Entscheidungsstichwort (Thema)
Verwirkung von Ansprüchen wegen Mobbing
Leitsatz (redaktionell)
Schadensersatzansprüche einer Arbeitnehmerin wegen Mobbings sind wegen Verwirkung ausgeschlossen, wenn diese erst fast 2 1/2 Jahre nach der letzten behaupteten Handlung (hier: Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung) geltend gemacht werden und die Arbeitsvertragsparteien zwischenzeitlich im Kündigungsschutzverfahren einen Vergleich geschlossen haben, der zwar keine allgemeine Abgeltungsklausel enthielt, sich indes auch nicht darauf beschränkte, die mit der Kündigungsschutzklage angegriffene Kündigung zu erledigen.
Normenkette
BGB § 280 Abs. 1, § 823 Abs. 1, § 242
Verfahrensgang
ArbG Bamberg (Entscheidung vom 23.07.2014; Aktenzeichen 3 Ca 947/13) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Bamberg - Kammer Coburg - vom 23.07.2014 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit von der Klägerin behauptetem Mobbing.
Die Klägerin wurde zum 18.07.2001 bei der Beklagten eingestellt. Dem Arbeitsverhältnis lag ein schriftlicher Dienstvertrag vom 24.07.2001 zugrunde. Danach wurde die Klägerin als Aushilfe für Putz- und Montagearbeiten beschäftigt. Gemäß § 2 des Dienstvertrags finden die Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR) in ihrer jeweiligen Fassung auf das Arbeitsverhältnis Anwendung.
Gemäß § 23 AVR verfallen Ansprüche aus dem Dienstverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.
Jedenfalls ab Januar 2008 war die Klägerin in einer Gruppe von behinderten Menschen eingesetzt.
Die Parteien schlossen am 28.04.2009 eine Ausbildungsvereinbarung. Die Klägerin sollte an einer beruflichen Bildungsmaßnahme zur "(Geprüften) Fachkraft zur Arbeits- und Berufsförderung in Werkstätten für behinderte Menschen" teilnehmen. Die Fortbildung war vom 22.06.2009 bis 21.01.2011 geplant. Das Ziel der Fortbildung war, dass die Klägerin danach als Gruppenleiterin eingesetzt werden sollte.
Die Klägerin begann die Fortbildung.
Ende 2009/Anfang 2010 entstanden Unstimmigkeiten zwischen der Klägerin und ihrem Vorgesetzten, dem Werkstattleiter Herrn N....
Die Klägerin sollte ab 23.02.2010 für eine Woche im Fahrdienst in der Werkstatt für Behinderte in B... eingesetzt werden. Zu den Aufgaben gehörte es, das Mittagessen zu holen. Hierzu müssen Essenswagen in einen Bus hinein- und hinausgeschoben werden. Die Klägerin brach diese Arbeit als zu schwer ab. Ab dem nächsten Tag wurde sie in der Werkstatt in M... beschäftigt.
Anfang März 2010 kündigte Herr N... den Fortbildungsvertrag.
Unter dem 21.04.2010 richtete die Klägerin einen Brief an die Direktion der R...-Stiftungen. Wegen des Inhalts wird auf die vorgelegte Kopie Bezug genommen (Bl. 71/72 d.A.).
Die Beklagte erteilte der Klägerin mit Datum vom 18.05.2010 eine Abmahnung. Darin warf sie der Klägerin vor, sie habe vor allem durch "Ihre einseitigen zum Teil auch beleidigenden Aussagen und Verdächtigungen gegenüber Kollegen und Ihrem Vorgesetzten Herrn N..." das Arbeitsklima und den Betriebsfrieden nachhaltig gestört. Außerdem rügte die Beklagte, die Klägerin habe sich in der Öffentlichkeit negativ über Kollegen geäußert und - bezogen auf den Brief an die Direktion der R...-Stiftungen - den Beschwerdeweg über die Geschäftsführung nicht eingehalten. Wegen des Inhalts der Abmahnung im Einzelnen wird auf die vorgelegte Kopie Bezug genommen (Bl. 75 d.A.).
Die Klägerin erhob gegen die Abmahnung vom 18.05.2010 Klage zum Arbeitsgericht Bamberg, mit der sie gleichzeitig die Beschäftigung als Gruppenleiterin sowie die Kostenübernahme und Freistellung für die Fortbildung zur "(Geprüften) Fachkraft zur Arbeits- und Berufsförderung in Werkstätten für behinderte Menschen" geltend machte. Das Verfahren wurde unter dem Aktenzeichen 4 Ca 1051/10 geführt.
Die Beklagte mahnte die Klägerin unter dem 27.05.2010 ein weiteres Mal ab, da die Klägerin sich nicht unverzüglich krank gemeldet habe.
Mit Schreiben vom 08.12.2010 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin fristlos, hilfsweise ordentlich zum nächstmöglichen Termin. Die Klägerin erhob gegen die Kündigung Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht Bamberg, das unter dem Aktenzeichen 4 Ca 1201/10 geführt wurde.
Am 05.04.2011 schlossen die Parteien im Kündigungsschutzverfahren einen Vergleich (Bl. 95/94 RS d.A.). Darin wurde u.a. das Arbeitsverhältnis zwischen ihnen zum 30.06.2011 beendet. Die Klägerin wurde ab Rechtskraft des Vergleichs (Ablauf des 12.04.2011) von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt. Als Abfindung wurde ein Betrag von 10.000,00 € brutto vereinbart.
Mit Schreiben vom 04.04.2013 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten geltend, sie sei über einen langen Zeitraum Anfeindungen und Mobbing ausgesetzt gewesen. Aufg...