Entscheidungsstichwort (Thema)

Erlöschen von Differenzlohnansprüchen eines Leiharbeitnehmers aufgrund Abgeltungsklausel in Abfindungsvergleich

 

Leitsatz (amtlich)

Eine umfassende Abgeltungsklausel in einem gerichtlichen Vergleich zur Gesamtbereinigung eines streitigen Arbeitsverhältnisses erfasst auch etwaige "Equal-Pay-Ansprüche" des Arbeitnehmers.

Diesbezüglich findet keine Inhaltskontrolle gem. § 307 Abs. 1 BGB statt, wenn der den Bestandsstreit der Parteien beendende Vergleich unter Mitwirkung des Gerichts zustande gekommen ist.

 

Normenkette

AÜG §§ 9-10; BGB §§ 305, 307; AÜG § 10 Abs. 4; BGB § 305 Abs. 1 Sätze 1, 3, § 307 Abs. 1 S. 1, § 779; ZPO § 278 Abs. 6

 

Verfahrensgang

ArbG Nürnberg (Entscheidung vom 10.04.2013; Aktenzeichen 12 Ca 544/12)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 27.05.2015; Aktenzeichen 5 AZR 137/14)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 10.04.2013, Az.: 12 Ca 544/12, wird auf Kosten des Berufungsführers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Vergütungsansprüche aus dem "Equal-Pay-Prinzip".

Der am 20.05.1953 geborene Kläger war bei der Beklagten, einem Zeitarbeitsunternehmen, auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 09.06.2008 (Kopie Bl. 23 bis 26 d. A.) ab dem 10.06.2008 als Leiharbeitnehmer beschäftigt und bei mehreren Verleihfirmen als Elektrohelfer eingesetzt worden.

In dem Kündigungsrechtsstreit der Parteien vor dem Arbeitsgericht Nürnberg, Az.: 1 Ca 8610/09, hat der damals anwaltlich vertretene Kläger in dem Gütetermin vom 09.12.2009 folgenden Vergleich abgeschlossen:

1. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete aufgrund ordentlicher betriebsbedingter Arbeitgeberkündigung mit Ablauf des 30.11.2009.

2. Die Beklagte zahlt an den Kläger als Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes entsprechend §§ 9, 10 KSchG 1.000,-- € brutto.

3. Die Beklagte verpflichtet sich, für September 2009 € 334,25 brutto zu zahlen.

4. Die Beklagte verpflichtet sich für die Zeit vom 19.10.2009 bis 30.11.2009 Lohnfortzahlung im Krankheitsfall zu leisten. Die Beklagte verpflichtet sich, diesen Betrag ordnungsgemäß abzurechnen und auszuzahlen.

5. Die Beklagte verpflichtet sich, den offenen Resturlaub und die offenen Gutstunden auszuzahlen.

6. Die Beklagte verpflichtet sich, dem Kläger eine Arbeitsbescheinigung gem. § 312 SGB III unter Berücksichtigung dieses Vergleiches zu erteilen und zu übersenden.

7. Darüber hinaus hat keine Partei mehr gegen die andere Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung, unabhängig davon, ob solche derzeit bekannt oder unbekannt sind und auf welchem Rechtsgrund sie beruhen mögen.

8. Dieser Vergleich wird rechtswirksam, wenn er nicht von der Beklagten durch schriftliche Erklärung widerrufen wird, die bis spätestens 23.12.2009 beim Arbeitsgericht Nürnberg eingegangen sein muss.

Die Beklagte nahm am 15.12.2009 eine Abrechnung der Vergütung für den Monat November 2009, einer Urlaubsabgeltung von 512,01 EUR brutto, der vereinbarten Abfindung von 1.000,00 EUR brutto sowie einer Nachberechnung von Entgelt und Entgeltfortzahlung ab dem Monat August vor (Kopie Bl. 135 d. A.) und widerrief den Vergleich nicht.

Mit seiner am 13.05.2011 zur Rechtsantragstelle des Arbeitsgerichts Nürnberg erhobenen Klage begehrt der Kläger für alle abzurechnenden Stunden seiner Beschäftigung vom 10.06.2008 bis 30.11.2009 noch eine restliche Stundenvergütung von 1,35 EUR brutto in einer Gesamthöhe von 2.681,64 EUR.

Mit Schriftsatz vom 23.01.2012 hat der nunmehr auch in dem Zahlungsrechtsstreit anwaltlich vertretene Kläger weitere Differenzbeträge und eine zusätzliche Urlaubsabgeltung für 14 Urlaubstage geltend gemacht.

Wegen der Anträge der Parteien und ihres näheren Vorbringens im erstinstanzlichen Verfahren wird auf den Tatbestand der angefochtene Entscheidung Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht Nürnberg hat mit Endurteil vom 10.04.2013 die Klage abgewiesen und dies damit begründet, die streitgegenständlichen Zahlungsansprüche des Klägers seien aufgrund der Regelung in Ziffer 7 des Vergleiches vom 09.12.2009 nicht mehr gegeben.

Die Prozessbevollmächtigten des Klägers haben gegen das ihnen am 29.04.2013 zugestellte Urteil mit dem am selben Tag beim Landesarbeitsgericht Nürnberg eingegangenem Schriftsatz vom 28.05.2013 Berufung eingelegt und sie innerhalb der bis 29.07.2013 verlängerten Begründungsfrist mit dem am selben Tag beim Landesarbeitsgericht Nürnberg eingegangenem Schriftsatz vom 24.07.2013 begründet.

Der Kläger meint, entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts Nürnberg seien die streitgegenständlichen "Equal-Pay-Ansprüche" einer vergleichsweisen Regelung nicht zugänglich, denn sie seien nicht parteidispositiv. Auch wenn es sich bei den "Equal-Pay-Ansprüchen" um solche aus dem Arbeitsverhältnis handeln würde, würden sie von der in dem abgeschlossenen Vergleich enthaltenen Ausgleichsklausel nicht erfasst, denn es handle sich bei ihnen um unabdingbare gesetzliche Ansprüche.

Entgegen der Auffassung des Erstgerichts hä...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge