Entscheidungsstichwort (Thema)
Probezeitkündigung im öffentlichen Dienst. Unterrichtung des Personalrats
Leitsatz (amtlich)
1. Auch für die Frage des Bestehens eines Mitwirkungsrechts des Personalrats bei Probezeitkündigung ist auf den Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung abzustellen.
2. Bietet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bei einer beabsichtigten Kündigung in der Probezeit an, wegen eines schon durchgeführten Umzugs nicht mit der kurzen Frist in der Probezeit zu kündigen, sondern das Arbeitsverhältnis erst zu einem späteren Zeitpunkt zu beenden, dann ist dieser Umstand dem Personalrat im Rahmen seines Mitwirkungsrechts nach Art. 77 Abs. 1 BayPVG (nunmehr Anhörungsrecht nach Art. 77 Abs. 3 BayPVG i.F. durch Gesetz vom 10.04.2007) mitzuteilen.
Normenkette
BayPVG Art. 77 Abs. 1 a.F.; BayPVG 78 Abs. 1 Lit. a
Verfahrensgang
ArbG Nürnberg (Urteil vom 12.10.2006; Aktenzeichen 15 Ca 2257/06) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 12.10.2006, Az. 15 Ca 2257/06, abgeändert:
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die schriftliche Kündigung der Beklagten vom 23.02.2006 zum 31.03.2006 beendet wurde, sondern bis 31.12.2006 zu unveränderten Bedingungen fortbestand.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Berufung noch um den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Die am 03.06.1960 geborene Klägerin ist verheiratet und hat zwei Kinder, die zum Zeitpunkt der streitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses drei und sechs Jahre alt waren.
Der Bezirk D. hat die Beklagte zum 01.01.2005 errichtet als Kommunalunternehmen für die Kliniken und Heime des Bezirks D.. Auf die am 10.11.2004 erfolgte Bekanntmachung der Satzung wird Bezug genommen (Bl. 14 ff. d.A.). Gemäß § 10 Abs. 1 der Satzung wird die Beklagte vom Vorstand, der aus einer Person besteht, vertreten. Der Verwaltungsrat, bestehend aus dem Vorsitzenden und zehn weiteren Mitgliedern beschließt u.a. über die Einstellung, Entlassung und Ausgestaltung von Anstellungsverträgen der Krankenhausdirektorinnen/Krankenhausdirektoren.
Die Klägerin hatte sich zunächst im September 2004 auf die Position des Vorstandes beworben. Diese Stelle wurde anderweitig besetzt. Anschließend führten die Klägerin und der Vorsitzende des Verwaltungsrats Gespräche über eine mögliche Beschäftigung der Klägerin als stellvertretenden Vorstand. Unter dem 27.04.2005 schlossen die Parteien einen Arbeitsvertrag, wonach die Klägerin ab 01.09.2005 bzw. zum nächst früheren Zeitpunkt als vollbeschäftigte Angestellte auf unbestimmte Zeit eingestellt wurde. In § 2 war vereinbart, dass das Arbeitsverhältnis sich nach dem Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) und dem diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung bestimmt. Gemäß § 3 war eine Probezeit von sechs Monaten vereinbart. Gemäß § 4 des Vertrages war die Klägerin in der Vergütungsgruppe I a BAT der Anlage 1 a zum BAT eingruppiert. Nach sechsmonatiger Probezeit war die Eingruppierung in Vergütungsgruppe I BAT, bzw. in die nach dem Vergütungssystem des ab 01.10.2005 geltenden TVöD entsprechenden Entgeltgruppe vereinbart. Im Übrigen wird auf den Arbeitsvertrag vom 27.04.2005 (Bl. 23, 24 d.A.) verwiesen.
In einer Niederschrift nach dem Nachweisgesetz vom 27.04.2005 war festgelegt, dass die Beschäftigung in E. erfolgt und die Klägerin als Angestellte im Verwaltungsdienst (Krankenhausdirektorin) des Klinikums F. beschäftigt wird. Die Klägerin trat zum 01.09.2005 ihren Dienst an. Der Klägerin wurde am 10.10.2005 vom Vorstand der Beklagten mitgeteilt, dass sie die Position des stellvertretenden Vorstands nicht erhalten werde. In der Folge führten die Parteien weitere Gespräche. Die Parteien stimmen noch darin überein, dass eine Weiterbeschäftigung bis zum 31.12.2006 erörtert und angeboten wurde. Mit Schreiben vom 12.01.2006 (Bl. 26 d.A.) erinnerte die Klägerin den Verwaltungsratsvorsitzenden daran, dass dieser sie telefonisch informiert habe, sie werde befristet für ein Jahr weiter tätig sein können. Sie bat im Schreiben vom 12.01.2006 um eine schriftliche Absicherung dieser Zusage. Unter dem 19.01.2006 übergab der Vorstand der Klägerin den Entwurf eines Auflösungsvertrages zur Vertragsbeendigung zum 31.12.2006 (Bl. 28 ff. d.A.). Die Klägerin war mit dem Inhalt nicht einverstanden und wandte sich mit Schreiben vom 19.01.2006 (Bl. 30 ff. d.A.) erneut an den Verwaltungsratsvorsitzenden. Am 31.01.2006 kam es zu einem Gespräch zwischen dem Verwaltungsratsvorsitzenden, dem Vorstand, dem Personalleiter, dem Ehemann der Klägerin und der Klägerin. Das Ergebnis des Gesprächs ist streitig. Am nächsten Tag erhielt die Klägerin vom Personalleiter einen erneuten Vertragsentwurf zur Beendigung des...