Entscheidungsstichwort (Thema)
„Abmachung, andere”. Altersversorgung, betriebliche. Dienstkleidung. Reinigung. Schadensersatz. Schadensersatz wegen Nichtreinigung der Dienstkleidung. Betriebliche Altersversorgung
Leitsatz (redaktionell)
1. Verlangt eine tarifverragliche Ausschlussfrist nur die einmalige Geltendmachung von Ansprüchen, so ist eine einmalige Geltendmachung ausreichend, auch wenn es sich um wiederkehrende Ansprüche handelt. Auf eine in einem Vorprozess erfolgte Geltendmachung kann sich der Arbeitnehmer in einem weiteren Prozess, der wegen späterer Anspruchszeiträume geführt wird, berufen.
2. Eine Ersetzung durch eine „andere Abmachung” i.S.v. § 4 Abs. 5 TVG kann im Nachwirkungszeitraum durch einzelvertragliche Abrede erfolgen.
3. Durch § 2 Abs. 2 S. 4 bis 6 BetrAVG soll sichergestellt werden, dass der ursprüngliche Versorgungszweck auch nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten bleibt. Es soll verhindert werden, dass der Arbeitnehmer die Anwartschaft liquidiert und für andere Zwecke verwendet.
4. Die betriebliche Altersversorgung dient einem Versorgungszweck und nicht dazu, dass Arbeitnehmer im laufenden Arbeitsverhältnis einen „Gewinn” erzielen, indem sie sich vor Eintritt des Versorgungsfalls den Rückkaufswert auszahlen lassen.
Normenkette
BGB § 280 Abs. 3; BetrAVG § 2; TVG §§ 1, 4 Abs. 5; VVG § 169 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Urteil vom 20.09.2011; Aktenzeichen 6 Ca 556/11) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach – vom 20.09.2011, Az.: 6 Ca 556/11, teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin weitere EUR 110,00 netto zu zahlen.
Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche wegen Nichtreinigung der Dienstkleidung sowie über Ansprüche im Zusammenhang mit der betrieblichen Altersversorgung.
Die Klägerin (geb. am 17.06.1968) ist seit dem 01.11.1995 in der C. der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin in C.-Stadt als Pflegehilfe beschäftigt. Sie ist seit August 2009 Mitglied der Gewerkschaft Z..
Am 07.07.1998 hatte die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die Y.X. gGmbH, mit der W. einen Tarifvertrag über eine zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung (Bl. 95 ff d.A.) abgeschlossen, auf dessen Grundlage zu Gunsten der Klägerin als versicherter Person bei der Volksfürsorge Deutsche Lebensversicherung AG (nunmehr: Generali) ein Gruppenversicherungsvertrag (Bl. 103 ff. d.A.) in Form einer Direktversicherung abgeschlossen worden ist. Die Beklagte hat diesen Tarifvertrag mit Schreiben vom 22.09.2004 gegenüber Z. zum 31.03.2005 gekündigt.
Im Vorprozess (7 Ca 606/09) zwischen den Parteien ist die Beklagte mit rechtskräftigem Urteil vom 25.03.2010 (LAG Rheinland-Pfalz – 10 Sa 695/09 – Juris) verurteilt worden, an die Klägerin für die Zeit vom 01.01. bis zum 30.09.2009 (9 Monate) Schadensersatz wegen Nichtreinigung der Dienstkleidung in Höhe von monatlich EUR 10,00 zu zahlen. Die Beklagte ist außerdem verurteilt worden, zu Gunsten der Klägerin für die Zeit vom 01.06.2005 bis zum 31.05.2009 (48 Monate) Versicherungsbeiträge an die Generali Lebensversicherung AG (Versicherungsnummer: 000) in einer Gesamthöhe von EUR 2.638,33 zu zahlen. Auf den weiteren Inhalt des Urteils vom 25.03.2010 wird Bezug genommen.
Die Klägerin kündigte mit Schreiben vom 07.01.2011 die Lebensversicherung gegenüber der Generali mit sofortiger Wirkung. Die Beklagte erklärte auf dem Kündigungsschreiben ihr Einverständnis (Bl. 191 d.A.). Daraufhin übersandte die Generali den Parteien folgendes Schreiben (Bl. 192 d.A.):
„Kündigung einer nach § 40 b EStG a.F. geförderten Direktversicherung im bestehenden Arbeitsverhältnis
Die Kündigung einer Direktversicherung im laufenden Dienstverhältnis stellt arbeitsrechtlich einen Widerruf einer Versorgungsanwartschaft dar, welcher im Einzelfall einen Arbeitgeber nicht von seinem Versorgungsversprechen entbindet, wenn nach Auszahlung des Rückkaufswertes der Versorgungsfall eintritt.
Die Generali Lebensversicherung erstattet den Rückkaufswert nur auf ein Konto der Firma Pro Seniore …, welche den Rückkaufswert an den Arbeitnehmer über die Lohnabrechnung weiterleitet. Der Rückkaufswert ist beim Arbeitnehmer lohnsteuerfrei.
Allerdings stellt die Auszahlung des Rückkaufswertes grundsätzlich Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 Abs. 1 S. 1 SGB IV dar, so dass von Arbeitgeber und Arbeitnehmer die gültigen Sozialversicherungsbeiträge zu tragen sind. […]
Die Auszahlung der Versicherungsleistung ist kapitalertragssteuerpflichtig. Die Kapitalertragssteuer muss der Arbeitnehmer tragen. […]
Bitte zutreffendes ankreuzen:
⊠ Wir haben die Folgen der vorzeitigen Kündigung der Direktversicherung zur Kenntnis genommen und bleiben bei der Kündigung.
□ Statt der Kündigung bitten wir um Beitragsfreistellung des Vertrages.
□ Die Kündigung wird nicht mehr gewünscht....