Entscheidungsstichwort (Thema)
Forderung
Leitsatz (amtlich)
Vereinbaren die Parteien im Arbeitsvertrag, daß freiwillige Sonderleistungen des Arbeitsgebers zurückgefordert werden können, ohne daß die näheren Voraussetzungen einer Rückforderung festgelegt werden, dann ist diese Vereinbarung im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung dahin auszulegen, daß eine Rückforderung unter den von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entwickelten Rechtsgrundsätzen zulässig sein soll.
Normenkette
BGB § 611
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Bamberg vom 25. September 1991 – 2 Ca 356/91 – in den Ziffern 3 und 4 abgeändert.
2. Auf die Widerklage wird die Klägerin und Widerbeklagte verurteilt, an den Beklagten und Widerkläger DM 2.700,– (in Worten: Deutsche Mark zweitausendsiebenhundert) nebst 4 % Zinsen hieraus seit 04.09.1991 zu zahlen.
3. Von den erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin 6/10 und der Beklagte 4/10 zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin war in der Zeit vom 01.08.1988 bis 31.03.1991 bei dem beklagten Arzt für Orthopädie als Arzthelferin beschäftigt. Im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 12.09.1988 ist u. a. folgendes vereinbart:
12. Das Gehalt beträgt derzeit monatlich DM 2.100,– brutto (außertariflich).
13. Freiwillige Mehrzulagen, z. B. Zulagen, Weihnachtsgeld etc. können zurückgefordert werden. Sie werden unter Vorbehalt bezahlt.
15. Änderungen dieses Arbeitsvertrages bedürfen der Schriftform.
16. Bei Ungültigkeit einzelner Punkte dieses Vertrages bleiben die übrigen Vertragsabschnitte unverändert wirksam.
Im übrigen wird auf den Arbeitsvertrag Bezug genommen.
Das monatliche Bruttogehalt betrug zuletzt DM 2.700,–. Die Klägerin erhielt auch 1990 ein Weihnachtsgeld in Höhe eines Monatsverdienstes. Das Arbeitsverhältnis endete durch ordentliche Kündigung der Klägerin zum 31.03.1991.
Der Beklagte zahlte der Klägerin das Gehalt für den Monat März 1991 in Höhe von DM 2.700,– nicht aus. Mit der Klage hat die Klägerin Zahlung des März-Gehalts sowie Nachzahlung einer Differenz zur tariflichen Vergütung verlangt. Mit der Eventualwiderklage hat der Beklagte und Widerkläger von der Klägerin und Widerbeklagten die Rückzahlung des Weihnachtsgeldes in Höhe von DM 2.700,– brutto für den Fall verlangt, daß das Gericht die Aufrechnung gegen das März-Gehalt nicht zuläßt.
Wegen des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien und der im 1. Rechtszug gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Das Arbeitsgericht Bamberg hat der Klage mit Endurteil vom 25.09.1991 stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es zur Eventualwiderklage ausgeführt, daß der Arbeitsvertrag die Voraussetzungen nicht nenne, unter denen eine Rückforderung erfolgen könne. Demgemäß könne eine Rückforderung nach billigem Ermessen erfolgen. Es entspreche nicht billigem Ermessen, wenn die Rückforderung erfolge, obwohl sich die Klägerin vertragsgemäß verhalten habe. Die Voraussetzungen für die Rückforderungen seien im Arbeitsvertrag nicht genannt. Daher könne die Klägerin nicht erkennen, welches Verhalten zur Rückforderung führe. Eine Rückforderung nach billigem Ermessen könne nur erfolgen, wenn ein Vertragsbruch vorliege.
Gegen das dem Beklagten und Widerkläger am 05.11.1991 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat er mit Schriftsatz vom 02.12.1991, beim Landesarbeitsgericht eingegangen am 03.12.1991, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 30.12.1991, beim Landesarbeitsgericht eingegangen am 31.12.1991, begründet.
Der Widerkläger und Berufungskläger trägt vor,
der Klägerin sei bekannt gewesen, daß sie ihr Weihnachtsgeld nicht erhalten werde, wenn sie zum 31.12.1990 kündige. Deswegen habe sie erst zum 31.03.1991 gekündigt. Er habe das Weihnachtsgeld freiwillig als Belohnung für die geleistete Arbeit und in der Erwartung einer weiteren Zusammenarbeit gezahlt. Diese Erwartung sei dadurch enttäuscht worden, daß die Klägerin zum erstmöglichen Kündigungstermin nach Erhalt des Weihnachtsgeldes ausgeschieden sei. Es sei nicht unbillig, wenn der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer das freiwillig unter dem Vorbehalt der Rückforderung geleistete Weihnachtsgeld verlange.
Die Bestimmung des billigen Ermessens nach § 315 BGB müsse beiden Vertragsparteien gerecht werden. Das Arbeitsgericht habe die Klägerin alleine begünstigt. Es entspreche nicht der Billigkeit, daß die Klägerin das Weihnachtsgeld behalten dürfe, wenn sie sich vertragstreu verhalten habe. Es werde ja auch bezahlt, um die Mitarbeiter zu einer weiteren Zusammenarbeit anzuhalten. Das Erstgericht hätte sich an der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts orientieren müssen. Diese lasse eine Rückforderung zu, wenn der Arbeitnehmer nach Erhalt eines freiwillig g...