Entscheidungsstichwort (Thema)
Ordnungsgemäße Unterschrift eines Zeugnisses. sonstiges
Leitsatz (amtlich)
1. Eine vom Arbeitgeber im Arbeitszeugnis verwendete überdimensionierte, im Wesentlichen aus bloßen Auf- und Abwärtslinien bestehende Unterschrift ist nicht ordnungsgemäß, wenn dadurch der Verdacht aufkommen kann, der Arbeitgeber wolle sich von dem Zeugnisinhalt, zu dessen Aufnahme in das Zeugnis er durch rechtskräftiges Urteil verpflichtet worden ist, distanzieren.
2. Der Arbeitgeber wird durch die Beschränkung der Freiheit, eine Unterschrift beliebig zu gestalten, nicht in unzumutbarer Weise in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 I GG) beeinträchtigt. Das auf Art. 12 GG gestützte Interesse des Arbeitnehmers an der – durch Vorlage eines ordnungsgemäßen Zeugnisses erleichterten – Wiedererlangung eines Arbeitsplatzes ist gewichtiger.
Normenkette
GewO § 109 1 I, § 6 II; BGB § 126 I; ZPO § 888 I
Verfahrensgang
ArbG Nürnberg (Beschluss vom 29.06.2005; Aktenzeichen 6 Ca 9420/03) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 29.06.2005 – Az.: 6 Ca 9420/03 – wird auf Kosten des Beschwerdeführers zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Mit rechtskräftigem Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 10.03.2004 ist der Beklagte verurteilt worden, das am 15.07.2003 ausgestellte Zeugnis der Klägerin inhaltlich abzuändern.
Daraufhin erstellte der Beklagte ein neues Zeugnis, das mit einer Unterschrift versehen war, die nach ihrem Erscheinungsbild von einem Kind stammt. Die Klägerin hat diese Unterschrift nicht akzeptiert und beim Arbeitsgericht beantragt, den Beklagten durch Verhängung eines Zwangsgeldes zur Neuausstellung des Zeugnisses unter Anbringung der vom Beklagten üblicherweise verwendeten Unterschrift zu verurteilen. Mit Beschluss vom 11.01.2005 gab das Arbeitsgericht dem Antrag statt und setzte für den Fall der Nichterfüllung ein Zwangsgeld in Höhe von EUR 2.000,– fest. Die vom Beklagten eingelegte sofortige Beschwerde blieb erfolglos. Daraufhin erstellte der Beklagte ein neues Zeugnis, versehen mit einer Unterschrift im Ausmaß von ca. 14,5 cm (breit) × ca. 10 cm (hoch) und bestehend praktisch ausschließlich aus Auf- und Abwärtslinien. Die Klägerin hält diese Form der Unterschriftsleistung ebenfalls nicht für ordnungsgemäß und damit ihren Zeugniserstellungsanspruch für nicht erfüllt. Sie hat erneut beantragt, den Beklagten durch Verhängung eines Zwangsgeldes zur Neuausstellung des Zeugnisses unter Anbringung der vom Beklagten üblicherweise verwendeten Unterschrift zu verurteilen.
Mit Beschluss vom 29.06.2005, dem Beklagtenvertreter am 01.07.2005 zugestellt, hat das Arbeitsgericht dem Antrag der Klägerin stattgegeben und ein Zwangsgeld von EUR 4.000,– verhängt. Mit Schriftsatz vom 05.07.2005, beim Landesarbeitsgericht Nürnberg am 08.07.2005 eingegangen, hat der Beklagte sofortige Beschwerde eingelegt mit der Begründung, er habe die Freiheit, jederzeit seine Unterschrift zu ändern, die Größe der Unterschrift sei ohne Bedeutung, zumal er beabsichtige, die zuletzt beanstandete Unterschrift zukünftig immer dann zu verwenden, wenn die Maße der zu unterzeichnenden Urkunde eine entsprechend große Unterschrift zuließen.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige sofortige Beschwerde ist nicht begründet.
1. Das vom Beklagten mit Schreiben vom 30.05.2005 der Klägerin übersandte (neuerliche) Zeugnis ist nicht ordnungsgemäß.
Gemäß §§ 109 I 1, 6 II GewO hat die Klägerin Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis, d.h. ein „durch Namensunterschrift” unterzeichnetes Zeugnis (§ 126 I BGB). Die Anforderungen, die an eine Unterschrift zu stellen sind, ergeben sich aus dem konkreten Zweck der jeweiligen Vorschrift, die eine Unterschrift verlangt.
Ein Zeugnis hat die Aufgabe, dem beurteilten Arbeitnehmer die Suche eines neuen Arbeitsplatzes zu erleichtern. Es soll den Arbeitsplatzanbieter, dem das Zeugnis vorgelegt wird, über persönliche Daten des Beurteilten informieren. Diese Information hat so zu erfolgen, dass beim Leser keine Zweifel über die Ernsthaftigkeit des Zeugnistextes aufkommen. Solche Zweifel werden erzeugt, wenn der beurteilende Arbeitgeber eine Unterschrift verwendet, die völlig überdimensioniert ist (hier 10 cm mal 14,5 cm) und außerdem praktisch ausschließlich in Auf- und Abwärtslinien besteht. In dieser Verbindung ihrer Merkmale weicht die vom Beklagten geleistete Unterschrift von der bei Unterschriften allgemein üblichen Gestaltung signifikant ab. Solche Unterschriften sind absolut ungebräuchlich. Dies bestätigt auch der Beklagte selbst, der sich bislang stets einer im Rahmen des Üblichen gehaltenen Unterschrift befleißigt hat (vgl. z.B. Zwischenzeugnis vom 11.06.2003).
Durch die vom Beklagten im beanstandeten Zeugnis gewählte Unterschrift wird beim Leser der Verdacht erzeugt, der Unterzeichner stehe nicht hinter dem Text des Zeugnisses, er wolle sich vielmehr distanzieren, er wolle in dieser Hinsicht ein Signal an den Leser aussenden, z.B. weil er – wie im vorliegenden Fall – ...