Rechtsmittel ist zugelassen.
Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsentgelt
Leitsatz (amtlich)
1. Im noch laufenden Urlaubsjahr ist der Arbeitnehmer nicht verpflichtet, nach dem Entlassungstermin die Abgeltung des Urlaubs für dieses Jahr innerhalb geltender tariflicher Ausschlussfristen geltend zu machen.
2. Eine Vertriebsfirma unterfällt auch dann, wenn sie im Konzernverbund tätig wird, dem MTV Groß- und Außenhandel, soweit es sich bei ihr um keinen unselbständigen Teil eines Produktionsbetriebes handelt.
3. Vor Inkrafttreten des Nachweisgesetzes begründet der fehlende Hinweis auf eine zu beachtende Ausschlussfrist bei eigener Unkenntnis des Arbeitgebers keinen Schadensersatzanspruch.
Normenkette
BUrlG § 7 Abs. 4; BGB § 242; NachwG § 2; TVG § 8
Verfahrensgang
ArbG Nürnberg (Urteil vom 19.07.2002; Aktenzeichen 10 Ca 9946/94) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 19.07.2002 – Az.: 10 Ca 9946/94 – teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 4.501,63 (in Worten: Euro viertausendfünfhunderteins 63/100) brutto abzüglich erhaltener EUR 2.043,12 netto zu bezahlen nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Netto-Differenzbetrag seit dem 01.01.1995.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen, soweit nicht bereits durch Teilurteil hierüber entschieden worden ist.
2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben der Kläger 11/16 und die Beklagte 5/16 zu tragen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger zu 10/11 und die Beklagte zu 1/11 zu tragen.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Zahlung restlicher Vergütung, Urlaubsabgeltung, die Erstattung von Reisekosten sowie Verzugszinsen.
Der am 07.05.1943 geborene Kläger war auf der Grundlage des schriftlichen Vertrages vom 29.08.1985 (Kopie Bl. 937 – 945 d.A.) bei der Firma C… als Außendienstmitarbeiter beschäftigt.
Seit 1990 war der Kläger bei der Beklagten als Mitarbeiter im Außendienst tätig, zunächst als Bezirksleiter D…, spätestens ab dem 01.07.1990 als Verkaufsleiter Deutschland-Großhandel. Es existiert ein Dienstvertrag vom 15.05.1990 (Kopie Bl. 962 – 965 d.A.), der von beiden Parteien nicht unterzeichnet worden ist. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Beklagte infolge Betriebsübergangs in das mit der Firma C… bestandene Arbeitsverhältnis eingetreten ist und welche Arbeitsbedingungen, insbesondere Vergütungsregelungen, zwischen ihnen gelten.
Die Beklagte stellte den Kläger ab dem 17.05.1992 von der Arbeitsleistung frei und kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 22.09.1992 zum 31.12.1992. In dem vom Kläger hiergegen angestrengten Kündigungsschutzprozess wurde diese Kündigung ebenso für rechtsunwirksam erklärt wie die weitere Kündigung mit Schreiben vom 30.11.1993 zum 28.02.1994. In dem gegen eine dritte Kündigung vom 28.04.1994 geführten Rechtsstreit wurde gerichtlich festgestellt, dass diese das Arbeitsverhältnis rechtswirksam zum 31.07.1994 beendet hat.
Mit seiner am 23.12.1994 beim Arbeitsgericht Nürnberg eingereichten Klage macht der Kläger eine Vielzahl von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis gegen die Beklagte geltend. Es ergingen bereits mehrere Teilurteile, die jeweils mit der Berufung angegriffen worden sind.
In dem vorliegenden Verfahren begehrt der Kläger im Wesentlichen die Zahlung der Vergütung für die Monate März bis Juli 1994, Urlaubsabgeltung für die Jahre 1993 und 1994, restliche Reisekosten für die Zeit von Mai 1992 bis Januar 1993 sowie Zinsen für den Monat Februar 1993 und aus einem aufgenommenen Privatdarlehen.
Wegen der Anträge der Parteien und ihres näheren Vorbringens im erstinstanzlichen Verfahren wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Mit Schlussurteil vom 19.07.2002 hat das Arbeitsgericht Nürnberg die Klage abgewiesen, soweit hierüber nicht bereits durch Teilurteil entschieden worden ist. Es hat seine Entscheidung darauf gestützt, mögliche Ansprüche des Klägers seien aufgrund der Ausschlussfrist des für allgemeinverbindlich erklärten Manteltarifvertrages für die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in den bayerischen Betrieben des Groß- und Außenhandels (MTV) verfallen.
Gegen das dem Kläger am 28.08.2002 zugestellte Urteil hat dessen Prozessbevollmächtigte mit Telefax vom 27.09.2002 Berufung eingelegt und sie innerhalb der bis zum 28.11.2002 verlängerten Begründungsfrist mit weiterem Telefax vom 28.11.2002 begründet.
Der Kläger behauptet, da beide Parteien während des bestandenen Arbeitsverhältnisses und noch geraume Zeit danach davon ausgegangen seien, es finde kein Tarifvertrag Anwendung, verstoße es gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, wenn sich die Beklagte nunmehr auf die Geltung des MTV Groß- und Außenhandel berufe. Dessen betrieblicher Geltungsbereich sei nicht eröffnet, da es sich bei der Beklagten um eine Vertriebs-GmbH innerhalb des E…-Konzerns handle, die die Produkte des E…-Hausgerätewerkes in F… und des von E… erworbenen...