Leitsatz (amtlich)

Ist die Unterbringung dem „Betreuten Wohnen” angenähert, wobei der Schwerpunkt auf Selbstversorgung liegt, ist keine Heimzulage zu zahlen.

 

Normenkette

BAT §§ 22-23; BAT/VKA Zulagen, Protokollnotiz Nr. 1 VG IV a, Fallgruppe 5 der Anlage 1 a

 

Verfahrensgang

ArbG Nürnberg (Urteil vom 09.10.1996; Aktenzeichen 2 Ca 2885/96)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 09.10.1996 – Az.: 2 Ca 2885/96 – in Ziffern 1–3 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Zahlung einer Heimzulage nach der Protokollnotiz Nr. 1 zur Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe 5 der Anlage 1 a zum BAT/VKA.

Der Kläger ist seit 01.02.1991 bei der Beklagten als Sozialpädagoge beschäftigt. Er erhält eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe IV a BAT/VKA. Bei der Beklagten handelte es sich um eine Einrichtung zur kombinierten medizinischen und beruflichen Rehabilitation psychisch Kranker und Behinderter. Die betreuten Rehabilitanden sind in der Regel junge Erwachsene, die auf Grund ihrer psychischen Probleme ihren bisherigen Beruf nicht mehr oder noch keinen ausüben können. Die Beklagte hat derzeit 50 Rehabilitanden in ihrer Obhut. Davon sind 28 in einem Wohnheim untergebracht, die anderen 22 sind in fünf Wohngruppen in Mehrfamilien- und Einfamilienhäusern untergebracht, die die Beklagte angemietet hat. Die Rehabilitanden gehen, soweit sie dazu in der Lage sind, von Montag bis Freitag von 8.00 Uhr bis 15.30 Uhr zur Arbeit. Ansonsten erhalten sie im Wohnheim Unterricht und in heimeigenen Werkstätten berufliche Förderung und Vorbereitung. Im übrigen wohnen und leben sie zusammen und versorgen sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten selbst. Mit Ausnahme einer Eingewöhnungszeit von bis zu acht Wochen in der gemeinsam gefrühstückt wird, erhalten sie ein Verpflegungsgeld von dem sie selbst Lebensmittel einkaufen und kochen oder die Möglichkeit haben in der Kantine zu essen. Sie versorgen ihre Wäsche selbst und putzen auch selbst. In der Nacht ist in dem Wohnheim nur eine Hilfskraft anwesend, die das Kommen und Gehen der Bewohner nicht kontrolliert, sondern lediglich eine Art Hausmeisterdienst versieht. Die Arbeitszeit des Klägers liegt je nach Schicht zwischen 8.00 Uhr und 20.30 Uhr. Im Falle des Nachtdienstes hat er ab 20.30 Uhr bis 7.00 Uhr des folgenden Tages Rufbereitschaft, d. h. er muss telefonisch erreichbar sein.

Nachdem der Kläger der Auffassung ist, er erfülle die tariflichen Voraussetzungen für die Zahlung einer Heimzulage, hat das Arbeitsgericht Nürnberg auf die entsprechende Zahlungsklage wie folgt erkannt:

  1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 3.720,– brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich aus DM 3.000,– brutto ergebenden Nettobetrag seit 16.03.1996 zu zahlen.
  2. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ab 15.10.1996 die monatliche tarifliche Heimzulage in Höhe von DM 120,– brutto zu bezahlen.
  3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
  4. Der Streitwert wird festgesetzt auf DM 8.040,–.

Gegen dieses ihnen am 04.11.1996 zugestellte Urteil haben die Prozessbevollmächtigten der Beklagten mit am 04.12.1996 eingegangenem Schriftsatz vom selben Tage Berufung eingelegt und das Rechtsmittel mit Schriftsatz vom 07.11.1997, eingegangen beim Landesarbeitsgericht Nürnberg am selben Tage, begründet.

In der Berufung beantragt die Beklagte:

  1. Das Endurteil des Arbeitsgericht Nürnberg – Az.: 2 Ca 2885/96 – vom 09.10.1996 wird aufgehoben.
  2. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger beantragt:

  1. Die Berufung gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 09.10.1996 – Az.: 2 Ca 2885/96 – wird zurückgewiesen.
  2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils sowie die von den Parteien insbesondere im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze verwiesen und im Übrigen gemäß § 543 Abs. 1 ZPO von einer weitergehenden Darstellung des Tatbestandes abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstandes für die Beklagte DM 800,– übersteigt (§ 64 Abs. 2 ArbGG). Die Berufung ist auch in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG, 516, 518, 519 ZPO).

II.

In der Sache hat das Rechtsmittel der Beklagten Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung der Heimzulage in Höhe von DM 120,– pro Monat ab April 1994. Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen für die Zahlung einer Heimzulage nach der Protokollnotiz Nr. 1 zur Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe 5 der Anlage 1 a zum BAT/VKA nicht.

Die Protokollnotiz lautet:

„Der Angestellte – ausgenommen der Angestellte bzw. Meister im handwerklichen Erziehungsdienst – erhält für die Dauer der Tätigkeit in einem Erziehungsheim, einem Kinder- oder Jugendwohnheim oder einer vergleichbaren Einrichtung (Heim) eine Zulage in Höhe von DM 120,– monatlich, w...

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