rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Einspruchsbelehrung bei Versäumnisurteil in 1. Instanz. Feststellung
Leitsatz (amtlich)
1. § 59 ArbGG regelt für den Rechtsbehelf des Einspruchs abschließend die Anforderungen an die Einspruchsbelehrung.
2. Die Bestimmungen des § 9 Abs. 5 ArbGG über die Rechtsmittelbelehrung sind weder ergänzend noch analog anwendbar.
3. Um die Einspruchsfrist in Lauf zu setzen, bedarf es nicht der Angabe der Anschrift des Arbeitsgerichts, bei dem der Einspruch einzulegen ist.
Verfahrensgang
ArbG Bamberg (Urteil vom 27.10.1987; Aktenzeichen 3 Ca 507/87 C) |
ArbG Bamberg (Urteil vom 23.06.1987; Aktenzeichen 3 Ca 307/87 C) |
Tenor
I. Das Urteil des Arbeitsgerichts Bamberg – Kammer Coburg vom 27.10.1987 – 3 Ca 507/87 C – wird abgeändert.
II. Der Einspruch des Klägers gegen das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Bamberg vom 23.06.1987 – 3 Ca 307/87 C wird als unzulässig verworfen.
III. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Tatbestand
Der Kläger war bei der Beklagten seit 16.04.1987 als Gebäudereiniger beschäftigt. Er erhielt einen Stundenlohn von DM 10,–brutto bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden. Am 20.05.1987 kündigte ihm die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos. Am gleichen Tag erhob der Kläger zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit dieser Kündigung.
Weil der Kläger im Termin vom 23.06.1987 nicht erschien, erließ das Arbeitsgericht auf Antrag der Beklagten klageabweisendes Versäumnisurteil. Dieses wurde am 30.06.1987 dem Kläger zugestellt.
Vor der Unterschrift des Vorsitzenden befindet sich auf der zweiten Seite des Versäumnisurteils folgender Text:
Rechtsmittelbelehrung
1. Gegen dieses Versäumnisurteil kann die Partei, gegen die es ergangen ist, binnen einer Notfrist von einer Woche nach seiner Zustellung Einspruch einlegen.
Der Einspruch wird beim Arbeitsgericht schriftlich, (maßgeblich ist der Eingang bei Gericht) oder durch Abgabe einer Erklärung zur Niederschrift der Geschäftsstelle eingelegt. Mit der Einspruchsschrift sollen die für die Zustellung an die Gegenpartei erforderlichen Abschriften eingereicht werden.
2. Die Einspruchsschrift muß enthalten:
2.1 Die Bezeichnung des Urteils, gegen das der Einspruch gerichtet wird,
2.2 die Erklärung, daß gegen dieses Urteil Einspruch eingelegt wird.
Soll das Urteil nur zum Teil angefochten werden, so ist der Umfang der Anfechtung zu bezeichnen.
3. In der Einspruchschrift hat die Partei ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, soweit es nach der Prozeßlage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozeßführung entspricht, sowie Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, vorzubringen.
4. Nur auf besonderen Antrag kann der Vorsitzende für die Begründung die Frist verlängern, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.
5. Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf der einwöchigen Notfrist der Nr. 1 oder der verlängerten Frist der Nr. 4 vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt. Verspätete Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen und auf die der Beklagte verzichten kann, sind nur zuzulassen, wenn der Beklagte die Verspätung genügend entschuldigt.
In den Fällen einer verspäteten Geltendmachung von Angriffs- oder Verteidigungsmitteln oder einer verspäteten Rüge der Zulässigkeit der Klage ist der Entschuldigungsgrund auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.
Unter dem Datum vom 01.07.1987 sandte der Kläger folgendes Schreiben an das Arbeitsgericht:
„Schweinfurt, den 1.7.87
Betrifft: Aktenzeichen: 3 Ca 307/87 C
Sehr geehrte Herren!
Es tut mir leider sehr leid, dass ich zu dem Termin am 23.6.87 nicht kommen konnte.
Der Grund war, dass ich 2 Wochen in Koblenz war, wegen Krankheit meiner Oma! Ich bitte Sie deshalb einen neuen Termin anzusetzen. Bin erst am 30.6. wieder zurückgekommen.
Hochachtungsvoll!”
Die Annahme des Schreibens wurde laut Postvermerk am 21.07.1987 vom Arbeitsgericht verweigert, weil das Schreiben nicht ausreichend frankiert worden war. Der Kläger sandte darauf das Schreiben nochmals an das Arbeitsgericht – diesmal ausreichend frankiert – wo es am 26.08.1987 einging. Zusätzlich gab er dem Arbeitsgericht folgenden Hinweis:
„Dieser Brief wird schon das 2. Mal von mir abgeschickt. Sollte, er nochmals zurückkommen, so werde ich mich an eine höhere Instanz wenden.”
Mit Urteil vom 27.10.1987 hat das Arbeitsgericht wie folgt entschieden:
- Das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Bamberg, Kammer Coburg, vom 23.06.1987 wird aufgehoben.
- Es wird festgestellt, daß die Kündigung vom 20.05.1987 das Arbeitsverhältnis nicht fristlos, sondern ordentlich zum 03.06.1987 aufgelöst hat, im übrigen wird die Klage abgewiesen.
- Der Kläger trägt die Kosten seiner ...