Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschlussfrist. Karenzentschädigung. Forderung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Beruft sich ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsvertrag eine unbestimmte allgemeine Bezugnahmeklausel enthält, auf die Anwendbarkeit des Rationalisierungsschutzabkommens einer bestimmten Tarifbranche, dann muss er sich auch die im Manteltarifvertrag derselben Tarifbranche enthaltene Ausschlussfrist entgegenhalten lassen.

2. Ausschlussfristen für „gegenseitige Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis” erfassen auch Ansprüche auf Wettbewerbsentschädigung.

3. Die Aufforderung, künftig Karenzentschädigung in bestimmter Höhe zu zahlen, stellt keine ausreichende Geltendmachung des jeweiligen monatlichen, erst später fälligen Zahlungsanspruches auf Karenzentschädigung dar. Dies gilt zumindest dann, wenn sich der Arbeitnehmer entsprechend § 74c HGB monatlich anderweitigen Verdienst anrechnen lassen muss. Die Konstellation ist mit der Geltendmachung von Annahmeverzugsansprüchen, die von der streitigen Wirksamkeit einer Kündigung abhängen, nicht vergleichbar, weil hinsichtlich des anderweitigen Verdienstes bei der Karenzentschädigung keine vergleichende Gesamtberechnung durchzuführen ist.

 

Normenkette

HGB § 74c

 

Verfahrensgang

ArbG Würzburg (Urteil vom 19.05.2004; Aktenzeichen 5 Ca 2376/02 A)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Würzburg, Kammer Aschaffenburg, vom 19.05.2004, Az. 5 Ca 2376/02 A, wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Berechtigung der Beklagten zur Kürzung einer Altersversicherung sowie über die Pflicht zur Zahlung einer Karenzentschädigung.

Die am 23.01.1949 geborene Klägerin war seit Februar 1972 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch Kündigung der Beklagten vom 29.11.1999 zum 30.06.2000.

Im Anstellungsvertrag vom 08.08.1979, dessen genauen Wortlautes wegen auf die mit der Klage vorgelegte Ablichtung Bezug genommen wird (K 1, Bl. 5 f.), ist, soweit vorliegend von Interesse, folgendes geregelt:

„5. Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, nach seinem Ausscheiden aus der Brauerei für die Dauer eines Jahres im Umkreis von 150 km um C. für keine Brauerei, Getränkevertrieb oder ein ähnliches Unternehmen tätig zu werden, auch nicht beratend oder in einem Beteiligungsverhältnis. …

Die Brauerei ist verpflichtet, dem Arbeitnehmer für die Dauer der Karenzverpflichtung eine Entschädigung in Höhe der zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen zu zahlen. Die Anrechnung anderweitigen Erwerbs wird nach § 74c HGB geregelt, auch soweit es sich bei dem Arbeitnehmer um einen technischen Angestellten oder einen gewerblichen Arbeitnehmer handelt.

Die Brauerei wird bezüglich des Wettbewerbsverbotes dem Arbeitnehmer eine gesonderte Urkunde aushändigen.

7. Soweit in dieser Vereinbarungen besondere Regelungen nicht getroffen sind, gilt, soweit ein Tarifvertrag vorliegt, die Regelung des Tarifvertrages. Bei Arbeitnehmern, die außerhalb eines Tarifvertrages stehen, gelten die gesetzlichen Bestimmungen.”

Die Beklagte händigte der Klägerin am 08.08.1979 eine von beiden Vertragsparteien unterzeichnete entsprechende Urkunde aus, die als Anlage zum Arbeitsvertrag genommen wurde (Anlage zum Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 31.03.2003, Bl. 37 d.A.). Dort heißt es, es sei für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Wettbewerbsverbot vereinbart worden, das „folgende Bedingungen” enthalte. Es folgen wortgleich die im Arbeitsvertrag abgedruckten Regelungen hinsichtlich Wettbewerbsverbot und -entschädigung, allerdings mit zwei Ausnahmen. Zum einen ist im Text hinsichtlich der Höhe der Entschädigung festgelegt, dass diese „in Höhe der Hälfte der zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen zu zahlen” sei. Zum anderen schließt die Urkunde mit dem Satz, dass „ergänzend … die Bestimmungen des HGB § 74 ff HGB für die Auslegung dieses Wettbewerbsverbotes” gelten sollten.

Unter dem 30.03.1973 übergab die Rechtsvorgängerin der Beklagten der Klägerin eine von beiden Vertragsparteien unterzeichnete „Anerkennungsurkunde für eine Betriebliche Altersversorgung” (Anlage K 3 zur Klageschrift, Bl. 10 d.A.). Darin wurde mitgeteilt, dass die Arbeitgeberin bei der D.-Versicherung einen Lebensversicherungsvertrag für die Klägerin mit der Gesamtversorgungsobergrenze von 9.992,– DM abgeschlossen habe, die am 01.12.1971 beginne und am 01.12.2013 ende. Die Versicherung wurde wie bei den anderen begünstigten Arbeitnehmern im Rahmen einer Gruppenversicherung geführt. Die Versicherungsbedingungen bei der D.-Versicherung wurden entsprechend den Regelungen des BetrAVG geführt.

Im Betrieb der Beklagten existiert eine „Versorgungsordnung” vom 20.12.1978, in der, soweit vorliegend von Interesse, folgendes auf maschinengeschriebenem Vordruck geregelt ist (Anlage K 2 zur Klageschrift, Bl. 7 ff. d.A.):

”1. Aufnahme in die Versorgung (Berechtigte)

Betriebsangehörige werden in das Versorgungswerk aufgenom...

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