Entscheidungsstichwort (Thema)
Vornahme einer Handlung
Leitsatz (amtlich)
1. Eine bei Abschluß des Arbeitsvertrages vereinbarte einzelvertragliche Ausschlußklausel erfaßt in der Regel nicht den bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstehenden Zeugnisanspruch.
2. Eine einzelvertragliche vereinbarte zweistufige Ausschlußklausel, deren erste Stufe eine Zweiwochenfrist ab Fälligkeit beinhaltet, ist jedenfalls hinsichtlich der Geltendmachung eines Zeugenanspruchs unangemessen kurz und damit unwirksam.
Verfahrensgang
ArbG Nürnberg (Urteil vom 07.04.1992; Aktenzeichen 5 Ca 6836/91) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers vom 13.05.1991 wird das Urteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 07.04.1992, Aktenzeichen 5 Ca 6836/91, abgeändert.
2. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ein Arbeitszeugnis zu erteilen, das sich auf Führung und Leistung im Dienst erstreckt.
3. Von den kosten des Rechtsstreits hat der Kläger 1/5, die Beklagte 4/5 zu tragen.
Tatbestand
Der Kläger, der vom 01.01.1989 bis 31.12.1989 bei der Beklagten beschäftigt war, begehrt mit der Klage die Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses.
Im Anstellungsvertrag der Parteien vom 27.09.1988 war als Aufgabengebiet die Leitung der Abteilung Einkauf/Materialwirtschaft vereinbart. Gemäß § 5 des Arbeitsvertrages war der Hausvertrag als wesentlicher Bestandteil des Anstellungsvertrages bezeichnet worden.
In § 11 des Hausvertrages ist folgendes bestimmt:
Ausschlußfristen
Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Zusammenhang stehen, müssen innerhalb von 2 Wochen nach Fälligkeit gegenüber dem anderen Vertragspartner schriftlich geltend gemacht werden. Lehnt der Vertragspartner den Anspruch ab, oder erklärt er sich nicht innerhalb von 2 Wochen nach Geltendmachung des Anspruchs uneingeschränkt zur Erfüllung bereit, so kann der Anspruch nicht mehr geltend gemacht werden, wenn er nicht innerhalb von 2 Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.
Im übrigen wird auf den in Kopie vorliegenden Haustarifvertrag sowie den Anstellungsvertrag Bezug genommen.
Mit Schriftsatz vom 07.02.1990 hat vorgerichtlich der Prozeßbevollmächtigte des Klägers unter anderem um die Übersendung der Lohnsteuerkarte für das Jahr 1989 und die Erteilung eines wohlwollenden qualifizierten Zeugnisses gebeten. Auf den Inhalt dieses Schreibens (Blatt 46 d.A.) wird im übrigen Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 10.08.1990 wiederholte der Kläger die Forderung nach Erteilung des qualifizierten Arbeitszeugnisses (vgl. Blatt 47 d.A.).
Das Arbeitsgericht Nürnberg hat durch Endurteil vom 07.04.1992 wie folgt entschieden:
- Die Klage wird abgewiesen.
- Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
- Der Streitwert wird auf DM 10.000,– festgesetzt.
Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, der geltend gemachte Anspruch auf Erteilung eines Arbeitszeugnisses sei gemäß § 11 des Hausvertrages über die Ausschlußfristen verfallen, da er nicht innerhalb von zwei Wochen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses schriftlich geltend gemacht worden sei. Die Ausschlußklausel in § 11 des Hausvertrages sei wirksam, wie bereits das Landesarbeitsgericht Nürnberg in der Entscheidung vom 09.09.1991 (7 Sa 521/90) festgestellt habe. Dieser Entscheidung schließe sich das Arbeitsgericht in Begründung und Ergebnis an. Nach dem Wortlaut des § 11 des Hausvertrages würden alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis erfaßt, demnach also auch Zeugnisansprüche. Es sei in der Rechtsprechung anerkannt, daß solche allgemeinen Ausschluß- bzw. Verfallklauseln in Tarifverträgen auch die Zeugnisansprüche der Arbeitnehmer erfassen würden (vgl. BAG vom 23.02.1983 = EZA Nr. 15 zu § 70 BAT). Der zulässigen Ausschlußklausel unterfielen zumindest alle abdingbaren gesetzlichen Ansprüche eines Arbeitnehmers, wie sich aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 24.03.1988 (= EZA Nr. 72 zu § 4 TVG „Ausschlußfristen”) ergebe. Nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 25.07.1984 (5 AZR 219/82) würden auch unabdingbare Rechte des Arbeitnehmers von einzelvertraglich vereinbarten Verfallklauseln erfaßt, weshalb auch der ansonsten nach allgemeiner Meinung grundsätzlich unabdingbare Zeugnisanspruch des Arbeitnehmers (vgl. Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 6. Auflage, § 146 I 7) der Ausschlußklausel unterliege. Es bedeute keine unangemessene Benachteiligung des Klägers, wenn er seinen Zeugnisanspruch innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses schriftlich geltend machen müsse. Dafür müsse er keine umfangreichen Ermittlungen oder Überlegungen anstellen, sondern könne dies mit einem Satz vornehmen.
Gegen das den Prozeßbevollmächtigten des Klägers am 11.05.1992 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Nürnberg haben diese mit Schriftsatz vom 13.05.1992, der gleichzeitig die Begründung der Berufung enthielt, und am 15.05.1992 beim Landesarbeitsgericht Nürnberg einging, Berufung eingelegt.
In der Berufung bringt der Kl...