Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen eines Vergleichsmehrwerts

 

Leitsatz (amtlich)

Kein Vergleichsmehrwert für eine Abgeltungsklausel, wenn diese aufgrund einer pauschalen, jedoch weder näher konkretisierten noch fassbaren Anspruchsbehauptung einer Partei gegenüber der anderen Partei vereinbart wurde. Auf das interne Mandatsverhältnis kommt es nicht an.

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Vergleichsmehrwert ist nur festzusetzen, wenn durch den Vergleichsabschluss ein weiterer Rechtsstreit und/oder außergerichtlicher Streit erledigt wird. Keine Werterhöhung tritt ein, wenn es sich um eine Gegenleistung zur Beilegung des Rechtsstreits handelt.

 

Normenkette

GKG §§ 63, 68; RVG §§ 32, 2 Abs. 2 Anl. 1 Nr. 1000

 

Verfahrensgang

ArbG Nürnberg (Entscheidung vom 26.11.2020; Aktenzeichen 9 Ca 4388/19)

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 26.11.2020, Az. 9 Ca 4388/19, wird zurückgewiesen.

 

Gründe

A.

Die Parteien stritten um die Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte des Klägers. Das Einkommen des Klägers betrug monatlich 7.198,33 € brutto.

Das Verfahren endete durch gerichtlich festgestellten Vergleich am 19.11.2020. Darin einigten sich die Parteien u.a. auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung, die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte, die Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses mit Bewertung sowie eine Abgeltungsklausel, wonach alle finanziellen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und anlässlich seiner Beendigung abgegolten und erledigt sind.

Das Arbeitsgericht setzte den Streitwert mit Beschluss vom 26.11.2020 für das Verfahren auf 7.198,33 (1 Monatsgehalt) und den überschießenden Vergleichswert auf 28.793,32 € (4 Monatsgehälter) fest.

Mit Schriftsatz vom 29.12.2020 legten die Vertreter des Klägers im Urteilsverfahren (künftig Beschwerdeführer) gegen diesen Beschluss "Rechtsmittel" ein und beantragten gleichzeitig die Festsetzung des Gegenstandswerts für die anwaltliche Tätigkeit.

Dabei gingen sie von einem Wert für das Verfahren von 7.198,33 € aus. Gegen die Bewertung der Ziffern 1 - 7 des Vergleichs (Ziffer 1 Beendigung des Arbeitsverhältnisses: 21.595,99 €, Ziffer 3 Entfernung der Abmahnung 7.198,33 Vergleichswert, nicht Vergleichsmehrwert. Ziffer 7 Zeugnis 7198,33, Ziffern 2, 3, 4, 6, 7 kein Vergleichsmehrwert) wandten sich die Beschwerdeführer nicht. Für die in Ziffer 8 vereinbarte Abgeltungsklausel sei jedoch ein Vergleichsmehrwert von 210.000,- € anzusetzen. Der Kläger habe in seiner E-Mail vom 11.10.2020 an den Beschwerdeführer Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld in dieser Höhe beziffert.

Der Kläger bestritt die Mandatierung der Beschwerdeführer bezüglich der in der E-Mail genannten Forderungen, da sie mit "Überlegungen" überschrieben sei.

Das Arbeitsgericht half der Beschwerde mit Beschluss vom 04.01.2021 nicht ab und legte das Verfahren dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vor. Für die Abgeltungsklausel sei ein Mehrwert nicht festzusetzen, da sich aus der E-Mail des Klägers nur entnehmen lasse, dass die in den Raum gestellten Argumente für die Vereinbarung der Höhe der Abfindung dienen sollten.

Hiergegen wandten sich die Beschwerdeführer bereits mit Schriftsatz vom 06.01.2021. Der Beschwerdeführer sei auch hinsichtlich der Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche mandatiert worden. Es habe sich um echte materiell-rechtliche Forderungen des Klägers gehandelt. Dies ergebe sich insbesondere auch aus dem vierseitigen Schreiben (Blatt 255 - 258 der Akten) und der E-Mail vom 29.10.2020 (Blatt 259 der Akten) an die Beschwerdeführer. Diese seien mit der Abgeltungsklausel erledigt. Auch sei eine entsprechende Honorarvereinbarung getroffen worden. Diesbezüglich sei mittlerweile eine Honorarklage (Teilklage) beim Amtsgericht Fürth anhängig.

Das Landesarbeitsgericht gab Gelegenheit zur Stellungnahme bis 25.01.2021.

Mit Schriftsatz vom 25.01.2021 bestritt der Kläger u.a., dass die Forderungen gegenüber der Beklagten geltend gemacht worden seien.

In einem Telefonat vom 27.01.2021 wies das Gericht die Beschwerdeführer darauf hin, dass die Streitwertfestsetzung nach der ständigen Rechtsprechung des LAG Nürnberg auch für den Vergleichsmehrwert nach § 32 RVG erfolge und ein solcher für die Abgeltungsklausel nur dann in Frage komme, wenn die Ansprüche gegenüber der Beklagten geltend gemacht worden seien. Die Beschwerdeführer sollten daher eine Rücknahme der Beschwerde in Erwägung ziehen.

Mit Schriftsatz vom 28.01.2021 behaupteten die Beschwerdeführer, dass zumindest in der ersten telefonischen Besprechung mit der gegnerischen Synikusanwältin am 12.10.2020 die möglichen Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche in den Raum gestellt worden seien für den Fall, dass eine Einigung nicht zustande komme. Nach telefonischer Rückfrage bei der gegnerischen Syndikusanwältin habe diese bestätigt, dass der Beschwerdeführer dem Landesarbeitsgericht zum Zwecke der Streitwertfestsetzung gerne so schreiben könne, dass "wie schon im ersten Telefonat ü...

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