Entscheidungsstichwort (Thema)

Gleichbehandlungsgrundsatz. Sozialplan. Eigenkündigung. Stichtagsprüfung. Sonstiges

 

Leitsatz (amtlich)

Vereinbaren die Betriebspartner in einem Sozialplan, dass Abfindungen erst bei Ausscheiden nach Verstreichung eines Stichtags beansprucht werden können, ist dies – soweit diese Regelung auch für Arbeitgeberkündigungen gilt – nicht zu beanstanden, wenn es für den Stichtag nachvollziehbare Gründe gibt.

 

Normenkette

BetrVG §§ 112, 75

 

Verfahrensgang

ArbG Bayreuth (Urteil vom 15.02.2006; Aktenzeichen 3 Ca 638/05 H)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Bayreuth, Kammer Hof, vom 15.02.2006, Az. 3 Ca 638/05 H, wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Pflicht des ehemaligen Arbeitgebers zur Zahlung einer Abfindung aus einem Sozialplan nach einer Eigenkündigung der Arbeitnehmerin.

Die am 28.07.1972 geborene Klägerin war seit 01.04.1999 im von der Rechtsvorgängerin der Beklagten geführten Betrieb als Bankkauffrau beschäftigt. Sie erhielt zuletzt eine Vergütung in Höhe von 2.942,– EUR brutto. Die Klägerin war in der Abteilung Wertpapier-Service, einer Abteilung des Zentralbetriebes in C., die in D. untergebracht war, tätig. Ihre Anstellungsbedingungen richteten sich nach dem Vertrag vom 26.07.1999, der auf die allgemeinen Anstellungsbedingungen verweist (Anlage B 3, Bl. 53 f., d.A.). Ziff. IV.2. dieser Anstellungsbedingungen (Anlage B 4, Bl. 55 ff.) heißt es:

„Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verwirken nach Ablauf von 3 Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses.”

Die Klägerin kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 10.05.2004 mit Wirkung zum 30.06.2004.

Die Rechtsvorgängerin der Beklagten schloss mit dem auch für die Wertpapier-Abteilung in D. zuständigen Betriebsrat am 02.08.2004 einen Interessenausgleich mit dem Inhalt der Ausgliederung der „Abwicklungsbank” und der Stilllegung des Zentralbereichs „Unternehmenszentrale” (Anlagen B 1, Bl. 24 ff. d.A.) und einen Sozialplan (Anlage B 2, Bl. 40 ff. d.A.). In diesem Sozialplan ist, soweit vorliegend von Interesse, folgendes geregelt:

㤠1 Geltungsbereich

Der Sozialplan gilt sachlich für die Betriebsänderung, die im Interessenausgleich vom heutigen Tag beschrieben ist. Der persönliche und örtliche Anwendungsbereich umfasst alle Arbeitnehmer i.S.d. § 5 Abs. 1 BetrVG an den Standorten C., E., D. und F., die am 31.07.2004 in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis zur Bank standen bzw. stehen und von einer der im Interessenausgleich festgelegten Maßnahmen betroffen ist.

Keine Ansprüche aus dem Sozialplan haben Arbeitnehmer,

  1. die leitende Angestellte nach § 5 Abs. 3 BetrVG sind,
  2. deren Arbeitsverhältnis vor dem 31.07.2004 endete oder die vor dem 31.07.2004 eine Eigenkündigung erklärt haben oder einen Aufhebungsvertrag abgeschlossen haben oder denen nicht aus betrieblichen Gründen vor diesem Zeitpunkt gekündigt wurde,
  3. deren Arbeitsverhältnis aufgrund einer nach Abschluss dieses Sozialplans erklärten Eigenkündigung des/der Arbeitnehmers/in endet, sofern ihr Arbeitsverhältnis von dem geplanten Stellenabbau nicht betroffen ist. Dies ist generell der Fall bei Mitarbeitern im Bereich des Teilbetriebs der „Abwicklungsbank”. Hiervon ausgenommen sind jedoch Eigenkündigungen gemäß § 5 Ziff. 4 dieses Sozialplans,
  4. deren Arbeitsverhältnis aufgrund einer Befristung endet.

§ 4 Abfindungen

Mitarbeiter/innen, deren Arbeitsverhältnis aufgrund der im Interessenausgleich beschriebenen personellen Maßnahmen endet, insbesondere aufgrund betriebsbedingter Kündigung oder Aufhebungsvertrag, erhalten eine finanzielle Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes nach den folgenden Regelungen: …

§ 5 Ausscheiden von Mitarbeitern/innen durch Kündigung bzw. Aufhebungsvertrag

1. Ansprüche gemäß § 4 aus diesem Sozialplan werden bei rechtlicher Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig, jedoch bei Erhebung der Kündigungsschutzklage …

4. Die Bank prüft wohlwollend, ob nach Ausspruch der betriebsbedingten Arbeitgeberkündigung bei Bedarf eine Abkürzung der Eigenkündigungsfrist des/der Mitarbeiters/Mitarbeiterin oder ein Aufhebungsvertrag in Betracht kommt. Bei Aufhebungsverträgen nach Ausspruch der betriebsbedingten Arbeitgeberkündigung erhalten die Mitarbeiter die Abfindung …”

Mit ihrer am 04.04.2005 beim Arbeitsgericht Nürnberg eingereichten, durch Beschluss vom 26.04.2005 ans Arbeitsgericht Bayreuth, Kammer Hof, verwiesenen Klage hat die Klägerin Zahlung einer Abfindung, errechnet nach der Formel „Bruttomonatsgehalt × 13: 12 × Betriebszugehörigkeit × 0,7” zuzüglich einer Mobilitätszulage von 5.000,– EUR, insgesamt 16.712,84 EUR geltend gemacht. Sie hat erklärt, bei der Beklagten handele es sich um die Abwicklungsgesellschaft der ehemaligen Arbeitgeberin. Sie hat die Auffassung vertreten, zwar sehe der Sozialplan für vor dem 31.07.2004 ausgeschiedene Mitarbeiter keine Abfindung vor. Die Beklagte verhalte sich jedoch treuwidrig, wenn sie sich hierauf berufe....

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