Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsfolgen der Unwirksamkeit einer Befristung gem. § 1 ÄArbVtrG

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Wirksamkeit der Befristung eines Arbeitsvertrags nach § 1 ÄArbVtrG setzt nicht voraus, dass der Arbeitgeber bei Abschluss des Arbeitsvertrags einen Weiterbildungsplan gefertigt hat.

2. Liegen die Voraussetzungen des § 1 ÄArbVtrG nicht vor und ist die Befristung deshalb unwirksam, kommt eine sachgrundlose Befristung nach § 14 Absatz 2 TzBfG in Betracht.

 

Normenkette

ÄArbVtrG § 1; TzBfG § 14 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Nürnberg (Entscheidung vom 16.06.2015; Aktenzeichen 13 Ca 2682/14)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 16.06.2015 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um den Bestand eines Arbeitsverhältnisses.

Der Kläger trat zum 01.04.2012 in die Dienste der Beklagten.

Dem Arbeitsverhältnis lag ein schriftlicher Dienstvertrag vom 16.02.2012 zugrunde. Darin heißt es:

§ 1

Beginn des Dienstverhältnisses, Tätigkeit, Probezeit

(1) Herr Dr. phil. R... W... tritt am 01.04.2012 als Assistenzarzt zur Weiterbildung im Fach Psychosomatische Medizin und Psychotherapie mit einer durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit ... in den Dienst ... ein.

(2) Das Dienstverhältnis wird befristet mit Ablauf 31.03.2014 abgeschlossen.

(3) ...

Als Verantwortlicher für die Weiterbildung des Klägers zeichnete der Chefarzt, Herr Dr. D..., der über eine 24-monatige Weiterbildungsermächtigung verfügte, zusammen mit Herrn Dr. H....

Am 02.04.2012 fand eine Teambesprechung statt, an der neben dem Kläger u.a. der Chefarzt Dr. D... teilnahm. In einem Teamprotokoll darüber heißt es unter Ziffer 3, eine Rotation mit Innerer für Weiterbildung (sei) möglich (Bl. 24 d.A.).

Am 19.03.2013 fertigte Herr Dr. D... eine Dokumentation der jährlichen Gespräche gemäß § 8 Absatz 3 der Weiterbildungsordnung an. Wegen des Inhalts wird auf die vorgelegte Kopie Bezug genommen (Bl. 122 d.A).

Am 23. Mai 2013 bewarb sich der Kläger klinikintern um die Versetzung ab 01.10.2013 in die Innere Abteilung.

Der Kläger forderte die Beklagte mit Schreiben vom 05.07.2013 auf, ihn für die Zeit ab 01.10.2013 in die Abteilung für Innere Medizin zu versetzen. Die Beklagte beschäftigte den Kläger nicht in der Inneren Abteilung.

Der Kläger erhob am 22.04.2014 die vorliegende Klage zum Arbeitsgericht Nürnberg, mit der er festgestellt wissen möchte, dass das Arbeitsverhältnis unbefristet über den 31.03.2014 hinaus fortbesteht. Hilfsweise für den Fall der Klageabweisung beantragte er, die Beklagte zu verurteilen, einen Arbeitsvertrag zu den Bedingungen des Arbeitsvertrags vom 16.02.2012 befristet bis zum Abschluss der Facharztweiterbildung abzuschließen.

Mit Schreiben vom 02.05.2015 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis vorsorglich fristlos. Hiergegen erhob der Kläger am 22.05.2015 im Wege der Klageerweiterung Kündigungsschutzklage.

Mit Urteil vom 16.06.2015 wies das Arbeitsgericht die Klage ab.

Das Urteil wurde dem Kläger am 08.07.2015 zugestellt.

Der Kläger legte gegen das Urteil am 27.07.2015 Berufung ein und begründete sie am 01.09.2015.

Der Kläger macht geltend, die Befristung des Arbeitsvertrags sei unwirksam. Die Befristung sei am Ärztearbeitsvertragsgesetz zu messen. Daraus resultiere, dass die Weiterbildung den wesentlichen Inhalt des Arbeitsverhältnisses ausmachen und zeitlich und inhaltlich strukturiert sein müsse. Da die Beklagte ihn in den letzten sechs Monaten nicht ausgebildet habe, hätten die Voraussetzungen für eine Befristung des Arbeitsverhältnisses nicht vorgelegen.

Der Kläger trägt vor, er habe, um die zur Facharztprüfung erforderlichen Zeiten und Inhalte zu vervollständigen, neben Tätigkeiten im Bereich Psychosomatischer Medizin und Psychotherapie noch eine Weiterbildung von sechs Monaten in der Inneren Medizin oder Allgemeinmedizin benötigt. Er macht geltend, die Verpflichtung der Beklagten, ihn weiterzubilden, habe sich auf den gesamten Zeitraum von zwei Jahren bezogen. Dies habe auch den Bereich der Inneren Medizin umfasst. Der Arbeitsvertrag sei im Lichte der Ziffer 28 der Weiterbildungsordnung der Bayerischen Landesärztekammer auszulegen. Unter Bezug auf die von Herrn Dr. D... gefertigte Dokumentation der jährlichen Gespräche gemäß § 8 Absatz 3 der Weiterbildungsordnung führt der Kläger aus, die Weiterbildung in der Psychosomatischen Abteilung habe bis 30.09.2013 fertig sein sollen. Diese Zeiteinteilung ergebe nur vor dem Hintergrund einen Sinn, dass das noch verbleibende halbe Jahr in der Abteilung für Innere Medizin habe abgeleistet werden sollen. Der Kläger trägt vor, anlässlich seiner Bewerbung im Mai 2013 habe ihm der Chefarzt der Inneren Abteilung, Herr Dr. S..., bei einem Rundgang durch die Abteilung eine Beschäftigung ab 01. Oktober 2013 zugesagt. Diese Zusage sei kurzfristig zurückgezogen worden.

Es sei daher festzuhalten, dass er nur zu drei Viertel seiner Beschäftigungszeit ausgebildet worden sei. Dies stelle eine eklatante Vertrag...

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