Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigung

 

Leitsatz (amtlich)

1) Überträgt ein Steuerberater an einen anderen Steuerberater wesentliche Teile der Steuerberatungsmandate der Mandanten, die einem Übergang nicht widersprechen, liegt ein Betriebsübergang vor, wenn weiterhin ein der Gewichtung nach wesentlicher Teil der Belegschaft übernommen wird und zudem der Übergeber selbst eine gewisse Zeit beim Übernehmer mitarbeitet. Eine aus diesem Anlaß erfolgte Kündigung ist unwirksam.

2) Trägt der Arbeitnehmer in solchen Fällen genügend Anhaltspunkte für den Übergang von Mandaten vor, ist der Übergeber nach den Grundsätzen der abgestuften Darlegungs- und Beweislast verpflichtet, substantiierte Einwendungen zu erheben, will er geltend machen, daß nur ein unwesentlicher Teil von Mandaten übergegangen seien. Ein einfaches Bestreiten des klägerischen Vorbringens genügt ebensowenig wie die alleinige Angabe eines Prozentsatzes.

 

Normenkette

BGB § 613a Abs. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Weiden (Urteil vom 29.10.1997; Aktenzeichen 4 Ca 987/97)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Arbeitsgericht Weiden vom 29.10.1997 – Az.: 4 Ca 987/97 – in Ziffer 1, 2 und 3 teilweise abgeändert.

2. Das Versäumnisurteil des Arbeitsgericht Weiden vom 30.044.1997 bleibt aufrechterhalten.

3. Der Beklagte trägt die weiteren Kosten des Verfahrens.

4. Die Revision wird für den Beklagten zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer der Klägerin am 27.03.1997 ausgehändigten betriebsbedingten Kündigung.

Der Beklagte betrieb bis März 1997 in Weiden einer Steuerberaterkanzlei mit drei Angestellten (der Klägerin – zuletzt als Halbtagskraft, – einer Frau T. – als Ganztagskraft – und einer Frau R. – ebenfalls als Ganztagskraft –).

Mit „Vertrag über die Übernahme verschiedener Mandate” vom 14.03.1997 (Bl. 62 mit 65 d. A.) erwarben die Herren Steuerberater Apelt und Lang „mit Wirkung vom 14.03.1997 die Steuerberatungsmandate lt. beigefügter Aufstellung” (§ 1 dieses Vertrages). Ebenfalls gemäß § 1 wurde vom Personal Frau T. übernommen. Der Wert der neu hinzugewonnenen Mandate soll nach Ablauf der überleitenden Tätigkeit bzw. tätigen Mitarbeiter ermittelt werden (gemäß § 4 verpflichtete sich der Beklagte zur überleitenden Tätigkeit, bzw. tätigen Mitarbeit für die Dauer von drei Monaten). Gemäß §§ 2 und 3 sollte der Wert des Kaufpreises, bzw. die Zahlungsmodalitäten nach den dort vorgenommenen Regelungen ermittelt werden an Hand der tatsächlich übergegangenen Mandate, soweit die jeweiligen Mandanten zugestimmt haben. In § 4 ist geregelt, daß der Beklagte seine Mandanten mit den Übernehmern gemeinsam aufsucht und das weitere Verbleiben der Mandanten bei den Übernehmern bespricht.

Mit Schreiben vom 31.03.1997 (Bl. 3 d. A.), der Klägerin übergeben am 27.03.1997, kündigte der Beklagte das Beschäftigungsverhältnis „zum 31.03.1997” mit dem Kündigungsgrund: „Aufgabe, bzw. Verkauf der Steuerkanzlei aus gesundheitlichen Gründen zum 31.03.1997”.

Auf die gegen diese Kündigung erhobene Klage erließ das Arbeitsgericht Weiden zunächst gegen den nicht erschienen Beklagten ein der Klage in vollem Umfang stattgebendes Versäumnisurteil, welches mit Endurteil des Arbeitsgericht Weiden vom 29.10.1997 – Az: 4 Ca 987/97 – teilweise wie folgt abgeändert worden ist:

  1. Das Versäumnisurteil des Arbeitsgericht Weiden vom 30. April 1997 wird mit der Maßgabe aufrechterhalten, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die fristlose Kündigung des Beklagten vom 31.03.1997 nicht zum 31.03.1997 aufgelöst wurde, sondern erst zum 31.05.1997.
  2. Im übrigen wird das Versäumnisurteil des Arbeitsgericht Weiden vom 30. April 1997 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
  3. Der Beklagte trägt die Kosten seiner Säumnis, von den übrigen Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 2/3 und der Beklagte 1/3.
  4. Der Streitwert wird auf DM 6.772,05 festgesetzt.

Auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe dieses der Klägerin am 11.11.1997 zugestellten Endurteils wird verwiesen.

Hiergegen legte diese mit Schriftsatz vom 05.12.1997 Berufung ein. Hinsichtlich der weiteren Formalien der Berufung wir auf die protokollarischen Feststellungen vom 25. November 1998 verwiesen.

Die Klägerin trägt u. a. vor,

der Beklagte habe sich im wesentlichen dahingehend eingelassen, daß kein Verkauf der Steuerkanzlei, sondern lediglich der Verkauf einzelner Mandate erfolgt sei, weshalb von einem Betriebsübergang nicht gesprochen werden könne. Dem habe sich das Erstgericht unzutreffender Weise angeschlossen.

Der Beklagte habe sich mehrmals gegenüber sämtlichen Beschäftigten und auch anderen Personen dahingehend geäußert, daß er seine beiden Kanzleien verkaufen werde, zunächst die in Weiden, da er einen Käufer gefunden habe, danach habe er die Kanzlei in Annaberg verkaufen wollen. In § 4 des Kaufvertrages werde ausdrücklich von Übernehmer gesprochen.

Es seien sämtliche Mandanten, die der Steuerkanzlei in W. zugeordnet worden waren, angeschrieben worden, daß Herr Steuerberater A. die Kanzlei in W. übernehmen werde.

Vom Bekl...

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