Entscheidungsstichwort (Thema)
Forderung
Leitsatz (amtlich)
Der Ausschluß teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmerinnen von der betrieblichen Altersversorgung ist auch dann unwirksam, wenn der Arbeitgeber einen Produktionsbetrieb unterhält.
Normenkette
EWGVtr Art. 119; EWGRL 207/76; BeschFG Art. 1 § 2
Verfahrensgang
ArbG Würzburg (Urteil vom 29.07.1992; Aktenzeichen 6 Ca 848/91 A) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Würzburg – Kammer Aschaffenburg – vom 29. Juli 1992 – Gz. 6 Ca 848/91 A – wird auf Kosten der Berufungsführerin zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin von der Beklagten Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung beanspruchen kann.
Die Beklagte ist ein Unternehmen der Bekleidungsindustrie. Sie beschäftigt zu etwa 80 % weibliche Arbeitnehmer. Die am 01.01.1931 geborene Klägerin war in der Zeit vom 06.10.1969 bis zum 31.12.1990 bei der Beklagten als gewerbliche Arbeitnehmerin während des gesamten Zeitraumes mit einer Arbeitszeit von 25 Stunden pro Woche beschäftigt.
Mit Pensionsplan vom 31.12.1969 in der Fassung vom 30.12.1970 sagte die Beklagte ihren Betriebsangehörigen eine Betriebsrente zu. Neben Regelungen über Mindestalter und Betriebszugehörigkeit wird folgendes bestimmt: „Nicht aufgenommen werden in der Regel ferner Aushilfskräfte, sowie andere nicht voll beschäftigte Personen. In begründeten Fällen sind Ausnahmen hiervon möglich”. Die Altersrente beträgt einheitlich DM 200,–. In Härtefällen und bei Vorliegen besonderer Voraussetzungen kann die Firma über die zugesagten Leistungen hinaus Sonderregelungen treffen. Im übrigen wird auf den Pensionsplan Bezug genommen. Mit der Klage verlangt die Klägerin die Zahlung der DM 200,– aus der betrieblichen Altersversorgung.
Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe die im Pensionsplan festgelegte Altersgrenze von 60 Jahren erreicht und die erforderliche Anwartschaftszeit einer Betriebs Zugehörigkeit von 15 Jahren erfüllt. Der Ausschluß der teilzeitbeschäftigten weiblichen Arbeitnehmer sei rechtsunwirksam. Demgemäß hat die Klägerin erstinstanzlich beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin an rückständiger Betriebsrente für den Zeitraum vom 01.01.1991 bis 30.06.1992 DM 3.600,– zu zahlen und ab 01.07.1992, jeweils zum Letzten eines jeden Monats, an die Klägerin auf Lebenszeit eine monatliche Betriebsrente in Höhe von DM 200,– als Altersrente zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und vorgetragen, der Ausschluß der Teilzeitbeschäftigten aus der betrieblichen Altersversorgung bedeute keine Diskriminierung weiblicher Betriebsangehöriger. Es würden zu etwa 80 % weibliche Arbeitnehmer beschäftigt. Dies bedeute, daß sowohl vom Ausschluß aus dem Pensionsplan als auch von den Vergünstigungen der Pensionszusage sehr viel mehr weibliche Mitarbeiter betroffen seien als männliche. Der Ausschluß von Teilzeitbeschäftigten sei in einem Produktionsbetrieb gerechtfertigt. Zum Zeitpunkt der Erstellung der Pensionszusage seien Arbeitskräfte schwer zu finden gewesen. Es habe daher ein Anreiz geschaffen werden sollen. Vollzeitkräfte zu beschäftigen. Teilzeitbeschäftigte für nachmittägliche Arbeitszeit seien nur sehr schwer zu gewinnen. Daher sei Teilzeitarbeit schwierig zu organisieren gewesen.
Im übrigen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Von einer Darstellung wird abgesehen (§§ 64 Abs. 6 ArbGG, 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO).
Das Arbeitsgericht Würzburg – Kammer Aschaffenburg – hat am 29.07.1992 folgendes Endurteil verkündet:
- Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin eine Betriebsrente für den Zeitraum der Monate Januar 1991 bis Juni 1992 in Höhe von DM 3.600,– zu zahlen.
- Die Beklagte wird weiter verurteilt, jeweils zum Ende des Monats, beginnend mit dem Monat Juli 1992, an die Klägerin bis zu deren Ableben eine monatliche Betriebsrente in Höhe von DM 200,– zu zahlen.
- Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
- Der Streitwert wird auf DM 7.200,– festgesetzt.
Gegen dieses der Beklagten am 22.09.1992 zugestellte Endurteil hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 21.08.1992, beim Landesarbeitsgericht Nürnberg eingegangen am 25.08.1992, Berufung eingelegt. Nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis einen Monat nach Zustellung des Ersturteils hat die Beklagte die Berufung mit Schriftsatz vom 20.10.1992, eingegangen am 21.10.1992, begründet. In der Berufungsbegründung hat die Beklagte und Berufungsklägerin vorgetragen, es sei zutreffend, daß in dem mittlerweile stillgelegten Betrieb bei etwa 60 Beschäftigten nur etwa 10 bis 15 männliche Beschäftigte tätig gewesen seien. Der Ausschluß aus dem Pensionsplan betreffe in weit höherem Maße Frauen als Männer, da nur ganz ausnahmsweise Männer als Teilzeitbeschäftigte tätig gewesen seien. Vom Ausschluß der Pensionszulage seien vor allen Dingen Personen des einen Geschlechts, also nur Frauen, erfaßt gewesen. Dies zeig...