Entscheidungsstichwort (Thema)

sonstiges

 

Leitsatz (amtlich)

§ 10 Abs. 1 Satz 1 BUrlG (in der ab 01.10.1996 geltenden Fassung) ist verfassungskonform dahingehend auszulegen, daß eine Anrechnung von Kurtagen auf den tariflichen Zusatzurlaub dann nicht zulässig ist, wenn der Tarifvertrag vor dem 01.10.1996 abgeschlossen worden ist (im Anschluß an LAG Brandenburg, Urteil vom 20.02.1998 – 4 Sa 817/97 – LAGE Nr. 3 zu § 10 BUrlG).

 

Verfahrensgang

ArbG Nürnberg (Urteil vom 26.11.1997; Aktenzeichen 2 Ca 5073/97)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 28.05.2002; Aktenzeichen 9 AZR 88/99)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 26.11.1997 – 2 Ca 5073/97 – wird auf Kosten der Berufungsführerin zurückgewiesen.

2. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um das Recht der Beklagten, dem Kläger für die Zeit einer Kurmaßnahme den tariflichen Urlaub gemäß § 10 Abs. 1 BUrlG (in der Fassung des Arbeitsrechtlichen Beschäftigungsförderungsgesetzes vom 25.09.1996) zu kürzen.

Der Kläger arbeitete seit November 1973 bis 31.12.1993 bei der Deutschen Bundesbahn; mit Wirkung vom 01.01.1994 ist das Arbeitsverhältnis aufgrund des Gesetzes zur Neuordnung des Eisenbahnwesens (ENeuOG vom 27.12.1993) auf die Beklagte übergeleitet worden.

Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft beidseitiger Tarifbindung der ab 01.01.1994 geltende Tarifvertrag über die Sicherung der Einkommen und Arbeitsbedingungen für die zur DB AG übergeleiteten Arbeitnehmer (im folgenden: ÜTV) und der ab 01.01.1994 geltende Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer der DB AG (im folgenden: MTV) Anwendung. Bis 31.12.1993 galt der Tarifvertrag für die Arbeiter der Deutschen Bundesbahn (im folgenden: LTV).

In der Zeit vom 30.04. bis 21.05.1997 führte der Kläger eine von der Bahnversicherungsanstalt verordnete Kur durch. Davon rechnete die Beklagte in Anwendung des § 10 Abs. 1 Satz 1 BUrlG sechs Tage auf den tariflichen Urlaubsanspruch des Klägers für 1997 an (vgl. Bl. 10 d.A.), so daß sich zum vom Kläger gewählten Stichtag 06.06.1997 statt 22 Urlaubstagen nur noch ein Urlaubsanspruch von 16 Tagen ergab.

Wegen des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien im einzelnen wird gemäß § 543 Abs. 2 Sätze 1 und 2 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Endurteils (Bl. 43–46 d.A.) Bezug genommen.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, daß der Kläger zum Stichtag 06.06.1997 einen Urlaubsanspruch von 22 Tagen hat.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Durch Urteil vom 26.11.1997 hat das Arbeitsgericht Nürnberg der Klage stattgegeben und den Streitwert auf DM 6.000,– festgesetzt. Wegen der Entscheidungsgründe wird auf Bl. 47 bis 53 d.A. verwiesen.

Gegen das ihr am 16.01.1998 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 16.02.1998 – beim Landesarbeitsgericht Nürnberg am selben Tag eingegangen – Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 16.04.1998 – beim Landesarbeitsgericht Nürnberg am selben Tag eingegangen – begründet.

Die Beklagte trägt vor:

Das Erstgericht habe zu Unrecht ein Anrechnungsverbot aus dem LTV abgeleitet. Die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle habe ihre tarifliche Grundlage nicht im § 27 LTV, sondern im § 9 MTV. Über §§ 15 f, 2 ÜTV gelte. § 27 LTV nur insoweit fort, als sich aus § 27 LTV über den gesetzlichen Anspruch hinausgehende Ansprüche ergäben. Zur Frage der Anrechnung von Kuren auf Urlaub sei hier keine Regelung enthalten. Im übrigen habe § 27 Abs. 8 LTV nur einen rein deklaratorischen Inhalt, der nicht über den Inhalt des im Zeitpunkt des Inkrafttretens des ÜTV geltenden § 7 LFZG hinausgegangen sei. Der Lohnfortzahlungsanspruch bei Kuren sei für keinen der bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer tarifvertraglich geregelt, anwendbar seien ausschließlich die gesetzlichen Vorschriften der §§ 9 EFZG, 10 BUrlG. § 10 BUrlG erlaube die Anrechnung von Kurtagen auf den tariflichen Urlaub. Dem stünde die die Überleitung von Urlaubsansprüchen regelnde Bestimmung des § 11 ÜTV nicht entgegen, da sich diese Norm ausschließlich auf die Zahl der dem Arbeitnehmer zustehenden Urlaubstage im Urlaubsjahr beziehe. Da der ÜTV dem Kläger keine höhere Zahl von Urlaubstagen gewähre, sei für den Inhalt seiner tarifvertraglichen Urlaubsansprüche allein § 10 MTV maßgebend. § 10 MTV enthalte keinen Ausschluß der sich aus § 10 Abs. 1 BUrlG ergebenden Anrechnungsbefugnis.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 26.11.1997, Az.: 2 Ca 5073/97 die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt:

  1. Die Berufung ist zurückzuweisen.
  2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Berufungsklägerin.

Der Kläger verteidigt das Ersturteil und meint, daß sich der Ausschluß der Anrechnungsbefugnis aus dem anzuwendenden § 27 Abs. 8 LTV ergebe.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beklagten vom 16.04.1998 nebst Anlagen (Bl. 98–121 d.A.) und vom 16.11.1998 nebst Anlage (Bl. 144–148 d.A.) sowie des Schriftsatzes des Klägers vom 04.05...

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