Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitbestimmung bei der Pflicht zur Nutzung eines Gruppenkalenders für die Verwaltung betrieblicher Termine. Klage eines Verkehrsmeisters auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte bei unterlassener Beteiligung des Betriebsrats
Leitsatz (amtlich)
Hat der Arbeitgeber vor der Einrichtung des Gruppenkalenders in Outlook den Betriebsrat nicht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG beteiligt, ist eine Weisung den Gruppenkalender zu benutzen unwirksam. Eine entsprechende Abmahnung ist aus der Personalakte zu entfernen.
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein computergestützter Gruppenkalender ist eine technische Einrichtung im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG und ermöglicht es der Arbeitgeberin, eine Auswertung der Leistungen des Arbeitnehmers im Hinblick auf die Koordination seiner Termine oder der Terminsdichte vorzunehmen, ohne dass der Arbeitnehmer davon Kenntnis erhält.
2. Vor der Einrichtung eines computergestützten Gruppenkalenders ist der Betriebsrat zu beteiligen, Eine Betriebsvereinbarung zum Umgang mit Informations- und Kommunikationsanlagen stellt keine (vorweggenommene) Zustimmung des Betriebsrats zum Gruppenkalender dar, wenn diese Vereinbarung in erster Linie die private Nutzung der technischen Anlagen regelt.
3. Ist der Betriebsrat bei der Einführung eines computergestützten Gruppenkalenders nicht beteiligt worden, ist der Arbeitnehmer berechtigt, die Anordnung der Arbeitgeberin, den Gruppenkalender zu nutzen, nicht zu befolgen.
Normenkette
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 6; GewO § 106; BGB §§ 242, 1004
Verfahrensgang
ArbG Nürnberg (Entscheidung vom 26.08.2016; Aktenzeichen 12 Ca 978/16) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 26.08.2016 - 12 Ca 978/16 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Entfernung einer Abmahnung.
Der Kläger ist seit 05.05.1980 bei der Beklagten beschäftigt. Er ist als Verkehrsmeister tätig.
Bei der Beklagten besteht ein Betriebsrat.
Die Betriebsparteien schlossen unter dem 01.11.2013 eine Betriebsvereinbarung zum Umgang mit Informations- und Kommunikationsanlagen. Wegen des Inhalts wird auf die vorgelegte Kopie Bezug genommen (Bl. 10 ff d.A.).
Bei der Beklagten wird als Software zur E-Mailkommunikation Microsoft Outlook verwendet. Im November 2015 wurde in der Funktionsmailbox bmt@a... ein Gruppenkalender "Tram" eingerichtet. Auf den Gruppenkalender haben neben dem Kläger noch drei weitere Personen Zugriff, auch Vorgesetzte.
Am 24.11.2015 wurde der Kläger von seinem Gruppenleiter, Herrn S..., angewiesen, den Gruppenkalender "Tram" für die Verwaltung der betrieblichen Termine benutzen. Der Kläger lehnt dies ab.
Die Beklagte führte in einem Schreiben vom 04.12.2015 an den Kläger aus, er widersetze sich der Aufforderung, geschäftliche Termine in den Funktionskalender "Tram" einzutragen. Sie wies den Kläger darauf hin, dass er verpflichtet sei, den Weisungen seiner Führungskraft nachzukommen. Für den Fall eines weiteren vergleichbaren Vorfalles kündigte sie weitergehende arbeitsrechtliche Maßnahmen bis hin zur Kündigung an.
Der Kläger erhob am 24.02.2016 die vorliegende Klage zum Arbeitsgericht Nürnberg, mit der er die Rücknahme der Abmahnung und ihre Entfernung aus der Personalakte verlangt.
Mit Endurteil vom 26.08.2016 gab das Arbeitsgericht der Klage statt. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, der Kläger sei nicht verpflichtet gewesen, der Weisung, den Gruppenkalender zu benutzen, nachzukommen, da die Einrichtung des Gruppenkalenders ohne die erforderliche Beteiligung des Betriebsrats erfolgt sei.
Das Urteil wurde der Beklagten am 02.09.2016 zugestellt.
Die Beklagte legte gegen das Urteil am 26.09.2016 Berufung ein und begründete sie am 26.10.2016.
Die Beklagte macht geltend, bei dem Gruppenkalender handele es sich nicht um eine technische Einrichtung im Sinne des § 87 Absatz 1 Nr. 6 BetrVG.
Selbst wenn man davon ausgehe, dass der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht habe, sei dieses mit der Betriebsvereinbarung vom 01.11.2013 gewahrt. Dort hätten die Betriebsparteien in § 3 Satz 3 geregelt, dass der Arbeitgeber Zugang zu allen relevanten dienstlichen Informationen habe.
Die Beklagte hat im Berufungsverfahren folgende Anträge gestellt:
I. Das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 26.08.2016 (Az. 12 Ca 978/16) wird aufgehoben.
II. Die Klage wird abgewiesen.
III. Der Kläger und Berufungsbeklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Der Kläger hat beantragt,
die Berufung der Beklagten und Berufungsklägerin kostenpflichtig zurückzuweisen.
Der Kläger rügt, die Beklagte habe sich nicht ausreichend mit dem Ersturteil auseinandergesetzt. Er führt aus, mit dem Gruppenkalender lasse sich im Verlauf zahlreicher Monate ein Verabredungsprofil erstellen.
Wegen des weitergehenden Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Eine Beweisaufnahme hat nicht stattgefunden.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig. Sie i...