Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirkungsloser Pfändungs- und Überweisungsbeschluss bei Vorausabtretung des pfändbaren Arbeitseinkommens an einen Rechtsanwalt

 

Leitsatz (amtlich)

Der Drittschuldner wendet ein, dass er eine dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vorangehende Lohnabtretung des Schuldners berücksichtigen müsste und daher der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ins Leere laufe.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine Forderung kann nur gepfändet und überwiesen werden, wenn sie dem Schuldner (Arbeitnehmer) gegen die Drittschuldnerin (Arbeitgeberin) zum Zeitpunkt der Pfändung auch zusteht; ist das nicht der Fall, entfaltet die Pfändung keine Wirkung.

2. Auch künftige Lohnforderungen gegen die jeweilige Arbeitgeberin können abgetreten werden, wenn der Umfang der Abtretung genügend bestimmt oder zumindest bestimmbar ist; hierzu reicht es aus, dass die vom Abtretungsempfänger in Anspruch genommene Forderung genügend bestimmbar ist.

3. Sind ausdrücklich Gehaltsansprüche des Arbeitnehmers (Schuldners) gegen die jeweilige Arbeitgeberin abgetreten worden, ist Bestimmbarkeit gegeben; die Abtretung ist im Übrigen wirksam, wenn sie auf den pfändbaren Teil der Gehaltsansprüche des Schuldners beschränkt ist (§ 400 BGB mit § 850 ff. ZPO).

4. Der Einwand, dass die Vollstreckungsforderung des Gläubigers an den Schuldner nicht besteht, kann die Drittschuldnerin (Arbeitgeberin) dem klagenden Gläubiger nicht entgegenhalten, da von der Arbeitgeberin nicht verlangt werden kann, dass sie bei Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen die Berechtigung der zugrunde liegenden Forderung des Gläubigers und darüber hinaus die Möglichkeit prüft, ob hiergegen Einwendungen erhoben werden können; gleiches gilt bei Abtretungen.

 

Normenkette

ZPO §§ 836, 829; BGB §§ 398, 400; ZPO § 836 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Bayreuth (Entscheidung vom 11.12.2014; Aktenzeichen 2 Ca 77/14)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Bayreuth vom 11.12.2014, Aktenzeichen: 2 Ca 77/14, wird auf Kosten der Berufungsführerin zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die beiden Parteien streiten im Wege der Drittschuldnerklage über die Zahlung von gepfändetem Arbeitsentgelt.

Der Klägerin steht gegenüber dem Streitverkündeten, Herrn B..., aus dem Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 16.05.2012, Aktenzeichen I - 15 U 154/11, eine Forderung in Höhe von 276.718,29 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.10.2009 zu. Ein weiterer Anspruch der Klägerin gegenüber dem Streitverkündeten ergibt sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Kleve vom 01.08.2012 in Höhe von 8.691,01 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.05.2012.

Der Streitverkündete, welcher dem Verfahren nicht beigetreten ist, ist bei der Beklagten beschäftigt und erhält ein Nettoeinkommen von ca. 3.600,00 bis 3.700,00 EUR monatlich. Mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Schwabach vom 10.12.2012, der Beklagten zugestellt am 17.12.2012, pfändete die Klägerin den Vergütungsanspruch des Streitverkündeten gegen die Beklagte. Mit Anwaltsschreiben vom 12.02.2013 ließ die Beklagte mitteilen, dass zwei "vorrangige" Abtretungen vorlägen. Eine beträfe die Ehefrau des Streitverkündeten im Hinblick auf zu sichernde Unterhaltsansprüche in Höhe von 250.000,00 EUR. Die andere bestehe zu Gunsten des Herrn Rechtsanwalts G... im Hinblick auf Forderungsansprüche in Höhe von 75.000,00 EUR. Die Beklagte habe zunächst die Abtretung des Rechtsanwaltes G... zu bedienen.

Die Klägerin hat vor dem Arbeitsgericht die Auffassung vertreten, dass die von der Beklagten behaupteten vorgehenden Abtretungs- bzw. Pfändungsansprüche nicht gegeben seien. Die Abtretung des Streitverkündeten zu Gunsten seiner Ehefrau sei evident unwirksam. Es gäbe keine zu sichernden Unterhaltsansprüche der Ehefrau; erst Recht nicht in Höhe von sage und schreibe 250.000,00 EUR. Dies gelte umso mehr, als der Streitverkündete und seine Ehefrau überhaupt nicht getrennt leben würden. Die Abtretung diene ausschließlich und alleine dem Zwecke der Vollstreckungserschwerung bzw. der Vollstreckungsvereitelung. Die Abtretung sei daher nicht zu berücksichtigen.

Gleiches gelte auch für die Abtretung zu Gunsten des Herrn Rechtsanwaltes G.... Zwar habe Herr Rechtsanwalt G... den Streitverkündeten in dem der Forderung der Klägerin zugrundeliegenden Verfahren vertreten. Diese Verfahren hätten im Mai 2012 geendet. Die Abtretung vermeintlicher Vergütungsansprüche in Höhe von 75.000,00 EUR sei jedoch bereits am 05.03.2009 erfolgt. Es sei vollkommen unrealistisch, dass zu diesem Zeitpunkt bereits Vergütungsansprüche des Rechtsanwalts G... in Höhe von 75.000,00 EUR bestanden hätten. Es werde daher bestritten, dass derartige Vergütungsansprüche des Rechtsanwalts G... gegen den Streitverkündeten bestünden. Auch diese Abtretung diene erkennbar und ausschließlich dem Zwecke der Zwangsvollstreckungserschwerung- bzw. -...

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