Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestandsstreitigkeiten (§ 61 a ArbGG)
Leitsatz (amtlich)
Bei dem Volontariat in einem Unternehmen der Filmbranche handelt es sich um kein Ausbildungsverhältnis im Sinne des § 78 a BetrVG, wenn nach dem Inhalt des Einzelvertrages die Erbringung der Arbeitsleistung und nicht die Aus- oder Fortbildung im Vordergrund steht und weder ein kollektivvertragliches noch ein zwischen den Unternehmen abgestimmtes betriebliches Ausbildungskonzept existiert.
Normenkette
BetrVG § 78a
Verfahrensgang
ArbG Nürnberg (Urteil vom 20.11.2002; Aktenzeichen 2 Ca 2138/02) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 20.11.2002 – Az.: 2 Ca 2138/02 – wird auf Kosten der Berufungsführerin zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über den 28.02.2002 hinaus.
Die am 04.04.1967 geborene Klägerin leistete nach ihrem Studium der Theaterwissenschaft und Publizistik bei der Beklagten, die einen regionalen Fernsehsender betreibt, in der Zeit vom 01.06. bis 30.09.2000 ein unbezahltes Praktikum ab. Anschließend war sie in der Zeit vom 01.10.2000 bis 28.02.2001 im Rahmen eines entgeltlichen Praktikantenverhältnisses tätig und zuletzt auf der Basis des schriftlichen Vertrages vom 19.02.2001 (Kopie Bl. 6 – 12 d.A.) in der Zeit vom 01.03.2001 bis 28.02.2002 als Volontärin gegen ein Bruttomonatsgehalt von DM 1.800,–.
Am 18.09.2001 fanden bei der Beklagten Betriebsratswahlen statt, zu der die Klägerin kandidierte. Sie wurde als Ersatzmitglied gewählt und rückte mit Wirkung ab dem 10.12.2001 in den Betriebsrat ein.
Mit Schreiben vom 25.01.2002 begehrte die Klägerin ihre Weiterbeschäftigung gemäß § 78 a BetrVG über den 28.02.2002 hinaus. Die Beklagte verweigerte eine Weiterbeschäftigung der Klägerin als Redakteurin.
Aus diesem Grund hat die Klägerin mit ihrer am 05.03.2002 beim Arbeitsgericht Nürnberg eingereichten Klage vom 04.03.2002 die Weiterbeschäftigung über den 28.02.2002 hinaus als Redakteurin gegen eine monatliche Vergütung von EUR 2.500,– brutto geltend gemacht.
Wegen der Anträge der Parteien und ihres näheren Vorbringens im erstinstanzlichen Verfahren wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Mit Urteil vom 20.11.2002 hat das Arbeitsgericht Nürnberg die Klage abgewiesen.
Zur Begründung führt das Erstgericht aus, das Volontariat der Klägerin habe nicht dem Charakter eines Ausbildungsverhältnisses i.S.d. § 78 a BetrVG gehabt, weshalb die Klägerin aus dieser Vorschrift keinen Anspruch darauf ableiten könne, als ausgebildete Redakteurin weiterbeschäftigt zu werden.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 05.12.2002 zugestellte Ersturteil hat dieser mit Schriftsatz vom 20.12.2002, beim Landesarbeitsgericht Nürnberg eingegangen am 23.12.2002, Berufung eingelegt und sie innerhalb der verlängerten Begründungsfrist mit Telefax vom 05.03.2003 begründet.
Die Klägerin behauptet, aufgrund ihres schriftlichen Weiterbeschäftigungsbegehrens sei die Beklagte verpflichtet, sie nach dem vertraglich vereinbarten Ende des Volontariats als Fernsehredakteurin weiterzubeschäftigen. Bei ihrem Volontariat handle es sich nämlich um ein Ausbildungsverhältnis i.S.d. § 78 a BetrVG. Zwar bestünden für die Ausbildung zur Fernsehredakteurin keine gesetzlichen, tariflichen oder sonstigen allgemeinen Richtlinien. Es existierten jedoch betriebliche Ausbildungsregelungen, die bei der Beklagten generell für Volontäre gelten würden und die aufgrund ihrer weitgehenden Identität mit den betrieblichen Ausbildungsregelungen anderer Medienunternehmen auch von diesen anerkannt würden. Insoweit könne von einem geordneten Ausbildungsgang zur Fernsehredakteurin gesprochen werden. Die von § 25 Abs. 2 Ziff. 2 BBiG geforderte Ausbildungsdauer von mindestens 2 Jahren habe in ihrem konkreten Fall abgekürzt werden können, da sie bereits ein abgeschlossenes Hochschulstudium habe vorweisen können, vgl. § 29 BBiG. Im Rahmen ihres Volontariats habe sie eine geordnete Ausbildung durchlaufen, denn sie habe die zur Berufsausübung notwendigen Kenntnisse im redaktionellen und technischen Bereich bei ihrer Tätigkeit in mehreren Betriebsabteilungen vermittelt bekommen. Den erfolgreichen Abschluss ihrer Ausbildung habe die Beklagte mit Zeugnis vom 16.04.2002 (Kopie Bl. 33 d.A.) bestätigt.
Die Klägerin und Berufungsklägerin beantragt:
Das Urteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 20.11.2002, Az 2 Ca 2138/02 wird aufgehoben und die Beklagte gemäß Klageantrag vom 04.03.2002 verurteilt.
Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt:
- Die Berufung wird zurückgewiesen.
- Die Kosten des Rechtsstreits werden der Berufungsklägerin auferlegt.
Zur Begründung trägt sie vor, bei dem aufgrund der wirksamen Befristungsabrede zum 28.02.2002 beendeten Rechtsverhältnis der Parteien habe es sich um kein Berufsausbildungsverhältnis i.S.d. § 78 a BetrVG gehandelt. Aus dieser Vorschrift könne die Klägerin deshalb keinen Weiterbeschäftigungsanspruch able...