Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsentgelt
Leitsatz (amtlich)
War ein freigestelltes Betriebsratsmitglied vor der Freistellung Zugbegleiter, hat er auch während der Freistellung Anspruch auf Zahlung einer Zulage, die dem Ausgleich physischer und psychischer Belastungen dient.
Normenkette
BetrVG § 37 Abs. 4 i.v.m. der Richtlinie für die Gewährung von Aufwandsentschädigung für Lokomotivführer und Zugbegleiter der Deutschen Bundesbahn; BBesG § 17
Verfahrensgang
ArbG Nürnberg (Urteil vom 04.12.1996; Aktenzeichen 4 Ca 9841/96) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 04.12.1996 – Az.: 4 Ca 9841/96 – wird auf Kosten der Berufungsführerin zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger ist seit 19.12.1988 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt und zwar seit 01.03.1990 im Zugbegleitdienst tätig. Von Januar bis April 1994 war er als Übergangsbetriebsrat von seiner Tätigkeit als Zugbegleiter freigestellt. Mit der Klage verlangt er Zahlung einer Aufwandsentschädigung für Lokomotivführer und Zugbegleiter der Deutschen Bundesbahn auf Grund einer entsprechenden Richtlinie.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 520,– DM brutto sowie 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat erstinstanzlich Klageabweisung beantragt.
Das Arbeitsgericht Nürnberg hat mit Endurteil vom 04.12.1996 durch Az.: 4 Ca 9841/96 der Klage stattgegeben und die Berufung zugelassen. Auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO Bezug genommen. Gegen das der Beklagten am 22.01.1997 zugestellte Endurteil legte diese am 19.02.1997 Berufung ein. Wegen der weiteren Formalien wird auf die protokollarischen Feststellungen vom 08.12.1998 Bezug genommen.
In der Berufungsbegründungsschrift hat die Beklagte im wesentlichen vorgetragen, die Fahrerentschädigung stelle eine übertarifliche und damit freiwillige Leistung des Arbeitgebers dar. Sie sei von der früheren Bundesbahn eingeführt worden zunächst für die im Triebfahrzeug- und Zugbegleitdienst eingesetzten Beamten. Die Richtlinie sei auch für Angestellte und Arbeiter unter Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs für anwendbar erklärt worden.
Bei der Frage, ob es sich um einen Lohnbestandteil oder eine Aufwandsentschädigung handle, seien entscheidend die Vorstellungen, die die Deutsche Bundesbahn mit der Einführung verbunden habe. Die Fahrerentschädigung sei ausdrücklich als Aufwandsentschädigung eingeführt worden. Da Aufwandsentschädigungen im Sinne von § 17 BBesG müsse die Aufwandsentschädigung im Vordergrund stehen. Auslastung und Beanspruchung des Fahrpersonals in physischer wie auch in psychischer Hinsicht führe zu echten Mehraufwendungen finanzieller Art, deren zumindest teilweise im Ausgleich die Fahrerentschädigung diene. Es entstünden die im einzelnen aufgeführten typischen Aufwendungen. Ergänzend hat die Beklagte noch vorgetragen, die Vorschrift über die Aufwandsentschädigung für das Fahrpersonal diene nur den allgemeinen Aufwendungen. Aufgrund der besonderen physischen und psychischen Belastung des Zugpersonals sei die Zahlung einer zusätzlichen Aufwandsentschädigung eingeführt worden. Gerade die häufigen Übernachtungen an verschiedenen Orten erforderten einen größeren Aufwand an Wäsche, wie wenn die Mitarbeiter zu Hause bei der Familie übernachten können. Es müßten zusätzliche Telefongespräche mit der Familie geführt werden. Bei Fahrten ins Ausland fielen Wechselgebühren an.
Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt daher:
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 04.12.1996 aufgehoben.
II. Die Klage wird abgewiesen.
III. Der Kläger trägt die Kosten beider Rechtszüge.
Vorsorglich:
Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.
Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt:
- Die Berufung vom 18.02.1997 gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 04.12.1996, Az: 4 Ca 9841/96, wird zurückgewiesen.
- Die Beklagte wird verurteilt, die Kosten beider Rechtszüge zu tragen.
Der Kläger und Berufungsbeklagte trägt vor, tatsächlich entstandene Aufwendungen wie Mehrkosten durch auswärtige Übernachtung, Telefongespräche mit der Familie oder Wechselgebühren im grenzübersteigenden Verkehr würden in der Vorschrift über Aufwandsvergütung in den dortigen §§ 4, 5 und 6 geregelt. Bei der Richtlinie für die Gewährung der Aufwandsentschädigung seien maßgeblich gewesen die gestiegenen Anforderungen durch verdichtete Fahrleistung, zulässige Serviceleistungen und nunmehr auch erhöhte Anforderungen im grenzüberschreitenden Verkehr, ein Anreiz bei der Nachwuchsgewinnung und die Erwartung einer erhöhten Leistungsbereitschaft.
Wegen des weiteren Sachvortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist vom Arbeitsgericht zugelasse...