Entscheidungsstichwort (Thema)

Forderung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Streitgegenstand bei der Kündigungsschutzklage nach § 4 S. 1 KSchG ist die Frage, ob das Arbeitsverhältnis aus Anlaß einer ganz bestimmten Kündigung zu dem beabsichtigten Termin aufgelöst worden ist (sog punktuelle Streitgegenstandstheorie).

2. Mit Rechtskraft eines der. Kündigungsschutzklage stattgebenden Urteils steht nicht fest, daß im Zeitpunkt des Kündigungstermins zwischen den Parteien noch ein Arbeitsverhältnis besteht.

3. Der Arbeitgeber kann sich daher in einem um Annahme Verzugs Vergütung geführten Folgeprozeß darauf berufen, daß das Arbeitsverhältnis durch eine von ihm zum gleichen Termin ausgesprochene weitere Kündigung, die der Arbeitnehmer nicht mit einem Feststellungsantrag nach § 4 S. 1 KSchG bekämpft hat, sein Endegefunden hat.

 

Normenkette

KSchG 1969 § 4

 

Verfahrensgang

ArbG Würzburg (Urteil vom 24.05.1994; Aktenzeichen 1 Ca 467/93)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Würzburg vom 24. Mai 1994 – 1 Ca 467/93 – wird auf Kosten der Berufungsführerin zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Vergütungsansprüche aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs.

Die im Jahre 1969 geborene Klägerin war seit 16.01.1992 als Lageristin gegen einen Stundenlohn von DM 14,50 bei der Beklagten tätig, die regelmäßig mehr als 5 Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden beschäftigt. Dieses Arbeitsverhältnis kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 02.11.1992, das der Klägerin am 10.11.1992 zuging, zum 30.11.1992.

Mit der am 12.11.1992 zur Niederschrift des Arbeitsgerichts erhobenen Feststellungsklage (Aktenzeichen 2 Ca 2370/92) hat die Klägerin geltend gemacht, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 02.11.1992 nicht aufgelöst werde, weil diese sozial ungerechtfertigt sei; außerdem stimme auch die Kündigungsfrist nicht.

Mit Einschreiben vom 27.11.1992, das der Klägerin am 30.11.1992 zugestellt wurde, teilte die Beklagte der Klägerin mit, daß es bei der zum 30.11.1992 ausgesprochenen Kündigung bleibe, und kündigte das Arbeitsverhältnis nochmals außerordentlich zum 30.11.1992. Die Unwirksamkeit dieser außerordentlichen Kündigung hat die Klägerin weder durch gesonderte Klage noch im Rahmen des bereits anhängigen Kündigungsrechtsstreits wegen der Kündigung vom 02.11.1992 geltend gemacht.

In diesem Kündigungsrechtsstreit stellte das Arbeitsgericht mit Endurteil vom 26.01.1993 fest, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 02.11.1992 nicht aufgelöst worden ist. Dieses Urteil ist rechtskräftig.

Nach Zustellung des im Kündigungsrechtsstreits ergangenen Urteils hat die Klägerin mit Mahnbescheid vom 03.03.1993, gegen die Zeit von Dezember 1992 bis Februar 1993 aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs geltend gemacht (Aktenzeichen 1 Ca 467/93). Ferner hat sie mit gesonderter Klage vom 21.12.1993 weitere Lohnansprüche für den Zeitraum von März 1993 bis Dezember 1993 abzüglich der vom Arbeitsamt erbrachten Zahlungen eingeklagt (Aktenzeichen 10 Ca 2737/93 W).

Das Arbeitsgericht hat die beiden Zahlungsklagen mit Beschluß vom 22.02.1994 zum Zwecke gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden und unter dem Aktenzeichen 1 Ca 467/93 fortgeführt. In diesem Verfahren hat die Klägerin zuletzt folgende Anträge gestellt:

  1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 6.337,80 nebst 4 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
  2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 17.188,50 nebst 4 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte hat unter Berufung auf die nach ihrer Ansicht gemäß § 7 KSchG als wirksam geltende außerordentliche Kündigung vom 27.11.1992 Klageabweisung beantragt.

Das Arbeitsgericht hat mit Endurteil vom 24.05.1994 die Klage kostenpflichtig abgewiesen und den Streitwert auf DM 23.526,36 festgesetzt. Es hat die Ansicht vertreten, die außerordentliche Kündigung vom 27.11.1992 gelte gemäß § 7 KSchG als von Anfang an wirksam, weil sie nicht innerhalb der Frist des § 4 KSchG mit einem Feststellungsantrag bekämpft worden sei, und habe daher das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgelöst. Dem stehe auch nicht die Rechtskraftwirkung des Urteils vom 26.01.1993 im Kündigungsrechtsstreit entgegen, weil in diesem Urteil wegen des punktuellen Streitgegenstandes der Kündigungsschutzklage nach § 4 KSchG nicht über das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zum Kündigungstermin entschieden worden sei.

Mit der am 29.06.1994 eingelegten und am 28.07.1994 begründeten Berufung gegen das ihr am 10.06.1994 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Klageanträge weiter. Sie vertritt nach wie vor die Ansicht, durch das ihrer Kündigungsschutzklage stattgebende Urteil vom 26.01.1993 stehe rechtskräftig fest, daß zum Kündigungstermin noch ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestanden habe. Das ergebe sich aus der Entscheidung des Bundesarbei...

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