.
Das Arbeitsgericht hat die Anträge mit der Begründung zurückgewiesen, vom Vorliegen eines gemeinsamen Betriebes zweier Unternehmen nach § 1 Abs. 2 BetrVG könne nicht ausgegangen werden. Auf den Inhalt des arbeitsgerichtlichen Beschlusses wird, auch hinsichtlich des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen, Bezug genommen.
Wegen des Beschwerdevorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der im Beschwerdeverfahren gewechselten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Beschwerde ist überwiegend begründet.
Anders als das Arbeitsgericht sieht die Beschwerdekammer die Voraussetzungen für den Eintritt der Vermutungswirkung des § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG nicht als schlüssig dargetan an. Im vorliegenden Fall erfolgte die Übertragung der Zustellaktivitäten bezüglich des Zustellbereichs C. nicht im Zusammenhang mit einer Unternehmensspaltung. Die Antragsgegnerin zu 2. existiert bereits seit dem Jahr 1985.
Auch beim Nichteingreifen der Vermutungstatbestände des § 1 Abs. 2 BetrVG ist das Bestehen eines gemeinsamen Betriebs der Antragsgegnerinnen jedoch nicht ausgeschlossen (vgl. BAG vom 11.02.2004, AP Nr. 22 zu § 1 BetrVG 1972 Gemeinsamer Betrieb).
Entscheidend für die Annahme eines gemeinsamen Betriebs mehrerer Unternehmen ist, dass sich die Unternehmen zumindest stillschweigend zu einer gemeinsamen Führung rechtlich verbunden haben, die sich auf die wesentlichen Arbeitgeberfunktionen in personellen und sozialen Angelegenheiten erstr...